Sechs Guerillakämpfer:innen am Kuro Jahro gefallen

Die Guerillakämpfer:innen Binevş Agal, Rojbîn Agirî Serhed, Çiya Amed, Bêrîtan Sine, Ronî Bakî und Devran Riha sind im Widerstand gegen die türkische Invasion am Kuro Jahro in der Zap-Region gefallen.

Das Pressezentrum der Volksverteidigungskräfte (HPG) hat die Identität von sechs gefallenen Guerillakämpfer:innen veröffentlicht. Binevş Agal, Rojbîn Agirî Serhed, Çiya Amed, Bêrîtan Sine, Ronî Bakî und Devran Riha sind Ende Mai im Widerstand gegen die türkische Invasion am Kuro Jahro in der Zap-Region in Südkurdistan ums Leben gekommen. Wie die HPG mitteilen, haben am 23. Mai massive Gefechte zwischen der Guerilla und den türkischen Besatzungstruppen stattgefunden. Rojbîn Agirî Serhed hat nach HPG-Angaben mit hoher Opferbereitschaft gekämpft und ist dabei gefallen. Vom 23. bis zum 25. Mai setzte die türkische Armee Chemiewaffen gegen Guerillastellungen ein, wodurch Binevş, Çiya, Bêrîtan, Ronî und Devran ums Leben kamen. Die HPG würdigen die sechs Gefallenen als mutige Kämpfer:innen, die Kurdistan und die Freiheit und Würde des kurdischen Volkes unter brutalen Bedingungen entschlossen verteidigt haben. Den Angehörigen und dem Volk Kurdistans sprechen die HPG ihr Mitgefühl aus.

                                  

Codename: Binevş Agal
Vor- und Nachname: Gülperin Ata
Geburtsort: Riha
Namen von Mutter und Vater: Gülşah – Reşit
Todestag und -ort: 23.-25. Mai 2022 / Zap

 

Codename: Rojbîn Agirî Serhed
Vor- und Nachname: Sara Sağlam
Geburtsort: Agirî
Namen von Mutter und Vater: Mihrican – Şakir
Todestag und -ort: 23.-25. Mai 2022 / Zap

 

Codename: Çiya Amed
Vor- und Nachname: Rojda Güler
Geburtsort: Êlih
Namen von Mutter und Vater: Fadime – Abdulrahim
Todestag und -ort: 23.-25. Mai 2022 / Zap

 

Codename: Bêrîtan Sine
Vor- und Nachname: Nilüfer Xalidyan
Geburtsort: Sine
Namen von Mutter und Vater: Şehla – Muhyettin
Todestag und -ort: 23.-25. Mai 2022 / Zap

 

Codename: Ronî Bakî
Vor- und Nachname: Mazlum Özgüç
Geburtsort: Hatay
Namen von Mutter und Vater: Türkan – Fehmi
Todestag und -ort: 23.-25. Mai 2022 / Zap

 

Codename: Devran Riha
Vor- und Nachname: Süleyman Aydoğdu
Geburtsort: Riha
Namen von Mutter und Vater: Anzilha – Davut
Todestag und -ort: 23.-25. Mai 2022 / Zap

 

Binevş Agal

 

Binevş Agal stammte aus einer patriotischen Familie aus Mêrdîn, kam jedoch in Riha-Wêranşar zur Welt. Ihr Großvater Abdulrahman Ata fiel 1990 einem Mord unbekannter Täter zum Opfer, ihre beiden Onkel Welat Ata und Mehmet Şirin Ata sind in den 1990er Jahren im kurdischen Befreiungskampf gefallen. Ihr Vater war jahrelang im Gefängnis.

 

Binevş wurde als Jugendliche politisch aktiv und für kurze Zeit selbst inhaftiert. 2014 schloss sie sich in Botan der Guerilla an. Danach war sie in Besta.

 

Wie die HPG schreiben, war Binevş voller Lebensfreude und Neugier und zeichnete sich durch einen scharfen Verstand und eine leidenschaftliche Verbundenheit zum Freiheitskampf aus. Sie entwickelte sich schnell weiter und wurde zu einer professionellen Scharfschützin ausgebildet.

 

Im Frühjahr 2016 wurde Binevş bei einem Luftangriff in Besta verletzt, fünf ihrer Mitkämpfer:innen kamen dabei ums Leben. Der Vorfall vergrößerte ihren Wunsch nach Vergeltung und sie kehrte nach ihrer Genesung im Herbst desselben Jahres in die Medya-Verteidigungsgebiete zurück. 2017 hielt sie sich an der Mahsum-Korkmaz-Akademie auf und ging aus dem Lehrgang als eine der Kommandantinnen des neuzeitlichen Guerillakampfes hervor. In der folgenden Zeit übernahm sie spezielle Aufgaben, die ein großes Vertrauen in sie voraussetzten. Ihr letztes Einsatzgebiet war der Kuro Jahro. Binevş Agal kämpfte als Kommandantin am Kuro Jahro tagelang mit großem Mut gegen die türkischen Invasionstruppen. Angesichts des von ihr angeführten Widerstands setzte die Armee in ihrer Hilflosigkeit chemische Kampfmittel ein.

Rojbîn Agirî Serhed

 

Rojbîn Agirî Serhed stammte aus einer Familie aus Geliyê Zîlan, dem Zîlan-Tal in Erdîş in der Provinz Wan, und wurde in Agirî geboren. Sie wuchs mit den Erinnerungen ihrer Angehörigen an das große Massaker von 1930 mit Tausenden Toten in Geliyê Zîlan auf. Mehrere ihrer Verwandten schlossen sich dem kurdischen Befreiungskampf an, einige kamen dabei ums Leben. Die Realität Kurdistans grub sich bereits früh in ihr Unterbewusstsein ein. Als Heranwachsende empfand sie zudem die traditionelle Frauenrolle in der kurdischen Gesellschaft als unerträglich. Sie wurde in der Jugendbewegung aktiv und motivierte zahlreiche junge Menschen zur Beteiligung am Befreiungskampf. 2013 brach sie ihr Studium ab und ging zur Guerilla.

