Nach Angriff in Pasûr: Fünf Dorfschützer festgenommen

Nach dem bewaffneten Angriff auf oppositionelle Politiker in Pasûr sind fünf Dorfschützer festgenommen worden. Die Paramilitärs hatten mit Schlagstöcken auf mehrere HDP-Mitglieder eingeprügelt.

In der nordkurdischen Kreisstadt Pasûr (Kulp) in der Provinz Amed (Diyarbakir) sind am Dienstag fünf sogenannte „Dorfschützer“ festgenommen worden, denen eine Beteiligung an einem bewaffneten Angriff auf oppositionelle Politiker*innen vorgeworfen wird.

Der Konvoi der angegriffenen Gruppe, die aus Vorstands- und Stadtrastmitgliedern der Demokratischen Partei der Völker (HDP) und der Partei der demokratischen Regionen (DBP) aus den Landkreisen Erxenî (Ergani), Farqîn (Silvan) und Hezro (Hazro) bestand, war gestern auf der Landstraße nach Pasûr von zehn mit Gewehren bewaffneten Paramilitärs gestoppt worden. Zunächst schlugen die Dorfschützer die Scheiben der Fahrzeuge ein. Anschließend wurde mit Schlagstöcken auf mehrere Insassen eingeprügelt.

Anfänglich war noch die Rede von zwei Verletzten. Wie sich am Abend jedoch herausstellte, wurden bei dem Angriff drei Personen verletzt. Es handelt sich dabei um die HDP- und DBP-Kreisvorsitzenden in Farqîn, Kenan Kaydu und İskan Üzümlü, sowie um die Politikerin Şifayet Başotlıoğlu, die in Farqîn für die HDP im Stadtrat sitzt. Bevor sich der Angriff ereignete, hatte die Gruppe in Pasûr an einer Mahnwache gegen die Verhaftung der Ko-Bürgermeister*innen Mehmet Fatih Taş und Fatma Ay teilgenommen. Vor einer Woche ordnete ein türkisches Gericht in dem Landkreis Untersuchungshaft gegen die beiden an. Daraufhin wurde das Rathaus unter Zwangsverwaltung gestellt. Taş und Ay wird eine Mittäterschaft bei einem Anschlag gegen Paramilitärs vorgeworfen, zu dem sich die Volksverteidigungskräfte (HPG) bekannt haben.

Nach dem Angriff auf die HDP/DBP-Politiker*innen fuhren die Dorfschützer wieder zurück nach Pasûr und attackierten die HDP-Zentrale. Wieder wurden mehrere Scheiben eingeschlagen, außerdem Stühle aus Fenstern auf die Straße geworfen und die Räumlichkeiten verwüstet. Der Vorfall solle als Vergeltungsakt für den Anschlag auf ein Fahrzeug von Dorfschützern gelten, bei dem vor knapp zwei Wochen sieben Personen getötet worden waren, ließen die Paramilitärs verlauten. Die fünf Festgenommenen befinden sich unterdessen weiterhin in Gewahrsam bei der Militärpolizei (Jandarma) Zeyrek.

Was sind Dorfschützer?

Dorfschützer sind paramilitärische Einheiten, die in Kurdistan gegen die Guerilla und regierungskritische Kurd*innen eingesetzt werden. Sie bestehen zu einem beträchtlichen Teil aus Stammesführern, Großgrundbesitzern, Familien und Einzelpersonen, die oft seit Jahrzehnten mit dem Staat zusammenarbeiten und versuchen, in Kurdistan für die Interessen des Staates einzutreten. Ein Teil der Dorfschützer tritt diesem System freiwillig bei, andere werden mit Mord, Verhaftung und Vertreibung bedroht und müssen unter Druck Dorfschützer werden. Millionen von Kurd*innen, die eine Kollaboration abgelehnt haben, mussten entweder flüchten oder sich dem Druck des Militärs und der Dorfschützer beugen. Tausende kurdische Dörfer, die das Dorfschützersystem ablehnten, wurden vom Staat niedergebrannt und dem Erdboden gleichgemacht.