Angehörige inhaftierter Juristen protestieren in Istanbul

Die Initiative „Angehörige inhaftierter Juristen“ hat in Istanbul die Freilassung der hungerstreikenden Rechtsanwält*innen Ebru Timtik und Aytaç Ünsal gefordert.

In Istanbul hat erneut eine Kundgebung für die hungerstreikenden Rechtsanwält*innen Ebru Timtik und Aytaç Ünsal stattgefunden. Die beiden inhaftierten Anwält*innen fordern mit ihrem Hungerstreik ein faires Gerichtsverfahren und sind nach monatelangem Nahrungsentzug in einem sehr kritischen Zustand. Trotz amtlich festgestellter Haftunfähigkeit ist der Haftbefehl nicht aufgehoben worden, die beiden wurden vor fünf Tagen gegen ihren Willen ins Krankenhaus eingewiesen.

Die Kundgebung vor dem „Halkalı Kanuni Sultan Süleyman“-Krankenhaus in Istanbul fand in Begleitung eines hohen Polizeiaufgebots statt. Die Teilnehmenden hielten Fotos von Timtik und Ünsal in den Händen und forderten ihre Entlassung aus dem Krankenhaus sowie eine faire Neuverhandlung.

Meral Yıldırım Gökoğlu, deren Ehemann Engin Gökoğlu ebenfalls im Gefängnis ist, hielt im Namen der Angehörigen inhaftierter Anwältinnen und Anwälte eine Ansprache und sagte, dass der Gesundheitszustand von Timtik und Ünsal sich zunehmend verschlechtert: „Wir wollen sie nicht verlieren! Auch sie wollen nicht sterben, sie wollen Gerechtigkeit.“ Gökoğlu wies darauf hin, dass den Hungerstreikenden jederzeit eine Zwangsernährung droht. Ihre Lebensbedingungen seien im Krankenhaus noch sehr viel schlechter als im Gefängnis, weil es weder frische Luft noch ein Besuchsrecht für Angehörige gebe.

Der Hungerstreik von Ebru Timtik und Aytaç Ünsal

Ebru Timtik ist als Anwältin beim linken Verband „Rechtsbüro des Volkes“ (türk. Halkın Hukuk Bürosu“) osrganisiert. Sie befindet sich seit mittlerweile 214 Tagen im sogenannten Todesfasten. Ihr Kollege Aytaç Ünsal verweigert seit 183 Tagen jegliche Nahrungsaufnahme. Beide wurden aufgrund von widersprüchlichen Aussagen des Kronzeugen Berk Ercan zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Die Anschuldigungen dieses Überläufers haben zur Verhaftung von knapp 200 Menschen geführt. Sie alle wurden im Komplex der Verfahren gegen vermeintliche Angehörige der DHKP-C nach Terrorparagrafen verurteilt. Unter ihnen sind auch mehrere Mitglieder der Musikgruppe Grup Yorum und Mustafa Koçak, der zu lebenslanger Haft verurteilt worden war und vergangenen April im Hungerstreik an den Folgen einer Zwangsernährung gestorben ist.