In der italienischen Gemeinde Berceto ist eine Brücke nach der kurdischen Politikerin Hevrîn Xelef (auch Havrin Khalaf) benannt worden. Die Namensgebung sei als „Akt der Solidarität“ zu verstehen, sagte Luigi Lucchi, Bürgermeister der Gemeinde in der Emilia-Romagna, die südwestlich von Parma liegt. Das kurdische Volk halte trotz großem Leid und etlichen Massakern an seinem Kampf um Frieden und Demokratie fest. Es sei nur allzu menschlich, diesen Widerstand zu würdigen, fügte Lucchi hinzu.
Hevrîn Xelef war Generalsekretärin der von einem basisdemokratischen Initiativprinzip geleiteten syrischen Zukunftspartei (Hizbul Suri Mustakbel) und Hoffnungsträgerin eines vielfältigen, demokratischen Syriens. Am 12. Oktober 2019 wurde die 34-Jährige im Zuge des türkischen Angriffskriegs gegen Nordsyrien gemeinsam mit ihrem Fahrer nahe Qamişlo ermordet. Mitglieder des sogenannten „Bataillon 123” der Dschihadistenmiliz „Ahrar al-Sharqiya“, einer unter dem Dach des von der Türkei gegründeten Proxy-Invasionskorps SNA („Syrische Nationalarmee”) an der Invasion beteiligten Gruppierung, hatten Xelef aus ihrem Wagen gezerrt und ihren Körper verstümmelt, bevor sie hingerichtet wurde. Laut Obduktionsbericht wies die Leiche der Politikerin zahlreiche Verletzungen auf, darunter viele Schusswunden, Brüche an Beinen, Gesicht und Schädel. Ihre Kopfhaut war teilweise abgelöst, weil man sie an den Haaren gezerrt hatte.
Im Rahmen der Zeremonie zur Namensgebung der Brücke, die über dem Fluss Rivi Freddi liegt, wurden an den Brückenzugängen zwei Schilder mit einem Foto von Hevrîn Xelef angebracht. Darunter steht der Satz: „Sie kämpfte für die Rechte der Frauen und starb wegen unseres Verrats“. Anwesend bei der Veranstaltung waren unter anderem auch die Politikerin Paola Gazzolo, Mitglied im Regionalparlament, die Aktivistin Nelly Bocchi vom „Netzwerk Solidarität mit Kurdistan“ und Serkan Xozatli vom italienischen Kurdistan-Komitee. In Redebeiträgen zeigten sie sich erfreut darüber, dass der Rat von Berceto den Beschluss fasste, auf diese Weise an Hevrîn Xelef und ihr Wirken zu erinnern.
Bahnhof nach Lorenzo Orsetti benannt
Im Ortsteil Ghiare in Berceto befindet sich ein Bahnhof an der Bahnstrecke von Parma nach La Spezia. Dieser wurde im vergangenen Jahr nach dem YPG-Kämpfer Lorenzo „Orso“ Orsetti umbenannt. Der 33-jährige Florentiner, den viele Menschen unter seinem Nom de Guerre Têkoşer Piling kennen, starb am 18. März 2019 als Freiwilliger beim finalen Sturm der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) auf die letzte IS-Bastion al-Baghouz im ostsyrischen Deir ez-Zor. Aber nicht nur wegen der Nennung des Bahnhofs nach Orsetti ist Berceto ins Visier des türkischen Staates geraten: Am 5. Oktober 2019 wurde dem inhaftierten kurdischen Vordenker Abdullah Öcalan die Ehrenbürgerwürde der italienischen Gemeinde verliehen. Berceto ist aber nur eine von zwölf Gemeinden in Italien, die diesen Schritt unternahmen. Zuletzt wurde Öcalan Anfang des Jahres in Fossalto zum Ehrenbürger ernannt. Die türkische Regierung reagierte erwartungsgemäß scharf und äußerte ihre Erwartung, dass italienische Behörden dies als „Kollaboration mit der PKK“ zu werten hätten. Die betroffenen Gemeinden blieben allerdings unbeeindruckt.