Drohnenangriff auf Fahrzeug in Şengal

Im ezidischen Siedlungsgebiet Şengal ist ein Fahrzeug von einer türkischen Killerdrohne bombardiert worden. Es werden Tote befürchtet.

Türkischer Drohnenterror gegen Genozidüberlebende

Im ezidischen Hauptsiedlungsgebiet Şengal (Sindschar) im Nordwesten des Irak ist ein Fahrzeug von einer türkischen Kampfdrohne bombardiert worden. Es werden Tote oder Verletzte befürchtet. Eine Bestätigung der Selbstverwaltungsbehörden gab es dafür zunächst nicht. Sicherheitskräfte sind vor Ort und untersuchen den Angriff.

Der Drohnenschlag ereignete sich um etwa 12 Uhr Ortszeit (11 Uhr mitteleuropäischer Zeit) auf einer Straße in der Hochebene Serdeşt. Durch die Wucht der Bombardierung wurde der Wagen gegen Felsen am Straßenrand geschleudert und ging unmittelbar in Flammen auf, berichtete die in Südkurdistan ansässige Nachrichtenagentur RojNews. Auf Aufnahmen ist ein ausgebranntes Autowrack zu sehen.

(c) RojNews

Wie viele Personen sich in dem Fahrzeug befanden und ob es sich um Zivilist:innen oder möglicherweise um Angehörige der ezidischen Verteidigungsstrukturen handelte, ist noch unklar. In der Nähe des Tatorts befindet sich ein selbstverwaltetes Vertriebenenlager, in dem Ezidinnen und Eziden leben, die beim Genozid der Terrororganisation „Islamischer Staat” (IS) 2014 aus ihren Dörfern ins Gebirge flüchteten. Auch dort kam es in der Vergangenheit zu türkischen Drohnenangriffen.

Drohnen zur extralegalen Tötung von „Feinden“ 

Unter dem Vorwand der „Bekämpfung der PKK“ kommt es seit 2017 immer wieder zu Luftschlägen durch türkische Kampfflugzeuge und Drohnen auf Şengal. Konkrete Ziele sind hierbei zumeist Einrichtungen, die unter dem Eindruck des IS-Genozids gegründet wurden – wie etwa das Verwaltungsgremium „Demokratischer Autonomierat Şengal“ (MXDŞ) oder die Selbstverteidigungseinheiten YBŞ und YJŞ. Bei den Todesopfern handelt es sich hauptsächlich um Menschen aus der Zivilbevölkerung – oftmals sind es Überlebende des Völkermords von 2014.

NATO-Staat ermordet Genozid-Überlebende

Der letzte bekannte Drohnenangriff der Türkei in Şengal war Anfang März verübt worden. Dabei wurde Mecdel Feqîr, ein Kommandant der Widerstandseinheiten Şengals (YBŞ) und Überlebender des IS-Genozids von 2014, ermordet. Die Killermaschine hatte nahe Til Êzêr einen Kontrollpunkt bombardiert, an dem Feqîr im Einsatz war. Er wurde 32 Jahre alt und hinterließ Frau und Sohn. Wenige Tage zuvor war in Şengal bereits der Zivilist Sadun Mirza Ali von einer türkischen Drohne getötet worden. Der Ezide war Vater von drei Kindern und arbeitete als Fahrer für das Gefallenenkomitee der Selbstverwaltung. Ende Dezember kamen fünf Arbeiter aus Rojava bei einem Drohnenangriff in Şengal ums Leben.