Politische Aktivistin aus Rojava in Kerkûk erschossen

In Kerkûk ist ein tödliches Attentat auf eine politische Aktivistin aus Rojava verübt worden. Zwei Unbekannte auf einem Mofa gaben mit einer Pistole mit Schalldämpfer bis zu neun Kugeln auf Firyal Silêman Halid ab. Sie war auf der Stelle tot.

In der kurdischen Metropole Kerkûk (Kirkuk) im Nordirak ist eine Frauenrechtsaktivistin aus Rojava erschossen worden. Firyal Silêman Halid war am Donnerstag mit mehreren Begleitpersonen im nördlich der Stadt gelegenen Bezirk Serçnar unterwegs, als sie von einem Mann mit einer Pistole mit Schalldämpfer aus nächster Nähe niedergestreckt wurde. Der Schütze und ein Komplize tauchten auf einem Mofa auf, mit dem sie unerkannt entkommen konnten. Die Kerkûker Polizei hat Ermittlungen aufgenommen und eine Fahndung nach den Tatverdächtigen eingeleitet.

Das Attentat auf Firyal Silêman Halid, das vor einer Schule im Viertel Rehîmawe verübt wurde, richtete sich offenbar gezielt gegen die Kurdin. Das äußerten Zeug:innen gegenüber RojNews. Einer der Angreifer hätte kurz vor den Schüssen gesagt, dass sie gekommen seien, um die Aktivistin zu töten. Eine erste Autopsie ergab, dass Halid von neun Kugeln getroffen wurde. Die meisten davon seien tödlich gewesen, sagte ein Polizeisprecher.

Aus Hesekê angereist für Austausch über Frauenfragen

Firyal Silêman Halid lebte in Hesekê in der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien und hielt sich in Kerkûk auf Einladung von Frauenorganisationen aus Südkurdistan auf. Wie RojNews erfahren konnte, ging es bei ihrer Reise ins südliche Kurdistan um einen Austausch über Frauenfragen und Gendergerechtigkeit. Angaben, dass sie der Bewegung für eine freie Gesellschaft in Kurdistan (Tevgera Azadiya Civaka Kurdistanê) angehört haben soll, wie der Regierung der Kurdistan-Region Irak (KRI) nahestehende Medien berichteten, wurden von der Partei dementiert.

Firyal Silêman Halid | Bildquelle: RojNews

Politisches Attentat auf Anordnung von Ankara?

In Südkurdistan sterben immer wieder Menschen bei politischen Attentaten, die mutmaßlich auf das Konto des türkischen Geheimdienstes MIT gehen. Das, was die Opfer vereint, ist die Opposition gegen den türkischen Staat und ihre Nähe zu Strukturen der kurdischen Befreiungsbewegung. Allein zwischen September 2021 und September 2023 wurden sieben Menschen bei Anschlägen, in denen eine türkische Urheberschaft mehr als wahrscheinlich gilt, ermordet.

Video vom Tatort

Achter Mord seit September 2021

Bei dem jüngsten Opfer dieses tödlichen Anschlagsserie handelt es sich um Deniz Cevdet Bülbün, Delegierter des Nationalkongress Kurdistan (KNK) und Sprachlehrer für Kurdisch. Die Namen der weiteren Opfer sind Hüseyin Arasan, aus der Türkei geflüchteter Aktivist und Mitglied des Vereins der Werktätigen aus Mesopotamien (KKM), der von politischen Verfolgten aus Nordkurdistan gegründet wurde; Hüseyin Türeli, ebenfalls aus Nordkurdistan geflüchteter Aktivist; Nagihan Akarsel, Akademikerin, Herausgeberin der Zeitschrift Jineolojî und Mitglied der Jineolojî-Akademie; Suheyl Xurşîd Ezîz, Autor und Historiker sowie Mitglied der Generalversammlung der südkurdischen Bewegung Tevgera Azadî; Zeki Çelebi, politischer Flüchtling und Mitglied im KKM; sowie Yasin Bulut (Şükrü Serhed) vom Komitee der Familien von PKK-Gefallenen.

Keine Gerechtigkeit für die Opfer

Weitere tödliche Attentate wie etwa der Mord an Menal Mêrdîn vor rund einem Jahr richteten sich gegen Menschen, die nach dem Genozid und Femizid der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) in Şengal im Einsatz für die ezidische Bevölkerung waren. Die Forderung nach Gerechtigkeit bleibt bis heute präsent, da die Verantwortlichen von den zuständigen Behörden nicht ermittelt worden sind. Lediglich im Fall Bülbün wurden im vergangenen November zwei Komplizen des Schützen festgenommen: beide haben die türkische Staatsbürgerschaft.