Die türkischen Behörden in Tetwan (tr. Tatvan) haben die Aufführung einer Theaterkomödie auf Kurdisch untersagt. Wenige Stunden vor der Inszenierung im Kulturzentrum der Stadt in der Provinz Bedlîs (Bitlis) erreichte die Veranstalter eine vom Landratsamt erteilte Verbotsverfügung. Ein Grund für die Anordnung wurde nicht genannt.
Bei der Komödie, die von dem kurdischen Theaterensemble „ŞanoWan” am Montagabend aufgeführt werden sollte, handelt es sich um eine Übersetzung des Stücks „Oscar, ein Missverständnis in drei Akten“ des französischen Dramatikers Claude Magnier. Dieses Missverständnis äußert sich in einer Fülle von Verwechslungen, die rund zwei Stunden Spaß und gute Unterhaltung versprechen. Bereits seit dem Frühjahr vergangenen Jahres wird die kurdische Interpretation unter dem Titel „Hay lo… Dîsa Tevlihev bû“ landesweit aufgeführt. Für Tetwan wäre es trotzdem eine Premiere gewesen.
Das gemeinnützige „Kunst- und Kulturverein Serhed“, der die Aufführung des Stücks organisiert und die Kosten trägt, reagierte empört auf das Verbot. In einer Mitteilung kritisiert der Vorstand eine „aggressive Intoleranz“ gegenüber der Sprache, Kultur und Kunst des kurdischen Volkes. „Dieses Verbot reiht sich ein in eine bereits lange Liste an Einschränkungen und Maßnahmen, die sich gegen unsere Bevölkerung richten. Doch sie sind für uns null und nichtig. Kurdische Kunst und kurdisches Theater können nicht verhindert werden. Wir werden unser Publikum mit unserer Sprache und Kultur immer erreichen, ganz gleich wie die Bedingungen sind.“
Schon länger werden in der Türkei Veranstaltungen wie Theateraufführungen, Konzerte und Festivals untersagt – meist mit Verweis auf den „Volkswillen“ oder die innere Sicherheit. Oppositionelle sehen in dem Vorgehen eine hegemonial motivierte Geste der Unterdrückung der Kulturlandschaft. Betroffen davon sind nicht mehr nur kurdische Veranstaltungen, die schon seit Jahren unter Verboten und Einschränkungen leiden. Immer häufiger werden auch türkische Rockfestivals oder Veranstaltungen an Universitäten verboten. Die HDP spricht von einer Verwüstung der Kunst- und Kulturlandschaft durch das AKP/MHP-Regime zugunsten einer eigenen Kulturhegemonie.