Luftangriff auf Şengal

Nach dem tödlichen Drohnenangriff auf Camp Mexmûr hat die türkische Luftwaffe nun auch das ezidische Hauptsiedlungsgebiet Şengal bombardiert. Ziel des Angriffs war ein Fahrzeug im Städtchen Xanesor, es wird von Verletzten berichtet.

Nach dem tödlichen Drohnenangriff auf das südkurdische Flüchtlingslager Mexmûr am Montagmittag hat die türkische Luftwaffe nun auch das ezidische Hauptsiedlungsgebiet Şengal bombardiert. Es wird von Verletzten berichtet, die von Anwohnenden in ein Krankenhaus gebracht worden sein sollen. Die genaue Anzahl der Verletzten war zunächst unklar.

Der Angriff durch eine unbemannte Kampfdrohne ereignete sich am Nachmittag im Dorf Behreva im Städtchen Xanesor (Chana Sor). Getroffen wurde ein Fahrzeug, das sich durch die Ortschaft bewegte. Bilder von vor Ort zeigen einen brennenden Wagen.


Erst am Sonntag hatte der Demokratische Autonomierat Şengals (MXDŞ) auf intensive Aufklärungsflüge im Luftraum des ezidischen Hauptsiedlungsgebiets im Nordwesten des Iraks aufmerksam gemacht und vor neuen Angriffen gewarnt. Die irakische Regierung und der UN-Sicherheitsrat wurden von dem Gremium aufgefordert, konkrete Maßnahmen gegen die Bedrohungen durch die Türkei zu ergreifen. Weder Bagdad noch die Vereinten Nationen haben bisher auf den Appell reagiert.

Angriff auf Mexmûr

Wenige Stunden vor dem Luftschlag in Şengal hatte eine Killerdrohne des türkischen Staates am Montag bereits das südlich von Hewlêr (Erbil) gelegene Geflüchtetencamp Mexmûr attackiert. Ein sechsfacher Familienvater wurde schwer verletzt und starb noch auf dem Weg in ein Krankenhaus. In dem Lager finden derzeit heftige Proteste statt. Die Bewohnerinnen und Bewohner verurteilen die „Ignoranz der westlichen Wertegemeinschaft gegenüber der Gewalt der Türkei“.

Staatlicher Drohnenterror gegen Genozid-Überlebende

Unter dem Vorwand der „Bekämpfung der PKK“ kommt es seit 2017 vermehrt zu Luftschlägen durch türkische Kampfflugzeuge und Drohnen auf Şengal. Konkrete Ziele sind hierbei zumeist Repräsentant:innen und Einrichtungen des MXDŞ und der Selbstverteidigungseinheiten YBŞ/YJŞ, bei den Todesopfern handelt es sich hauptsächlich um Menschen aus der Zivilbevölkerung – oftmals Überlebende des IS-Genozids von 2014. Im Juni waren drei Zivilisten bei einem türkischen Drohnenangriff auf Şengal ums Leben gekommen, darunter auch ein Zwölfjähriger. Im Februar starben drei zivile arabische Arbeiter in mehrstündigen Bombenangriffen auf 22 Ziele. Im Dezember 2021 wurde mit Merwan Bedel, dem Ko-Vorsitzenden der Exekutivkommission des MXDŞ, eine langjährige Kernpersönlichkeit der Autonomieverwaltung bei einem türkischen Drohnenangriff ermordet. Unter den acht Todesopfern eines Luftschlags auf ein Krankenhaus in Sikêniyê im August 2021 befanden sich auch eine Ärztin und Pflegepersonal. Auch Camp Mexmûr wird immer wieder von der türkischen Luftwaffe bombardiert. Im Mai starb ein Zivilist bei solch einem Angriff.