Dschihadistischer Terror in neuem Gewand

Mit dem Einmarsch des Al-Qaida-Ablegers „Hayat Tahrir al-Sham“ in der türkischen Besatzungszone Nordsyriens versucht Ankara, die eigenen Söldnertruppen zu disziplinieren und auf eine Großinvasion vorzubereiten.

​In den von der Türkei besetzten Gebieten in Nordsyrien findet im Moment eine von Ankara orchestrierte Veränderung der Machtverhältnisse unter Söldnergruppen statt. Nachdem es immer wieder zu schweren Gefechten zwischen einzelnen Fraktionen der „Syrischen Nationalarmee“ (SNA) kam – einem Milizverband, der dem türkischen Staat untersteht – scheint die Türkei nun auf die absolute Dominanz durch den Al-Qaida-Ableger „Hayat Tahrir al-Sham“ (HTS) zu setzen. Das Dschihadistenbündnis wurde in großen Teilen aus seinem Kerngebiet um Idlib nach Efrîn, Şehba und sogar über türkisches Staatsterritorium in die besetzten Gebiete um Serêkaniyê (Ras al-Ain) und Girê Spî (Tall Abyad) verlegt. Nach kurzen Gefechten mit der SNA in Efrîn war deren Widerstand gebrochen.

Golfstaaten, Katar und Türkei als Terrorunterstützer

Mit Beginn der Proteste in Syrien entstanden viele verschiedene bewaffnete Gruppen. Insbesondere die Türkei setzte auf die Militarisierung und Eskalation in Syrien und baute die sogenannte „Freie Syrische Armee“ massiv mit auf und machte sie von sich abhängig. Eine weitere starke, von der Türkei unterstützte Fraktion war die Al-Nusra-Front. Die Miliz war in Syrien nichts anderes als ein Ableger des Terrornetzwerks al-Qaida und genoss ähnlich wie der sogenannte Islamische Staat (IS) die uneingeschränkte Unterstützung der Türkei und einiger Golfstaaten, insbesondere von Katar.

Dafür gibt es unzählige Beispiele. So sagte der im Irak 2020 inhaftierte marokkanische Al-Nusra-Kommandant Issam Al-Hana, alias Abu Mansour al-Maghrebi, gegenüber irakischen Sicherheitsbehörden aus, dass der Scheich Khalid Suleiman aus dem regierenden Haus al-Thani die Nusra-Front bzw. ihre Nachfolgeorganisation mit monatlich mehr als einer Million Dollar unterstützte. Sowohl die Türkei als auch Katar betrachten die ideologisch hinter al-Nusra stehende salafistische Muslimbruderschaft als außenpolitisches Instrument und die mit ihr in Verbindung stehenden bewaffneten Gruppen als Werkzeuge ihres panislamischen Konzepts.

Die Unterstützung der Achse Katar-Türkei für den IS ist weithin bekannt. Die Kooperation Ankaras mit dem IS wurde durch aufgedeckte Waffentransporte, das Schleusen von Dschihadisten, Ölhandel etc. unzählige Male dokumentiert. Aber auch bei Katar ist die Zusammenarbeit mit dem IS eindeutig. Im Moment läuft beispielsweise in den USA eine Klage gegen die „Qatar Charity“ und die Qatar National Bank wegen der Zahlung von 800.000 US-Dollar an den IS-„Richter“ Fadhel al-Salim. Ungeachtet dessen war die Qatar Charity dennoch 2021 Ausrichter des FIFA-Arabien-Pokals und ist auch an den Vorbereitungen für die diesjährige Fußballweltmeisterschaft beteiligt.

Al-Nusra folgt von Anfang an türkischer Agenda

Zunächst ein Blick in die Geschichte von al-Nusra in Nord- und Ostsyrien: Die ersten Angriffe von al-Nusra fanden in Aleppo und Efrîn statt. Am 25. und 26. Oktober 2012 griff al-Nusra die selbstverwalteten Stadtteile Şêxmeqsûd und Eşrefiye in Aleppo an, wobei 30 Kurd:innen getötet wurden. Zwischen dem 27. und 30. Oktober 2012 attackierte al-Nusra die Umgebung von Efrîn, wurde jedoch durch den Widerstand der Selbstverteidigungseinheiten zurückgeschlagen. Schon bei den ersten Angriffen auf die Stadtviertel in Aleppo und auf Efrîn wurde klar, dass al-Nusra einer türkischen Agenda folgend vor allem die Revolution in Rojava und die kurdische Bevölkerung bekämpfte.

