Veli Encü in Roboskî festgenommen

Bei einer Razzia im Dorf Roboskî in der nordkurdischen Provinz Şirnex ist der Bewohner Veli Encü von der Jandarma festgenommen worden. Was Encü, der beim Roboskî-Massaker vor acht Jahren 19 seiner Angehörigen verlor, vorgeworfen wird, ist nicht bekannt.

Das Dorf Roboskî (Ortasu) in der nordkurdischen Kreisstadt Qilaban (Uludere, Provinz Şirnex/Şırnak) ist heute ein weiteres Mal von der türkischen Jandarma gestürmt worden. Nach einer anschließenden Razzia wurde der Bewohner Veli Encü festgenommen und auf die nahegelegene Militärstation verschleppt worden. Was Encü, der bei dem Roboskî-Massaker im Dezember 2011 insgesamt 19 seiner Angehörigen, darunter auch seinen Bruder Serhat Encü verlor, vorgeworfen wird, ist nicht bekannt.

Veli Encü ist zugleich Bruder des inhaftierten ehemaligen HDP-Abgeordneten Ferhat Encü und bekommt die türkische Willkürjustiz immer wieder zu spüren. Der Aktivist setzt sich für die Aufklärung des Massakers in seinem Dorf ein. Bereits mehrfach ist Encü willkürlich festgenommen worden.

Verantwortliche des Massakers noch immer nicht bestraft

Am 28. Dezember 2011 wurden im türkisch-irakischen Grenzgebiet nahe des Dorfes Roboskî 34 kurdische Zivilisten im Alter von zwölf bis 25 Jahren bei einem Angriff der türkischen Luftwaffe getötet. Es handelte sich um Grenzhändler, die mit 50 Mauleseln und ihren Waren auf dem Rückweg aus Südkurdistan waren. Der Grenzhandel ist für die Bewohner von Roboskî die einzige Möglichkeit, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Dem Militär meldeten die jungen Männer am besagten Tag noch vor dem Grenzübertritt, dass sie Schmuggel betreiben werden. Um 21:39 Uhr wurden sie mit ihren Mauleseln von türkischen Kampfjets regelrecht zerfetzt. Nur vier Menschen überlebten den Angriff.

Von den 34 Opfern des Massakers waren 19 minderjährig. Doch noch immer wurden die Verantwortlichen nicht zur Rechenschaft gezogen. Statt die Täter zu stellen, geht der Staat gegen Überlebende und Angehörige der Opfer vor. Ein von den Angehörigen angestrengtes Verfahren ist eingestellt worden. Da die juristischen Möglichkeiten in der Türkei somit ausgeschöpft waren, haben sich 281 Hinterbliebene an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gewandt. Auch hier ist bisher keine Entwicklung zu verzeichnen. Gegen die Angehörigen wurden hingegen Dutzende Strafverfahren aufgrund von Presseerklärungen und Aktionen eingeleitet. Die Hinterbliebenen kämpfen trotzdem weiter dafür, dass die Täter verurteilt werden. Jeden Donnerstag versammeln sie sich auf dem Friedhof in Roboskî, um ihre Forderung nach Gerechtigkeit zu wiederholen.