KCK: Einen Krieg zwischen PDK und Guerilla verhindern

Der KCK-Exekutivrat hat die PDK mit Blick auf die Spannungen in den Medya-Verteidigungsgebieten aufgefordert, ihre kriegerischen Aktivitäten gegen die Guerilla einzustellen und den Schulterschluss mit dem türkischen Staat aufzugeben.

Die Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK) hat die PDK aufgefordert, ihre kriegerischen Aktivitäten gegen die Guerilla einzustellen und den Schulterschluss mit dem türkischen Staat aufzugeben. Die in Südkurdistan dominierende Partei solle „Anstrengungen für eine demokratische Lösung der kurdischen Frage in Nordkurdistan unternehmen”, anstatt durch ihre Unterstützung für die Angriffe der Türkei in den Medya-Verteidigungsgebieten einen innerkurdischen Krieg zu provozieren, heißt es in einer aktuellen Stellungnahme des KCK-Exekutivrats. Zudem fordert der Dachverband der kurdischen Befreiungsbewegung den Abzug aller militärischen Kräfte der PDK aus den Guerillagebieten und appelliert an die kurdische Öffentlichkeit, ihrer „patriotischen Verantwortung” gerecht zu werden und zu verhindern, dass die PDK Schritte unternimmt, die zu einem Krieg gegen die Guerilla führen würden.

Guerilla führt einen Kampf um Würde

Seit 100 Tagen dauern die Angriffe des türkischen Staates auf die Medya-Verteidigungsgebiete inzwischen an. Einzig die Guerilla leistet „mit einer übermenschlichen Willenskraft” Widerstand gegen diese von der zweitgrößten NATO-Armee unter Einsatz aller erdenklichen Mittel geführten Invasion, so die KCK. Sie bringe die türkische Armee somit seit Monaten in allergrößte Schwierigkeiten. „Ihr Widerstand ist der Kampf des gesamten kurdischen Volkes und aller Völker des Mittleren Ostens. Es ist ein Widerstand gegen einen Genozid und für die Existenz der Kurdinnen und Kurden. Es ist der größte Kampf um die Würde, der in der Geschichte des kurdischen Volkes bisher stattgefunden hat.”

PDK unterbindet Kontakt zwischen Guerillaeinheiten

Weiter heißt es in der KCK-Erklärung: „Während die Guerilla also Widerstand gegen genozidale Besatzungsangriffe leistet, umstellen PDK-Kräfte die Medya-Verteidigungsgebiete, trennen das Band zwischen den kämpfenden Einheiten auf und versuchen dadurch, ihren Kontakt zueinander zu unterbrechen. Dadurch wird die türkische Armee entlastet und deren Besatzungsoperation unterstützt. Obwohl das kurdische Volk und die kurdische Öffentlichkeit massiv gegen diese Maßnahmen protestiert haben, erklärt die PDK mit ihrem Verhalten der Guerilla ganz offen den Krieg. Würde die PDK die Guerilla nicht derart ablenken und sie dabei behindern, einen effektiven Krieg zu führen, hätte der türkische Staat ähnlich wie bei früheren Operationen bereits eine schwere Niederlage erfahren und sich zurückgezogen.

Truppentransporte dauern an

Die militärischen Kräfte der PDK begannen am 29. Juli dieses Jahres eine Militäroperation in dem Gebiet Çemço, um den Kontakt zwischen den Guerillagebieten Zap und Avaşîn zu unterbinden. Trotz Warnungen, dass dieser Schritt zu kriegerischen Auseinandersetzungen führen würde, haben PDK-Kräfte darauf bestanden, in die von der Guerilla kontrollierten Gebiete einzudringen. Folglich kam es zu kurzen militärischen Spannungen, deren Ausweitung durch die Intervention der lokalen Bevölkerung verhindert wurde. Die PDK-Einheiten zogen sich daraufhin zurück, doch dauert deren Truppenverlegung in unmittelbarer Nähe der Guerillagebiete weiter an. Es ist begrüßenswert, dass die lokale Bevölkerung sich gegen ein Eindringen der militärischen Kräfte der PDK mit Waffengewalt in Guerillagebiete gestellt hat. Zugleich stellt diese Haltung der Bevölkerung einen Aufruf an die PDK dar, von ihrer aktuellen Politik Abstand zu nehmen.