Der im November 2012 folgende Angriff auf Serêkaniyê sollte das noch deutlicher werden lassen. Al-Nusra griff gemeinsam mit der PDK nahestehenden kurdischen Kollaborateuren am 8. November 2012 Serêkaniyê von türkischem Staatsgebiet (kr. Kanîya Xezalan/tr. Ceylanpınar) aus an. Zwei weitere Fronten wurden von Raqqa und Girê Spî aus eröffnet. Die Söldner drangen zunächst in einige vorwiegend arabisch bewohnte Stadtteile und Vororte von Serêkaniyê ein. Dabei gaben sie sich den Nimbus von Revolutionären gegen das Assad-Regime und verkündeten, eine Allianz gegen das Regime bilden zu wollen. Am 19. November folgte dann der Angriff auf die kurdischen Stadtteile. Der Bürgermeister von Serêkaniyê, Abid Xelîl, wurde ermordet und die Kirche zum Hauptquartier der Dschihadisten umfunktioniert. Die Verteidiger:innen von Serêkaniyê waren vom Nachschub abgeschlossen und nur noch auf wenige Straßen reduziert. Es fand ein erbitterter Kampf statt, Haus um Haus. Die Dschihadisten und ihre Kollaborateure aus dem Umfeld der Nationalen Koalition (ETILAF) und der PDK wurden von der eingeschlossenen Bevölkerung und kleinen Einheiten von YPG und YPJ aus Serêkaniyê verdrängt und mussten sich schließlich wieder in die arabischen Stadtteile zurückziehen.

Damit war es jedoch nicht vorbei. Im Januar 2013 kam es zu einer neuen Angriffswelle auf die kurdischen Viertel und einer 15-tägigen Schlacht um die Stadt. Eine Allianz aus zwanzig Söldnergruppen, geführt von al-Nusra, griff Serêkaniyê an. Die YPG und YPJ schlugen den Angriff zurück und vertrieben die Söldner aus der Stadt. Nach ihrer Vertreibung flohen die Dschihadisten in die Türkei und in Richtung Girê Spî. In Serêkaniyê wurden Dokumente sichergestellt, welche die enge Verbindung mit dem türkischen Staat belegen. Die vorher für Dschihadisten und Söldner offene türkische Grenze, die praktisch durch Serêkaniyê lief, wurde nach der Befreiung der Region von der türkischen Armee verbarrikadiert und es wurde ein massives Embargo verhängt.

Massaker aus Rache für die Befreiung von Serêkaniyê

Die Angreifer wurden immer weiter in Richtung Westen zurückgedrängt und verübten bei ihrem Rückzug Racheaktionen an der Bevölkerung. Ein solches Massaker verübten die sogenannte FSA, al-Nusra und kurdische Kollaborateure am 27. Juli 2013 in den vor allem von Kurdinnen und Kurden bewohnten Ortschaften Til Eran (Tell Aran) und Til Hasil (Tell Hasil) im nordsyrischen Aleppo. Zu Beginn des Blutbads ertönten aus den örtlichen Moscheen Lautsprecheransagen, in denen Angriffe auf die kurdische Bevölkerung und die Verschleppung von kurdischen Frauen als religiös gerechtfertigt deklariert wurden. Dann gingen die Dschihadisten gemeinsam mit Kollaborateuren von Haus zu Haus und suchten „Apoisten“, die dann ermordet wurden. Am 29. Juli 2013 waren mehr als 70 Zivilist:innen getötet und Hunderte verschleppt worden. Mit der Zeit dehnten sich die Angriffe auf weitere Gebiete in Nordsyrien aus. Während der Massaker wurden drei kurdische Geiseln bei lebendigem Leib verbrannt, Szenen des Verbrechens wurden von al-Nusra in sozialen Netzwerken verbreitet. Eine Vielzahl der Verschleppten aus Til Eran und Til Hasil ist bis heute „verschwunden“. 25 der Toten konnten bis heute nicht identifiziert werden.

