Am Montag starb der italienische Internationalist Lorenzo Orsetti (Tekoşer Piling) im Kampf gegen den sogenannten „Islamischen Staat“ (IS) in al-Bagouz, der letzten Enklave des IS in der ostsyrischen Region Deir ez-Zor, in der die militärische Existenz der Terrormiliz gestern beendet wurde. Der 33-jährige Florentiner hatte sich 2017 dem Widerstand in Rojava angeschlossen und war in den internationalistischen Einheiten innerhalb der Strukturen der Volksverteidigungseinheiten YPG sowie der TKP/ML-TIKKO organisiert. In Syrien kämpfte Orsetti nicht nur gegen den IS im Rahmen der Offensive „Gewittersturm Cizîrê“, sondern nahm auch am Widerstand gegen die Besatzung Efrîns durch die Türkei an vorderster Front teil.
Zum Tod des Internationalisten sagte sein Vater Alessandro Orsetti: „Wir sind stolz auf Lorenzo und seine Entscheidung. Er wollte dem kurdischen Volk helfen. Er starb für eine Sache, an die er glaubte“. In dem Interview mit der Zeitung Il Sito Di Firenze erklärte Orsetti zu den Todesumständen seines Sohnes: „Sein kurdischer Kommandeur rief mich an und sagte mir, dass Lorenzo heute Morgen [18. März, Anm. der Redaktion] mit allen anderen aus seiner Gruppe gestorben ist. Es scheint, dass sie in einen Hinterhalt geraten sind. Er war bei einer arabischen Einheit. Sie haben sie alle getötet“.
Alessandro Orsetti hoffe nun, dass der Tod seines Sohnes richtungsweisend „für die Sache der Kurden“ werden wird. „Lorenzo suchte nach einer Sache, in die er sich einmischen konnte. Er hat es nicht ertragen, gleichgültig zu sein, wie er selbst sagte. Für die Kurden interessierte er sich schon länger. Also ging er für ihre Sache weg. Wir freuten uns für ihn, denn schließlich hatte er eine wichtige Entscheidung für sich selbst getroffen. Sicher, wir waren dagegen, dass er ging, aber konnten es ihm nicht sagen. Wir verstanden, dass es ihm um die Werte ging, an die er glaubte. Und das kurdische Volk verdient Unterstützung in seinem Kampf gegen den IS und den Faschismus“, so Orsetti.
Mittlerweile ist auch der Leichnam des Internationalisten geborgen worden und befindet sich in einem Krankenhaus in Südkurdistan (Nordirak). Das hat das italienische Außenministerium vor zwei Tagen bestätigt. Die Leiche von Lorenzo Orsetti hatten Einheiten der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) bei einem Spezialeinsatz aus dem Kampfgebiet geholt. „Ich danke den kurdischen Kämpfern dafür, dass sie die Leiche meines Sohnes durch eine Militäraktion geborgen haben“, sagte Alessandro Orsetti am Mittwoch auf einer Pressekonferenz im Palazzo Vecchio, dem Rathaus von Florenz. „Lorenzo wäre gerne auf dem Friedhof der kurdischen Gefallenen beigesetzt worden, aber er hat uns die Wahl gelassen. Es ist eine Wahl, die ich niemals einem Elternteil wünschen würde“. In der Zwischenzeit hat sich die Familie entschieden, die Leiche Lorenzo Orsettis nach Italien zu überführen. Die Beisetzung soll auf dem Rifredi-Friedhof stattfinden.
Alessandro Ortessi kritisierte während der Pressekonferenz auch den Umgang der italienischen Justiz mit internationalistischen Freiwilligen und forderte mehr Solidarität mit ihnen. Es sei nicht akzeptabel, dass „die Jungs, die gegen den IS gekämpft haben“, nach ihrer Rückkehr vor Gericht gestellt werden. Lorenzo Orsettis Mutter Annalisa fügte dem hinzu: „Dass diese Helden vor Gericht landen, ist beschämend“.
In Turin will die Staatsanwaltschaft fünf Aktivist*innen, die eine „Gefahr für die Gesellschaft“ darstellen würden, mit einer Maßnahme unter spezielle Beobachtung stellen. Die geforderte Strafe steht im Zusammenhang mit Aufenthalten der Aktivisten bei den YPG/YPJ und der Bewegung für eine demokratische Gesellschaft (TEV-DEM) in Nordsyrien/Rojava. Der Vorwurf gegen die Betroffenen lautet: Ausbildung an der Waffe. Die Entscheidung in dem Fall wird kommenden Montag bekannt gegeben.
Seit die Nachricht um den Tod des Internationalisten Lorenzo Orsetti bestätigt wurde, erreichen seine Familie Solidaritätsbotschaften aus ganz Italien und vielen anderen Teilen der Welt. Der Präsident der Toskana, Enrico Rossi, und die Vize-Stadträtin von Florenz, Stefania Collesei gehörten zu den ersten, die der Familie ihr Beileid ausgesprochen haben. Für den 31. März ist eine große Gedenkdemonstration in Florenz angekündigt. Die italienweite Demonstration wird von der kurdischen Community organisiert.