PDK-Unterstützung öffnet Südkurdistans Besatzung Tür und Tor

Neben dieser Militäroperation, die einer offenen Kriegserklärung gleich kommt, wurde auch eine mobile Guerillaeinheit umzingelt. Offenbar wurde diese Gruppe angegriffen, wodurch einige ihrer Mitglieder gefallen sind und wiederum andere verletzt in Gefangenschaft gerieten. Diese Angriffe der PDK auf die Guerilla verdeutlichen die Absicht, die bisherige Unterstützung für die Türkei nun in einen offenen Krieg auszuweiten. Solche Schritte werden sehr negative Folgen für die Zukunft des kurdischen Volkes haben und der genozidalen Besatzungspolitik des türkischen Staates als führender Kraft der Kurdenfeindlichkeit Tür und Tor öffnen. Wir erwarten, dass die PDK diese Gefahr erkennt und von diesen Schritten absieht.”

Es sei unakzeptabel, dass die Guerilla in einer Phase intensiver türkischer Angriffe eingekesselt und ihre Bewegungsfreiheit eingeschränkt wird, unterstreicht die KCK. Damit würde den Kämpferinnen und Kämpfern die Luft zum Atmen genommen. Die PDK versuche ihre Haltung mit der „vollkommen falschen Auffassung” zu legitimieren, sie sei die Regierung und werde entsprechend überall präsent sein. Diese Haltung bedeute de facto, dass die PDK gemeinsam mit der türkischen Armee die Guerilla aus ihren Gebieten vertreiben will. „Es bedeutet also, gemeinsam mit der türkischen Armee einen Krieg gegen die Guerilla zu führen. Dafür gibt es keinerlei Rechtfertigung. Seit 40 Jahren versucht die türkische Armee in diese Gebiete vorzudringen. Doch hat sie ihr Ziel aufgrund des Guerilla-Widerstand bisher nicht erreicht. Das gesamte kurdische Volk kann sich nur zu gut an die Niederlage die türkische Armee im Jahr 2007 in der Zap-Region erinnern. Es ist mit nichts zu rechtfertigen, nun in Gebiete vordringen zu wollen, in denen die militärische Kräfte der PDK seit drei oder sogar vier Jahrzehnten nicht präsent sind, während der türkische Staat parallel dazu eine neue Angriffswelle losgetreten hat. Das kurdische Volk und dessen politische Kräfte können dies unter keinen Umständen akzeptieren.”

Unvereinbar mit kurdisch-patriotischen Werten

Die Guerilla führe seit 40 Jahren in allen Bereichen der Berge Kurdistans einen Krieg gegen die Armee der kolonialistischen Türkei, führt die KCK weiter aus. Dass die PDK gewillt sei, der Guerilla den Boden unter den Füßen zu entziehen, gleiche eins zu eins der Auffassung des türkischen Staates. Indem die Barzanî-Partei darauf besteht, überall in den Medya-Verteidigungsgebieten militärisch präsent zu sein, wolle sie die Guerilla zur Kapitulation und damit zur Aufgabe der Regionen zwingen, in denen tausende Kämpferinnen und Kämpfer in den letzten Jahrzehnten im Widerstand gegen die türkische Besatzung gefallen sind. „Diese Forderung bedeutet, sich gemäß den Wünschen des türkischen Staates zu verhalten und die Guerilla an ihrem legitimen Kampf zu hindern. Die Guerilla führt ihren Widerstand für die Freiheit den kurdischen Volkes nicht im Stil einer klassischen Armee, sondern nutzt alle Gebiete Kurdistans. Dass die PDK zu einer Zeit wie dieser in Guerillagebiete vorstößt, ist unvereinbar mit kurdisch-patriotischen Werten. Diese Haltung ebnet den Weg für die Besatzung und den Genozid in Südkurdistan und stellt einen schweren historischen Fehler dar. Während der türkische Staat offen Mossul und Kirkuk für sich beansprucht, lassen sich die eigenen Errungenschaften nicht durch einen Kampf gegen die PKK an der Seite der Türkei verteidigen. Ganz im Gegenteil, die aktuelle Haltung der PDK bringt die Errungenschaften des kurdischen Volkes in große Gefahr. Die Politik und Strategie des türkischen Staates, ganz Kurdistan zu besetzen und in ein Siedlungsgebiet der türkischen Nation zu verwandeln, lassen sich nur mithilfe der Einheit und dem Kampf des kurdischen Volkes verhindern.”

