Am 26. September 2022 führten zwei Kämpferinnen der Frauenguerilla YJA Star eine sogenannte Fedai-Aktion gegen eine türkische Polizeibasis in Mersin durch. Sara Goyî und Rûken Zelal opferten ihr Leben bei der spektakulären Aktion, welche die Politik in der Türkei erschütterte. Der türkische Innenminister Süleyman Soylu reiste höchstpersönlich an und verbreitete die Meldung, bei einer der Kämpferinnen habe es sich um Zozan Tolan (Dilşah Ercan) gehandelt.
HPG: Falschmeldungen zeigen Schwäche des türkischen Geheimdienstes
Die Volksverteidigungskräfte (HPG) erklärten dazu: „Die AKP/MHP-Regierung konnte die Namen unserer Freundinnen, die diese Aktion durchgeführt haben, nicht feststellen. Das zeigt, wie schwach ihr Nachrichtendienst ist. Obwohl sie wusste, dass unsere Freundin Zozan Tolan nicht an der Aktion beteiligt war, hat die Regierung bewusst ihren Namen genannt und wollte sie als Druckmittel gegen ihre Familie und andere Kreise einsetzen. Unsere Freundin Zozan hat nichts mit diesem Vorfall zu tun, sie erfüllt weiter ihre Aufgabe. Die AKP/MHP-Regierung hat wegen dieser Aktion zahlreiche Personen festgenommen und versucht, sich durch Druck und Folter am Volk zu rächen. Das tut sie, um ihren Misserfolg gegen unser Fedai-Guerillateam zu verheimlichen und den Vorfall zu vertuschen.“
Repression auf Grundlage von Falschbehauptungen
Nach der Bekanntgabe der angeblichen Teilnahme von Zozan Tolan an der Aktion ließ das Regime die Wohnungen der Familienangehörigen Tolans stürmen. 22 Personen, darunter Tolans Vater, ihre Mutter, drei Brüder, drei Schwestern und deren Ehepartner:innen wurden festgenommen. Nach tagelanger Polizeihaft wurden zwölf von ihnen wieder freigelassen.
Innenminister verbreitet Verschwörungstheorien
Wie sehr der Innenminister nach der Aktion unter Druck steht, zeigt sich an den Verschwörungstheorien, welche er sich zu verbreiten genötigt sieht. Nachdem die HPG die Identitäten der beteiligten Kämpferinnen bekannt gegeben hatten, versuchte Innenminister Soylu, sich damit zu rechtfertigen, dass Tolan von einem Taxifahrer identifiziert worden sei. Soylu behauptete, die Aktion sei von den USA ausgegangen und die Kämpferinnen seien mit Gleitschirmen aus Minbic in Nordsyrien nach Tarsus gekommen.
Zozan Tolan: „Ich führe meine Aufgaben weiterhin aus“
Während die Debatten immer noch andauern, äußerte sich die ehemalige Journalistin und heutige Guerillakämpferin Zozan Tolan gegenüber ANF zur Situation. Sie erklärte: „Zuallererst verneige ich mich vor den Taten der Gefallenen Sara und Rûken und ihrer in Mersin-Mezitli durchgeführten Aktion. Mit ihnen möchte ich allen Gefallenen gedenken. Als Kämpferin der YJA Star und HPG werden wir ihnen mit weiteren großen Fedai-Aktionen nachfolgen.“ Zu den Behauptungen des Innenministers Soylu stellt Tolan klar: „Unsere Organisation hat bereits alles Notwendige erklärt. Ich führe meine Aufgaben weiterhin aus. Der Kampf gegen das faschistische AKP/MHP-Regime ist für mich wie für alle anderen kurdischen Guerillakämpfer:innen die wichtigste Aufgabe. Ich erkläre, dass ich dieser Aufgabe würdig sein werde.“
Tolan: „Ich kämpfe, weil es keinen demokratischen Weg mehr gibt“
Tolan erzählt von ihrem Weg zur Guerilla: „Ich wurde als Journalistin festgenommen. Das ist richtig. Aber die Praktiken des faschistischen AKP/MHP-Regimes in der Türkei und in Kurdistan haben die Möglichkeiten beseitigt, dem Volk die Wahrheit zu sagen und einen legalen-demokratischen Kampf dafür zu führen. Aufgrund dieser Realität gehen viele junge Menschen aus Kurdistan in die Berge, um mit diesem faschistischen Regime abzurechnen. Ich bin eine von ihnen.“