 

In den Bergen absolvierte sie eine Grundausbildung, 2014 ging sie zur Verteidigung von Kobanê gegen den IS nach Rojava und wurde verwundet. Nach dem Sieg in Kobanê blieb sie bis zur Niederlage des IS in Rojava und zeigte sich dabei als vorbildliche und disziplinierte Militante. Danach kehrte sie in die Medya-Verteidigungsgebiete zurück. Sie war bereits eine kompetente Kämpferin und konzentrierte sich auf ihre ideologische Weiterbildung. Zu Beginn der türkischen Invasion ging sie in die Zap-Region und war an zahlreichen Aktionen gegen den Feind beteiligt. Zuletzt kämpfte sie mit hoher Opferbereitschaft am Kuro Jahro.

Çiya Amed

 

Çiya Amed ist in Êlih-Beşîrî geboren und zog als Kind mit ihrer Familie in eine türkische Großstadt. Ihre Familie war patriotisch und sie wuchs mit der kurdischen Kultur auf. Zum Studium ging sie nach Amed, wo sie engeren Kontakt mit der Befreiungsbewegung aufnahm und Kurdistan kennenlernte. Ausschlaggebend für ihre Entscheidung zum bewaffneten Kampf war der schreckliche Anschlag auf eine Friedenskundgebung in Ankara, bei dem 2015 über hundert Menschen ums Leben kamen.

 

Sie ging in die Medya-Verteidigungsgebiete und war fünf Jahre lang in Heftanîn in der Praxis. Danach absolvierte sie eine Spezialausbildung in Sabotagetaktiken an einer Militärakademie und kam in die Zap-Region. Ihr letztes Einsatzgebiet war der Kuro Jahro, wo sie unter der Führung der gefallenen Kommandantin Mizgîn Ronahî an zahlreichen Aktionen teilnahm und sich am Aufbau der Verteidigungsstrukturen beteiligte.

Bêrîtan Sine

 

Bêrîtan Sine ist in Sine (Sanandaj) in Ostkurdistan auf die Welt gekommen und in Verbundenheit mit ihrer kurdischen Identität und Kultur aufgewachsen. Um sich als Frau und Kurdin zu befreien, stellte sie Recherchen an und las viel. Sie sprach drei kurdische Dialekte und lernte drei weitere Sprachen hinzu. Eine Zeitlang war sie in verschiedenen kurdischen Organisationen aktiv, dann entschied sie sich für das von Abdullah Öcalan vorgelegte Paradigma einer basisdemokratischen, genderbefreiten und ökologischen Gesellschaft und schloss sich zu Newroz 2017 der Guerilla an.

 

In den Bergen entwickelte sie sich schnell weiter und übernahm verschiedene Aufgaben. Sie wurde an einer Militärakademie zur Scharfschützin ausgebildet und ging 2018 in die Zap-Region. Dort kämpfte sie in einer mobilen Einheit und war zuletzt am Kuro Jahro, wo sie tagelang gegen die türkische Invasion Widerstand leistete.

Ronî Bakî

Ronî Bakî ist in Hatay geboren. Seine Familie war patriotisch und hatte Kurdistan aufgrund der herrschenden Vertreibungspolitik verlassen müssen. Die Verbindung zu Kurdistan riss trotzdem nicht ab. Ein Onkel von Ronî kam im Befreiungskampf ums Leben und er selbst war in der Jugendbewegung aktiv, bis er sich angesichts des türkischen Vernichtungskonzepts 2015 der Guerilla anschloss. Er war zur Grundausbildung in der Zap-Region und ging danach nach Cîlo. Nach einer kurzen Praxis im Gebiet Cîlo ging er nach Şengal, um sich an der Befreiungsoffensive gegen den IS zu beteiligen. Im Kampf gegen den IS gewann er große Erfahrung und wurde zum Kommandanten. Nach der Befreiung von Şengal kehrte er 2018 als führender Kommandant in den Zap zurück. Bereits bei der Invasion im vergangenen Jahr zeigte er große Kompetenz bei der Umsetzung der neuen Guerillataktiken. In diesem Jahr trug er maßgeblich dazu bei, den Kuro Jahro in eine Widerstandsfestung zu verwandeln und dem Feind schwere Verluste zuzufügen.

Devran Riha

 

Devran Riha ist in Riha geboren und in einem patriotischen Umfeld aufgewachsen. Er lehnte den Kolonialstatus Kurdistans ab und suchte nach Wegen, dagegen zu kämpfen. 2019 entschied er sich für den bewaffneten Kampf und ging in die Berge. Er lernte schnell, sich an seine neuen Lebensbedingungen anzupassen, und konzentrierte sich auf seine militärischen Fähigkeiten. Nach seiner Ausbildung schlug er sich selbst für ein Kampfgebiet vor und kam in die Zap-Region. Die HPG beschreiben ihn als aufrichtigen Menschen, der seinen Weggefährt:innen innig verbunden war und eine erfolgreiche Praxis an den Tag legte. Bereits 2021 war seine entschlossene Haltung gegen die türkische Invasion eine Quelle der Moral und Kraft für sein Umfeld. Er nahm an zahlreichen Aktionen teil und kämpfte zuletzt am Kuro Jahro.