Kooperation zwischen al-Nusra und IS in Serêkaniyê

Auch wenn al-Nusra und der damals ISIS genannte IS immer wieder um die Vorherrschaft konkurrierten, waren sie sich in ihren Zielen eins und kooperierten an vielen Punkten. In der Zeit der Besetzung durch diese Koalition von Dschihadisten und ihren Kollaborateuren in Serêkaniyê herrschte ein gemeinsames Terrorregime von al-Nusra und ISIS. Dies belegen in einem als Gericht genutzten Gebäude sichergestellte Akten, auf denen sich nebeneinander die Siegel von al-Nusra und ISIS befinden. Zeitzeug:innen berichteten gegenüber ANF über die brutale Durchsetzung der Regeln der salafistischen Terrorgruppen. So seien im besetzten Serêkaniyê Frauen beispielsweise Finger abgeschnitten worden, wenn sie in der Öffentlichkeit beim Rauchen beobachtet wurden.

Neben der gemeinsamen Terrorherrschaft in Serêkaniyê gab es auch eine große Grauzone zwischen ISIS und al-Nusra. So bildete al-Nusra auch ein wichtiges Reservoir von Kämpfern für den IS bzw. ISIS. Aus vielen Regionen zog sich al-Nusra zurück und übergab diese de facto dem IS. Al-Nusra konzentrierte sich in Idlib und den Gebieten nördlich von Aleppo. Idlib wurde nach der militärischen Niederlage des IS zu einem wichtigen Rückzugsgebiet der Kommandoebene der Terrormiliz. So fanden in Idlib der sogenannte IS-Kalif al-Baghdadi und seine Nachfolger Zuflucht und konnten von dort den Terror organisieren und koordinieren. Von den türkisch besetzten Gebieten aus wurden Anschläge und große IS-Angriffe, wie im Januar 2022 auf das Sine-Gefängnis in Hesekê, geplant und umgesetzt.

Schönfärbungsversuche von al-Nusra

Al-Nusra wurde bereits 2012 auf internationalen Terrorlisten erfasst. Als sich der Wind drehte und nach dem Sieg über den IS in Kobanê abzusehen war, dass sich die Machtverhältnisse zumindest kurzfristig nicht zu Gunsten der Dschihadisten entwickeln würden, sagte sich al-Nusra von al-Qaida los und nahm am 28. Juli 2016 den Namen Liwa Fatah al-Sham an. Dieser Etikettenschwindel war jedoch zu offensichtlich. Die Gruppe wurde weiter international gelistet, genoss allerdings auch weiterhin die intensive Unterstützung durch die Türkei. Um sich noch stärker als Ordnungsmacht darzustellen, benannte sich al-Nusra am 28. Januar 2017 in Hayat Tahrir al-Sham (HTS) um und bildete damit ein Bündnis von dschihadistischen Söldnergruppen, das de facto unter Kontrolle von al-Nusra stand. In der Zwischenzeit hatten sich im Zentrum und in den umliegenden Gebieten von Idlib eine Reihe anderer Gruppen HTS angeschlossen. HTS wurde am 11. März 2017 auf die internationalen Terrorlisten gesetzt, was der internationalen Unterstützung für die Gruppierung jedoch kaum Abbruch tat. Während HTS in Ländern wie Deutschland als Terrororganisation verfolgt wird, fließen weiterhin Ressourcen aus der Türkei, Katar, Saudi-Arabien und westlichen Ländern an die Gruppe, die gemeinsam mit der türkischen Armee ein Protektorat in Idlib beherrscht. Die türkische Besatzungsmacht und al-Nusra arbeiten dort Hand in Hand. Die Grenzen stehen unter der Kontrolle von HTS und jegliche Hilfe in Idlib findet unter der Kontrolle von HTS/al-Nusra statt.

