Florenz ehrt Hevrîn Xelef mit „Goldener Lilie“

Die italienische Stadt Florenz wird Hevrîn Xelef posthum mit der „Goldenen Lilie“ ehren. Der Schritt gilt als Akt des Gedenkens an die 34-jährige Politikerin, „die ermordet wurde, weil sie Verfechterin der Frauen und des kurdischen Volkes war”.

Die Stadt Florenz wird die kurdische Politikerin Hevrîn Xelef posthum mit der „Goldenen Lilie“ (Giglio d'Oro) ehren. Den Vorschlag zur Verleihung der Würdigung hatte die Präsidentin der Kommission für Chancengleichheit und Menschenrechte, Donata Bianchi, im Stadtrat eingebracht, eine große Mehrheit der Verordneten stimmte der Initiative zu. Mit dieser Auszeichnung würdigt die Hauptstadt der italienischen Region Toskana Hevrîn Xelef (auch bekannt als Havrin Khalaf) für ihr Leben als „Verfechterin der Frauen und des kurdischen Volkes” und ihrer Vision, Frauen in Nord- und Ostsyrien eine Welt ohne Gewalt und ein Leben in Würde und Gerechtigkeit zu ermöglichen.

Hevrîn Xelef war Generalsekretärin der von einem basisdemokratischen Initiativprinzip geleiteten syrischen Zukunftspartei (Hizbul Suri Mustakbel) und Hoffnungsträgerin eines vielfältigen, demokratischen Syriens. Am 12. Oktober 2019 wurde die 34-Jährige im Verlauf des türkischen Angriffskriegs gegen Rojava gemeinsam mit ihrem Fahrer nahe Qamişlo ermordet. Mitglieder des sogenannten „Bataillon 123” der Dschihadistenmiliz „Ahrar al-Sharqiya“, einer unter dem Dach des von der Türkei gegründeten Proxy-Invasionskorps SNA („Syrische Nationalarmee”) an der Invasion beteiligten Gruppierung, hatten Xelef aus ihrem Wagen gezerrt, sie misshandelt und ihren Körper verstümmelt, bevor sie hingerichtet wurde. Laut Obduktionsbericht wies die Leiche der Politikerin zahlreiche Verletzungen auf, darunter viele Schusswunden, Brüche an Beinen, Gesicht und Schädel. Ihre Kopfhaut war teilweise abgelöst, weil man sie an den Haaren gezerrt hatte. 

Treffen von Kurdistan-Koordination und Stadtverordneten

Ein Datum für die Verleihung der „Goldenen Lilie“ an Hevrîn Xelef steht laut Luca Milani, dem Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Florenz, noch nicht fest. Am Samstag trafen sich der Politiker und seine Kollegin Donata Bianchi mit Vertreter*innen der Kurdistan-Koordination in der Toskana, darunter Erdal Karadey, Giulia Chiarini und Alessandro Orsetti. Bei der Zusammenkunft anlässlich des 22. Jahrestags der Verschleppung Abdullah Öcalans aus Kenia in die Türkei ging es um die Bedeutung von symbolischen Akten für die kurdische Gemeinschaft in der Region. Gleichzeitig mit dem Vorschlag über die posthume Ehrung von Hevrîn Xelef wurde im Stadtrat auch beschlossen, in Florenz einen Gedenkbaum für Lorenzo „Orso“ Orsetti zu pflanzen. Der 34-jährige internationalistische YPG-Kämpfer und gebürtige Florentiner ist der kurdischen Gesellschaft vor allem unter seinem Nom de Guerre Têkoşer Piling bekannt. Er starb am 18. März 2019 als Freiwilliger beim finalen Sturm der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) auf die letzte IS-Bastion Baghouz im ostsyrischen Deir ez-Zor. 

Milani: Internationale Gemeinschaft muss Kurden mehr Aufmerksamkeit schenken

„Der Stadtrat von Florenz hat in den letzten Jahren mehrere Akte zur Unterstützung des kurdischen Volkes sowie zur Anerkennung des Opfers von Lorenzo Orsetti, unseres im Krieg gegen den IS getöteten Mitbürgers, verabschiedet. Heute ist die Situation des kurdischen Volkes noch immer aufgrund des verweigerten Rechts auf Selbstbestimmung und fehlender Aufmerksamkeit der internationalen Gemeinschaft sowie aus Mangel an Respekt dem kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan gegenüber und der damit einhergehenden Missachtung der Menschenrechte gekennzeichnet”, sagte Milani. Donata Bianchi führte an, dass sie sich voll und ganz den Worten des Präsidenten anschließe. Zudem gab sie bekannt, dass es Überlegungen gibt, Hevrîn Xelef posthum auch die Ehrenbürgerinnenwürde von Florenz zu verleihen.

Brücke in Berceto nach Hevrîn Xelef benannt

Vergangenen Sommer war in der italienischen Gemeinde Berceto eine Brücke nach der kurdischen Politikerin Hevrîn Xelef benannt worden. Die Namensgebung sei als „Akt der Solidarität“ zu verstehen, hatte Luigi Lucchi, Bürgermeister der Gemeinde in der Emilia-Romagna, die südwestlich von Parma liegt, bei der Zeremonie gesagt. Das kurdische Volk halte trotz großem Leid und etlichen Massakern an seinem Kampf um Frieden und Demokratie fest. Es sei nur allzu menschlich, diesen Widerstand zu würdigen, fügte Lucchi hinzu. Der Bahnhof in dem Ort trägt übrigens den Namen  „Lorenzo Orsetti“.