Stockholm: Kunstaktion gegen türkische Chemiewaffen

Mit einem Bild von Gülistan Ata hat der schwedische Maler Göran Drougge bei einer Kunstaktion vor dem Außenministerium in Stockholm gegen das internationale Schweigen zu den türkischen Chemiewaffeneinsätzen in Kurdistan protestiert.

Der Maler Göran Drougge hat mit einer Kunstaktion vor dem schwedische Außenministerium in Stockholm auf die türkischen Chemiewaffeneinsätze in Kurdistan aufmerksam gemacht. Anlass war der UN-Weltfriedenstag am heutigen 21. September. Mit seiner Aktion kritisiert Drougge das Schweigen der schwedischen Regierung zu den Kriegsverbrechen der Türkei. Schweden ist Vertragsstaat der Chemiewaffenkonvention, deren Einhaltung und Umsetzung von der internationalen Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) kontrolliert werden muss. Um sein Anliegen zu veranschaulichen, malte Göran Drougge ein Bild der jungen Guerillakämpferin Gülperin Ata (Kampfname: Binevş Agal), die im Mai dieses Jahres zusammen mit fünf weiteren Kämpfer:innen bei einem türkischen Chemiewaffenangriff am Kuro Jahro in Südkurdistan ums Leben gekommen ist.

Auf Nachfragen von Passant:innen antwortete der Maler: „Der türkische Staat begeht Kriegsverbrechen. Gülperin Ata ist der Name einer Kurdin, die mit chemischen Waffen getötet wurde. Ich habe Unterlagen zu den Chemiewaffeneinsätzen eingesehen und es gibt ausreichende Belege. Schweden und die anderen Staaten schweigen jedoch dazu. Um das zu kritisieren, male ich am Weltfriedenstag dieses Bild.“

Am Rande der Kunstaktion wurden Flugblätter verteilt, im schwedischen Außenministerium wurde ein Informationsdossier über die Kriegsverbrechen des türkischen Staates eingereicht.

Wer war Gülperin Ata?

Gülperin Ata ist in Riha-Wêranşar in Nordkurdistan geboren, ihre Familie stammte aus Mêrdîn. Ihr Großvater Abdulrahman Ata fiel 1990 einem Mord unbekannter Täter zum Opfer, ihre beiden Onkel Welat Ata und Mehmet Şirin Ata sind in den 1990er Jahren im kurdischen Befreiungskampf ums Leben gekommen. Ihr Vater war jahrelang im Gefängnis. Gülperin wurde als Jugendliche politisch aktiv und für kurze Zeit selbst inhaftiert. 2014 schloss sie sich in Botan der Guerilla an.

„Sie war eine junge Frau voller Lebensfreude und Neugier und zeichnete sich durch einen scharfen Verstand und eine leidenschaftliche Verbundenheit zum Freiheitskampf aus", erklärten ihre Weggefährt:innen in einem Nachruf. In den Bergen wurde sie zu einer professionellen Scharfschützin ausgebildet. Im Frühjahr 2016 wurde sie bei einem Luftangriff in Besta verletzt, fünf ihrer Mitkämpfer:innen kamen dabei ums Leben. Ihr letztes Einsatzgebiet war der Kuro Jahro. Gülperin Ata kämpfte als Kommandantin am Kuro Jahro tagelang mit großem Mut gegen die türkischen Invasionstruppen. Angesichts des von ihr angeführten Widerstands setzte die Armee des NATO-Mitglieds Türkei in ihrer Hilflosigkeit chemische Kampfmittel ein.

Protest gegen Untätigkeit der OPCW in Den Haag

Gülistans Onkel Xoşnav Ata protestiert seit mehreren Wochen vor dem Sitz der OPCW in Den Haag und fordert die Organisation zum Handeln auf. Die OPCW, der die Türkei als Vertragsstaat der Chemiewaffenkonvention seit 1997 angehört, zieht es vor zu schweigen. Trotz eindeutiger Berichte der Guerillaarmee HPG zum Einsatz chemischer Waffen, Aufrufen kurdischer Institutionen, Rechercheergebnissen einschlägiger Organisationen und Einzelpersonen sowie Massenprotesten der kurdischen Diaspora-Community ist die OPCW nicht bereit, hinsichtlich der Vorwürfe gegen Ankara aktiv zu werden. Dass die Türkei straflos das Kriegsvölkerrecht brechen kann, wird auch in Europa zunehmend zum Gegenstand öffentlicher Kritik.