Seit dem 27. November sind politische Gefangene in der Türkei im unbefristeten Hungerstreik. Der Hungerstreik wird gruppenweise im Wechsel durchgeführt. Mehmet Acettin ist Sprecher der Gefängnis-Kommission des Menschenrechtsvereins IHD in Istanbul und verfolgt die Widerstandsaktion der politischen Gefangenen, die sich gegen die Isolation von Abdullah Öcalan und die Haftbedingungen richtet. Der Staat hat noch keinen Schritt in dieser Frage unternommen und das liegt laut Acettin auch an dem fehlenden öffentlichen Echo außerhalb der Gefängnisse.
Wie der Menschenrechtler gegenüber ANF erklärte, würde sich die Situation entspannen, wenn die wöchentlich gestellten Besuchsanträge des Rechtsbeistands und der Familienangehörigen von Öcalan positiv beschieden würden. „Der Staat reagiert meistens nicht auf Hungerstreiks, solange keine Todesfälle eintreten. Aus diesem Grund müsste die Öffentlichkeit den Forderungen der Gefangenen eine Stimme verleihen, aber momentan herrscht Schweigen. Es ist nicht einfach, diese Stille zu durchbrechen. Grund dafür ist die staatliche Sicherheitspolitik und die sofortige Sanktionierung der leisesten Kritik. Wie Sie wissen, droht selbst bei einem gewöhnlichen Tweet eine Bestrafung. Die Menschen haben unweigerlich Angst. Die Angehörigen der Gefangenen und ihre Organisationen müssen eine Öffentlichkeit herstellen.“
Isolation hat sich überall ausgebreitet
Die Forderung der Hungerstreikenden sei eindeutig und legitim, betont Acettin. Die Regierung halte sich nicht an das geltende Gesetz, es werde Feindstrafrecht angewendet. Auf Imrali herrsche ein auf eine Person zugeschnittenes Isolationssystem, das mit neuen gesetzlichen Regelungen auf alle Gefängnisse ausgedehnt werde. Inzwischen werde das Recht der Gefangenen auf Zugang zu Büchern und Zeitschriften sowie auf Besuche von Anwälten und Angehörigen willkürlich beschnitten, so Mehmet Acettin: „Die Isolation hat sich von Imrali aus überall hin ausgebreitet. Das dortige System der Rechtslosigkeit soll in allen Haftanstalten etabliert werden.“
Acettin ist jedoch der Meinung, dass das Problem der Isolation nicht über einen Hungerstreik gelöst werden kann. In Istanbul soll jetzt eine Koordination gebildet werden, die den Hungerstreik in den verschiedenen Gefängnissen beobachtet. Der IHD will sich darüber hinaus generell stärker gegen die Isolation engagieren.