Der langjährige kurdische Aktivist Menal Mêrdîn ist in der Şengal-Region in Südkurdistan ermordet worden. Wie die Autonomieverwaltung von Şengal mitteilt, ist am 2. Januar in Tilezêr ein tödliches Attentat auf Menal Mêrdîn verübt worden. Die Autonomieverwaltung macht den türkischen Staat und die vom Barzanî-Clan dominierte Partei PDK aus der Kurdistan-Region Irak (KRI) für den Mord verantwortlich.
Menal Mêrdîn sei „eine revolutionäre und intellektuelle Persönlichkeit mit einer 43-jährigen Kampfgeschichte“ gewesen, erklärt die Autonomieverwaltung: „In dieser Zeit hat er großen Einsatz für alle Glaubensgemeinschaften in Kurdistan und im Nahen Osten geleistet. Er verbrachte zwanzig Jahre in türkischen Gefängnissen, aber er hat sich der Unterdrückung nicht einen Tag lang gebeugt.“
Die Autonomieverwaltung teilt mit, dass Menal Mêrdîn nach dem von der Terrormiliz „Islamischer Staat“ 2014 verübten Genozid nach Şengal gekommen ist und dem ezidischen Volk mit seinem Wissen und seiner Erfahrung gedient hat. Er arbeitete an einem Buch über das IS-Massaker, das von der ezidischen Gemeinschaft wie die vielen Angriffe in der Vergangenheit als „Ferman“ bezeichnet wird. Dafür beschäftigte er sich mit der ezidischen Gesellschaft, dem Ezidentum und dem Şengal-Gebirge, in das sich die Ezid:innen im Laufe der Jahrhunderte immer wieder auf der Flucht vor Verfolgung retteten. Nach seinen Recherchen in der Hochebene Serdeşt kam er nach Tilezêr. „Seine einzige Absicht war, die Probleme der ezidischen Gemeinschaft zu lösen und ihren Schmerz zu teilen“, so die Autonomieverwaltung.
Anschlag von MIT und PDK
Weiter heißt es in der Erklärung: „Auf Menal Mêrdîn ist am 2. Januar 2023 in Tilezêr ein feiger Anschlag verübt worden. Er wurde in dem Haus, in dem er arbeitete, gezielt ermordet. Wir wissen, wer dieses Attentat begangen hat und was damit bezweckt wird. Dieser Angriff wurde vom türkischen Geheimdienst MIT und von der PDK durchgeführt. Es handelt sich um eine geplanten Angriff basierend auf Verrat. Zum Zeitpunkt des Attentats haben türkische Aufklärungsflüge über Tilezêr stattgefunden. Es ist völlig eindeutig, dass der Anschlag vom MIT und der PDK geplant wurde.
Rückkehr der vertriebenen Bevölkerung soll verhindert werden
Der türkische Staat und die PDK wollen mit ständigen Angriffen die Rückkehr der vertriebenen Bevölkerung nach Şengal verhindern. Es kommen immer noch Menschen in ihre Heimat zurück. Zuletzt sind hundert Familien aus dem Serdeşt-Camp nach Tilezêr zurückgekehrt. Der türkische Staat greift immer an, wenn Menschen in die Region zurückkommen.
Der Anschlag ist Teil einer Angriffsserie
Wir kennen diese Angriffe. Der türkische Staat hat in Partnerschaft mit der PDK in Silêmanî und weiteren Orten in Südkurdistan ähnliche Anschläge verübt. Am 4. Oktober 2022 wurde die kurdische Vorreiterin Nagihan Akarsel vom MIT und der PDK in Silêmanî ermordet. Am 23. Dezember fand ein Anschlag in Paris statt, bei dem Evîn Goyî, Mîr Perwer und Abdurrahman Kızıl erschossen wurden. Das Attentat auf Menal Mêrdîn ist Teil dieser Angriffsserie.
Şengal soll für immer eine blutende Wunde bleiben
Die PDK und der türkische Staat greifen seit dem Ferman alle Menschen an, die in Şengal eine führende Rolle einnehmen und sich für die ezidische Gemeinschaft einsetzen. Sie wollen, dass Şengal immer eine blutende Wunde bleibt. Revolutionäre Menschen wie Menal Mêrdîn hingegen sind voller Entschlossenheit und Überzeugung nach Şengal gekommen, um unsere Wunden zu heilen.
Wir werden die Täter zur Rechenschaft ziehen
Wir erinnern die PDK und den türkischen Staat ein weiteres Mal daran, dass uns nichts in die Knie zwingen kann. Auch für diesen Ferman werden wir Rechenschaft von euch einfordern. Die ezidische Gemeinschaft weiß genau, wer Freund und wer Feind ist. So wie unsere Freundinnen und Freunde sich für Şengal einsetzen, stehen wir hinter den Menschen, die sich der ezidischen Gemeinschaft und Şengal widmen.“
Für Donnerstag kündigt die Autonomieverwaltung von Şengal eine Demonstration gegen den Anschlag an.