Die kolonialistische Politik der Türkei stelle eine Gefahr für ganz Kurdistan dar, hebt die KCK weiter hervor. Nur durch eine demokratische Lösung der kurdischen Frage in Nordkurdistan werde sie ein Ende finden können. Auch alle Errungenschaften in in Süd- und Westkurdistan (Rojav) ließen sich durch die Lösung dieser Frage verteidigen. Und nur auf diese Weise könne erreicht werden, dass der türkische Staat seine antikurdische Politik in allen Teilen Kurdistans aufgibt und gleichberechtigte und freundschaftliche Beziehungen zum kurdischen Volk aufnimmt.

„Die PDK legitimiert ihre Angriffe, indem sie behauptet, die PKK erkenne die Regierung Südkurdistans nicht an und gefährde den Status der Region. Dabei ist allen bewusst, dass es die PKK und die Guerilla waren, die als erstes gegen die Angriffe auf Südkurdistan vorgingen und große Opfer für die Verteidigung der südkurdischen Errungenschaften brachten. Die Bevölkerung und die politischen Kräfte Südkurdistans wissen am besten, dass der türkische Staat alle erkämpften Rechte der Kurdinnen und Kurden attackiert und die größte Gefahr für sie darstellt. Diese Tatsache zu verschweigen und gegenteiliges zu behaupten, bedeutet die türkischen Angriffe zu legitimieren. So kann der türkische Staat seine feindliche Haltung verbergen, indem er seine Demagogie und Lügen verbreitet, nicht gegen alle Kurdinnen und Kurden, sondern gegen die PKK zu sein.

Türkei ist treibende Kraft hinter Kurdenfeindlichkeit

Der türkische Staat verleugnet die Existenz der Kurdinnen und Kurden, ist die treibende Kraft hinter der Kurdenfeindlichkeit und verfolgt das Ziel, einen Genozid am kurdischen Volk zu verüben. Alle kurdischen politischen Kräfte, die die Freiheit und Errungenschaften des kurdischen Volkes verteidigen möchten, müssen dem türkischen Staat daher deutlich machen, dass er seine Verleugnungspolitik offiziell aufgeben und alle Rechte in Bezug auf ein freies und demokratisches Leben anerkennen muss, wenn er an der Lösung seiner Probleme mit dem kurdischen Volk interessiert ist. Die kurdischen Widerstände in den Jahren 1925, 1930 und 1938 waren das Ergebnis dieser Verleugnungs- und Vernichtungspolitik. Auch der Widerstand der PKK und der Guerilla finden als Reaktion auf diese Politik statt. Dem türkischen Staat muss verdeutlicht werden, dass all diese Probleme nicht weiter bestehen werden, sobald die kurdische Frage gelöst wird. Die politischen Kräfte Kurdistans müssen Ankara auf diese Art und Weise zu einer Lösung drängen. Als Reaktion auf den Druck des türkischen Staates Forderungen an die PKK zu stellen, gewisse Gebiete zu verlassen oder ihre Aktivitäten zu unterlassen, fördern die Fortsetzung der bisherigen türkischen Politik. Deshalb müssen alle Akteurinnen und Akteure Kurdistans von der Türkei einfordern, die kurdische Frage auf einer demokratischen Grundlage zu lösen und zugleich all ihre internationalen Kontakte zu diesem Zweck mobilisieren.

Wenn die PDK dem Druck des türkischen Staates nachgibt und folglich droht, in alle Gebiete einzudringen, die Guerilla zu umzingeln und deren Verpflegungs- und Munitionsnachschub zu unterbinden, anstatt vom türkischen Staat zu verlangen, die kurdische Frage zu lösen und damit allen daraus resultierenden Problemen ein Ende zu bereiten; dann bedeutet das eindeutig, der Guerilla den Krieg erklären und deren selbstlos geführten Widerstand brechen zu wollen.

Wir rufen die PDK dazu auf, davon abzusehen einen Krieg gegen die Guerilla zu erzwingen, ihre militärischen Kräfte aus den Medya-Verteidigungsgebieten abzuziehen und Anstrengungen für eine demokratische Lösung der kurdischen Frage in Nordkurdistan zu unternehmen.

Das kurdische Volk, die kurdischen Intellektuellen, Schriftsteller:innen, Kunstschaffende und alle politischen Kräfte rufen wir dazu auf, ihrer patriotischen Verantwortung gerecht zu werden und zu verhindern,  dass die PDK Schritte unternimmt, die zu einem Krieg gegen die Guerilla führen würden.”