Die Verlegung von HTS nach Efrîn

Wie bereits aus der historischen Entwicklung von al-Nusra abzulesen ist, dienten die Organisation und alle Nachfolgegruppen vor allem dazu, die Revolution von Rojava zu bekämpfen und den Aufbau einer demokratisch-konföderalen Struktur an der Grenze zum türkischen Staat zu zerstören. Dementsprechend ist der türkische Staat zu allen Konzessionen bereit. So ist die Region Idlib für die Türkei vor allem ein Faustpfand, um diplomatischen Druck auf das Regime und damit auf Russland und den Iran aufzubauen und so einen möglichen Angriff auf Rojava durchzusetzen. Dieses diplomatische Spiel war bereits mit der Efrîn-Invasion erfolgreich: Die Türkei erhielt 2018 von Russland grünes Licht für die Besatzung von Efrîn, da ein Teil der Region Idlib an das syrische Regime übergeben worden war und die Erdogan-Regierung versprochen hatte, gegen HTS in der Region vorzugehen. So wurde bereits im Vorfeld der Invasion unter anderem das strategisch wichtige Zuhur-Flugfeld in Idlib von HTS an das Regime übergeben. Gleichzeitig sorgte die Türkei für die Verlegung von Dschihadisten und ihren Familien aus dem umkämpften al-Ghouta bei Damaskus in die von ihr besetzten Gebiete. Viele dieser Dschihadisten und ihrer Familien wurden nach der Einnahme von Efrîn als Siedler dort eingesetzt. Daraufhin zog Russland trotz anderweitiger Versprechungen seine Truppen aus Efrîn ab und gab grünes Licht für die Invasion. An der Efrîn-Invasion nahm HTS teil, verblieb jedoch auch in Idlib, was zu Verstimmungen zwischen der Türkei und Russland führte. Ein ähnliches Szenario scheint sich nun mit der Verlegung der HTS-Truppen aus Idlib nach Nord- und Ostsyrien abzuspielen.

Verlegung von HTS gründet auf Diplomatie zwischen Ankara und Damaskus

Im Mai 2022 haben die türkischen Besatzungstruppen erneut damit begonnen, HTS-Kämpfer aus Idlib nach Efrîn zu verlegen. Diese Truppenverlegungen sind das Ergebnis eines Treffens zwischen der HTS-Führung und Vertretern des türkischen Staates in Idlib-Sarmada. Beide Seiten hatten sich darauf geeinigt, die HTS-Söldner an die Front im Norden und Osten von Aleppo zu verlegen und ihre Bewegungen in den besetzten Gebieten Efrîn, al-Bab und Cerablus zu erleichtern. Das von HTS kontrollierte Gebiet erstreckt sich inzwischen bis an die Front vor der selbstverwalteten Stadt Minbic. Die Dschihadisten haben sich auch in den Regionen Girê Spî, Azaz, al-Bab und Cerablus niedergelassen. So soll offenbar ein „schwarzer Gürtel“ geschaffen werden. Die Verlegung dient aber nicht nur der diplomatischen Vorbereitung eines Angriffs auf Rojava. Den gut ausgebildeten HTS-Dschihadisten kommt offenbar eine führende militärische Rolle bei den Angriffen zu.

Die Söldnergruppen der Türkei

Der türkische Staat schuf selbst eine Reihe von Söldnergruppen für seinen Angriff auf Rojava. Diese Gruppen wurden für den Angriff auf Efrîn, Girê Spî und Serêkaniyê genutzt. Die Söldnergruppen wurden im Oktober 2019 unter dem Dach der sogenannten Syrischen Nationalarmee (SNA) zusammengefasst.

Die SNA soll im Moment über 80.000 Kämpfer verfügen. Sie zeichnet für schwerste Verbrechen verantwortlich. So folterte und ermordete die SNA-Miliz Ahrar al-Sharqiya am 12. Oktober 2019 die kurdische Frauenrechtlerin und Politikerin Hevrîn Xelef auf offener Straße und verbreitete in IS-Manier das Video der Gräueltat in den sozialen Medien. In türkischen Staatsmedien wurden Xelefs Mörder dafür beklatscht. Neben der Finanzierung aus der Türkei und Katar bereichern sich die Söldner durch Entführungen und Lösegelderpressung.

