Şirnex: In drei Monaten 160 Festnahmen wegen „geheimen Zeugen“

In den vergangenen drei Monaten sind in der nordkurdischen Provinz Şirnex 160 Menschen aufgrund von Aussagen „geheimer Zeugen“ festgenommen worden. Der HDP-Abgeordnete Hüseyin Kaçmaz beschreibt dies als „Feindseligkeit im Gewand des Rechts“.

Bei unzähligen Razzien in den vergangen drei Monaten in der Provinz Şirnex wurden 160 Menschen festgenommen. 93 von ihnen wurden wieder freigelassen, 67 inhaftiert. Nachdem der türkische Innenminister Süleyman Soylu (AKP) die HDP am 10. Dezember direkt bedroht hatte, fanden zeitgleich Razzien im HDP-Kreisverband von Cizîr in Şirnex und Wohnungen von HDP-Mitgliedern statt, dabei wurde viele der Betroffenen festgenommen. Am 11. Dezember wurden in Silopiya direkt vor dem Kongress des HDP-Kreisverbands 33 Personen, in Qilaban (tr. Uludere) vor dem Kongress des HDP-Kreisverbands 24 Personen und zuletzt vor dem Kongress des Kreisverbands der HDP von Hezex (Idil) neun Personen festgenommen.

Sie fürchten das Volk“

Hüseyin Kaçmaz,HDP-Abgeordneter aus der Provinz Şirnex | Foto: MA

Der HDP-Abgeordnete aus der Provinz Şirnex, Hüseyin Kaçmaz, sprach mit der Nachrichtenagentur Mezopotamya (MA) über die Situation. Der Abgeordnete erklärt, die AKP/MHP-Regierung habe in den vergangenen fünf bis sechs Jahren zu einem neuen Konzept in der Region Botan gegriffen: „Wenn die Menschen von Botan mit großer Begeisterung und Moral zusammenkommen, fürchtet sich die Regierung. Sie fürchtet die Kraft des Volkes. Um zu verhindern, dass die Moral der Menschen zunimmt und ihre Organisierung stärker wird, wird ein Konzept der Unterdrückung und Festnahmen umgesetzt. Sie wollen verhindern, dass die Menschen überhaupt noch atmen können. Insbesondere in Şirnex wurden Menschen festgenommen, die an der Vorbereitung von Kongressen auf Landkreis- oder Provinzebene teilgenommen haben. Damit soll erreicht werden, dass unsere Kongresse nicht besucht werden und so unser Organisierungsgrad geschwächt wird. Aber alle konnten dennoch die Moral und Begeisterung der Teilnehmenden an unseren Kongressen sehen.“

Feindschaft unter dem Deckmantel des Rechts“

Kaçmaz weist darauf hin, dass alle Festnahmen und Inhaftierungen mit den Aussagen „geheimer Zeugen“ begründet werden: „Das mit den geheimen Zeugen ist einfach eine Lüge. Dafür gibt es bereits Dutzende Beispiele. Die geheimen Zeugen, die in den Akten auftauchen, gibt es entweder gar nicht oder sie haben fabrizierte Aussage abgegeben. Dutzende von Menschen wurden aufgrund der Verleumdungen durch diese ‚Zeugen‘ für Jahre ins Gefängnis geworfen. Wenn dann im fortgeschrittenen Verfahren die geheimen Zeugen ihre Aussage machen sollen, wird klar, dass es sie gar nicht gibt. Der in der Akte von Selahattin Demirtaş auftauchende Zeuge ‚Mercek‘ ist ein Beispiel dafür. Während des Verfahrens wurde klar, dass er gar nicht existiert. Das ist rechtswidrig. Es gibt Gesetze, aber der Staat geht einfach über sie hinweg. Das AKP/MHP-Regime praktiziert Feindschaft unter dem Deckmantel der Justiz.“

Botan ist das Herz des Widerstands“

Kaçmaz schließt mit den Worten: „Wenn wir uns die Geschichte ansehen, dann nimmt Botan darin einen wichtigen Platz für das kurdische Volk ein. Hier wurde der Widerstand immer fortgesetzt. Botan war immer eine Quelle von Moral und Leidenschaft für Kurdinnen und Kurden. Deshalb haben die Herrschenden Angst vor Botan. Denn wenn die Menschen hier Widerstand leisten, betrifft das auch alle anderen Regionen. Botan ist das Herz des Kampfes und des Widerstands. Es werden alle möglichen Wege ausprobiert, um den Willen des Volkes zu brechen und es zu unterwerfen, aber diese Menschen haben sich nie gebeugt und werden sich nicht beugen. Jeden Tag werden wir unseren Organisierungsgrad erhöhen und unseren Willen verteidigen. Diese Leute haben nicht umsonst so viele Opfer gebracht. Wir werden unseren Kampf bis zum Ende fortsetzen.“