KJK: Muttersprache ist ein gesellschaftliches Recht

Das Erlernen, die Benutzung und die Förderung der Muttersprache ist ein natürliches gesellschaftliches Recht. Die Muttersprache stellt die Identität eines jeden Lebewesens im Universum dar, erklärt das Bildungskomitee der KJK.

Das Bildungskomitee der KJK (Gemeinschaft der Frauen Kurdistans) hat eine Erklärung zum internationalen Tag der Muttersprache am 21. Februar abgegeben. In der Erklärung wird darauf hingewiesen, dass die Regierung in der Türkei aus einem „Ein-Mann-Regime“ besteht, das auf die Parole „Eine Nation, eine Sprache, ein Staat“ setzt und eine Vernichtungspolitik gegen die kurdische Sprache anwendet.

„Aus Anlass des internationalen Tags der Muttersprache gratulieren wir allen Menschen, die in den vier Teilen Kurdistans und im Ausland dafür kämpfen, dass Kurdisch zur Bildungs- und Unterrichtssprache wird, und sich mit einer würdevollen Haltung bei den einwöchigen Aktivitäten für ihre Muttersprache einsetzen. Der 21. Februar ist in unserer vielsprachigen Welt Ausdruck dafür, dass die Sprache die Existenz eines Volkes beweist und gegen das auf einem monistischen Denken basierende chauvinistische und nationalistische Machtsystem eintritt.

Eigentlich ist der 21. Februar der Tag der muttersprachlichen Bewegung. Historisch gesehen ist es der Tag, an dem das Volk von Bangladesch einen hohen Preis im Kampf für seine Sprache geleistet hat. In diesem Zusammenhang gedenken wir den Studierenden, die an diesem Tag bei Protesten für ihre Muttersprache ums Leben gekommen sind“, heißt es in der Erklärung des Bildungskomitees der KJK.

Der internationale Tag der Muttersprache ist ein von der UNESCO ausgerufener Gedenktag zur Förderung sprachlicher und kultureller Vielfalt und Mehrsprachigkeit. Die KJK weist darauf hin, dass die Türkei zwar Mitglied der UN-Organisation für Bildung, Wissenschaft und Kultur ist, in dem Land jedoch bisher 18 Sprachen ausgestorben oder vom Verschwinden bedroht sind. Die UNESCO müsse sich für ein Ende der Unterdrückung der kurdischen Sprache durch die amtierende AKP/MHP-Regierung einsetzen, fordert die KJK:

„Wir appellieren an die UNESCO, die Türkei und die anderen Mitgliedsländer zur Umsetzung ihrer Konventionen zu drängen und institutionelle Verantwortung dafür zu übernehmen, damit die Sprachen unterdrückter Völker wie das kurdische Volk einen offiziellen Status erhalten. Die faschistische und auf einen Genozid abzielende Regierung in der Türkei ist von der Parole von einer einzigen Nation mit einer einzigen Sprache und einem einzigen Staat zu einem Ein-Mann-Regime geworden und führt heute eine Vernichtungspolitik insbesondere gegen die kurdische Sprache. Dass Kurdisch in sehr wenigen Schulen als Wahlfach angeboten wird, heißt nicht, dass die Sprachvernichtungspolitik aufgehoben worden ist. Nach wie vor werden Medienschaffende verhaftet, die auf Kurdisch berichten. Die Repression gegen Institutionen und Medien, die sich für die kurdische Sprache und Kultur engagieren, dauert unvermindert an.“

Die Lage in Iran, Syrien und Irak

Zur Situation in den verschiedenen Landesteilen Kurdistans teilt die KJK mit, dass in Rojhilat (Osten, Westiran) nach wie vor kein muttersprachlicher Unterricht möglich ist. Das Bildungskomitee weist in diesem Zusammenhang auf die Kurdischlehrerin Zara Mohammadi hin, die wegen ihrer Tätigkeit Anfang des Jahres eine fünfjährige Haftstrafe in Sine (Sanandaj) antreten musste. In Syrien sei Kurdisch trotz des großen Einsatzes der Menschen in Rojava noch nicht als offizielle Sprache anerkannt. Im Irak gebe es zwar mit der Autonomieregion Kurdistan einen eigenen Status, aber in Kerkûk, einer Metropole mit überwiegend kurdischer Bevölkerung, setze die irakische Regierung unter verschiedenen Vorwände eine Verbotspolitik gegen die kurdische Sprache um, so die KJK. So werden beispielsweise kurdische Hinweisschilder im Stadtbild ausgetauscht, in Einrichtungen der Ölförderung sei die Verwendung der kurdischen Sprache verboten und die Bildungsmöglichkeiten für Kurdisch-Studierende seien eingeschränkt, um die jungen Menschen von ihrer Muttersprache fernzuhalten. „Die Sprache eines Volkes steht für seinen Körper, seine Existenz und seine Freiheit. Solange der Körper des viergeteilten Kurdistans nicht vereint und seine Existenz und Freiheit nicht gewährleistet wird, kann das Leben keine Bedeutung gewinnen“, erklärt die KJK:

„Das Erlernen, die Benutzung und die Förderung der Muttersprache ist ein natürliches gesellschaftliches Recht von Bedeutung. Die Muttersprache stellt die Identität eines jeden Lebewesens im Universum dar. Dass die Kurdinnen und Kurden, ein Volk aus vierzig Millionen Menschen, auf ihrem eigenen Boden immer noch nicht frei Kurdisch lernen können, kommt einem Völkermord gleich. Die AKP/MHP-Regierung setzt eine Politik der Assimilation und Sprachvernichtung gegen alle anderen Völker und Sprachen in der Türkei um.“

Die KJK ruft dazu auf, kontinuierlich für einen offiziellen Status der kurdischen Sprache und das Recht auf muttersprachlichen Unterricht zu kämpfen und einen Schwerpunkt auf die akademische Arbeit zu legen. Besonders wichtig sei es, dass Eltern mit ihren Kindern Kurdisch sprechen.