Auch wenn ein im September 2020 veröffentlichter Bericht des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte der SNA unter anderem Folter, Entführungen, Vergewaltigungen, Plünderung sowie die Zerstörung von Weltkulturerbe vorwirft, werden Mitgliedsgruppen dieses Bündnisses auch sporadisch von Israel, den USA und Saudi-Arabien unterstützt. Das gilt insbesondere für taktische Unterstützung für Jabhat al-Watani („Nationale Befreiungsfront“) mit dem Ziel, bestimmte Balancen herzustellen und die Salafisten gegen Damaskus und Iran einzusetzen.

Personell besteht die SNA vor allem auch aus ehemaligen Al-Nusra-Kämpfern und vielen ehemaligen IS-Dschihadisten. So ging ein Teil von HTS direkt in die SNA über: 2019 trat Jabhat al-Watani aus HTS aus und schloss sich mit mehreren Zehntausend Kämpfern direkt der SNA an. Insbesondere auch auf Kommandoebene dienen einige ehemals hochrangige IS-Kader.

ETILAF als Strohmann zwischen der Türkei und SNA

Nach Angaben der Bundesregierung steht die SNA unter dem Kommando der Nationalen Koalition ETILAF bzw. der aus ETILAF hervorgegangenen „syrischen Übergangsregierung“ (Bundestagsdrucksache 19/120). ETILAF verfügt nicht nur über einen Sitz in Istanbul, sondern auch in Berlin, der sogar von der Bundesregierung gefördert wurde. Sie steht in enger personeller Verbindung mit ebenfalls bis dahin von der Bundesregierung geförderten Projekten, wie dem EZKS (Europäisches Zentrum für kurdische Studien) und das angeschlossene Nachrichtenportal Kurdwatch, das, solange die Förderung der Bundesregierung lief, systematisch Falschinformationen zur Legitimation türkischer und dschihadistischer Angriffe auf die selbstverwalteten Regionen in Nord- und Ostsyrien streute.

Konflikte mit SNA-Söldnern und Rolle von HTS

In den letzten Monaten kam es zu Annäherungsversuchen zwischen der Türkei und Damaskus. Sogar von einer Erneuerung des Adana-Abkommens war die Rede. Vor diesem Hintergrund breitete sich unter den Söldnern der Türkei das Gefühl aus, verraten und verkauft zu werden. Die meisten Söldner dieser Gruppen befinden sich auf den Fahndungslisten der Regierung in Damaskus. Wenn es eine Vereinbarung zwischen Ankara und Damaskus geben sollte, dann droht vielen dieser Söldner die Auslieferung, deshalb wuchs mit der Annäherung zwischen Ankara und Damaskus die Unzufriedenheit und Furcht unter den Söldnern. Sie haben Angst, die besetzten Gebiete und damit ihre Grundlage zu verlieren. Insbesondere die Dritte Brigade (al-Azim) und darin Jabhat al-Shamiya und Jaish al-Islam sehen sich von den Entwicklungen bedroht. In diesem Zusammenhang kam es mehrfach zu Aufständen und Auseinandersetzungen. Der Türkei drohte der Kontrollverlust über ihre eigene marodierende Soldateska.

HTS als „Ordnungsmacht“ der Türkei

Als Reaktion darauf begann der türkische Geheimdienst MIT, die Gruppen zu disziplinieren. Auch dies mag ein Grund für den Einmarsch von HTS gemeinsam mit Furqat al-Hamzat und Suleyman Shah in Efrîn, Cerablus und Bab gewesen sein. So sollten mögliche Störfaktoren für die türkische Interessenpolitik ausgeschaltet und HTS als Ordnungsmacht eingesetzt werden. Insbesondere der Dritten Brigade sollten so die Flügel gestutzt werden. Diese hatte massiv an Selbstbewusstsein gegenüber dem MIT gewonnen, da sie in der Lage war, den Grenzverkehr zu kontrollieren und so über große ökonomische und militärische Macht verfügte.