Die Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK) hat eine Erklärung zu einem vom türkischen Staat als Agent angeworbenen Kurden veröffentlicht. Yunus Toptaş wird für den Tod von zahlreichen kurdischen Aktivist:innen und Guerillakämpfer:innen verantwortlich gemacht. Der Erklärung ist ein Video beigefügt, in dem Toptaş Angaben zu seiner Identität macht und schildert, wie er vom türkischen Geheimdienst angeworben wurde.
Die KCK teilt mit, dass der 1984 in Êlih (tr. Batman) geborene Agent von der zuständigen Einheit der kurdischen Freiheitsbewegung verhört wurde und umfangreiche Aussagen zu seinen Tätigkeiten in der Türkei und der Kurdistan-Region Irak (KRI) gemacht hat. Der MIT habe die Tatsache ausgenutzt, dass Toptaş aus einer patriotischen Familie komme und Angehöriger eines Gefallenen sei. Der Agent habe Verbrechen gegen die kurdische Befreiungsbewegung und die Guerilla begangen und gleichzeitig das Informationsnetz des Geheimdienstes vergrößert.
Laut Erklärung der KCK hat Yunus Toptaş dem türkischen Staat mehrfach Positionen von patriotischen Menschen und Guerillakämpfer:innen verraten. „Aufgrund der von ihm und anderen Agenten, Verrätern und Kollaborateuren gelieferten Informationen hat er eine Rolle bei der Ermordung von Dutzenden Guerillakämpfer:innen und Patriot:innen gespielt“, so die KCK. Aus seiner Aussage gehen wichtige Informationen über das Spionagenetzwerk des türkischen Staates in Kurdistan hervor.
Vernichtungskonzept gegen die kurdische Gesellschaft
In der Erklärung der KCK heißt es weiter: „Der türkische Staat setzt seine Politik der Vernichtung und des Völkermordes gegen das kurdische Volk in allen Lebensbereichen fort. Er hat es sich zum Konzept gemacht, die Gesellschaft durch den von ihm geführten schmutzigen Krieg zu degenerieren, Prostitution und Drogenkonsum zu verbreiten und junge Menschen unter dem Namen der Unterhaltung und verschiedener ,Festivals' zu korrumpieren. Dieses Konzept wird sehr weitreichend umzusetzen versucht. Der Staat will sein Ziel erreichen, indem er die Kurdinnen und Kurden auf materiellem, geistigem, moralischem und spirituellem Gebiet vollständig zerstört. Sein Konzept ist darauf angelegt, Familien in Not zu bringen, junge Menschen durch Arbeitslosigkeit an sich und materielle Dinge zu binden, die Gesellschaft auszuhungern und sie dazu zu bringen, Geld und materielle Dinge anzubeten.“
Da der türkische Staat das parallel zu den Kriegsverbrechen gegen die Guerilla umgesetzte Konzept der Korrumpierung der Gesellschaft als unzureichend ansehe und in dieser Hinsicht versagt habe, setze er im Norden, Süden und Westen (Rojava) Kurdistans auf Personen, die er mit Geld, Druck, Gewalt und Folter anwerbe.
Für Informationsfluss gesorgt und Agenten rekrutiert
Yunus Toptaş sei vor langer Zeit vom Staat angeworben worden und in vielen kurdischen Regionen tätig gewesen. Er habe für den Informationsfluss gesorgt und sei in brutale Morde an kurdischen Aktivist:innen und Kämpfer:innen verwickelt, so die KCK: „Er lebte verwoben mit dem Feind und ist eine Persönlichkeit, die dem Feind soweit gehorcht, als dass er alles, was der Staat, die Kontra und die Elemente der speziellen Kriegsführung sagen, ohne zu zögern ausführte.“ Toptaş sei ein Agent ohne Bewusstsein für seine kurdische Identität, der auf der Suche nach Befriedigung seiner individuellen Motive in die Falle des Feindes geraten und für Verluste der Guerilla verantwortlich sei. Er habe sich nicht nur selbst als Agent betätigt, sondern auch andere Personen als Spitzel rekrutiert.
Verwandtschaft mit gefallenem Guerillakommandanten ausgenutzt
„Yunus Toptaş reiste von Ankara nach Istanbul, von Amed (Diyarbakir) nach Izmir, von Hewlêr (Erbil) nach Silêmanî, um Agenten und Kollaborateure zu organisieren, Informationen zu sammeln und dem Feind die Positionen von patriotischen Menschen und der Guerilla mitzuteilen, die von seinen Agenten lokalisiert wurden“, erklärt die KCK und weist darauf hin, dass Toptaş verwandt war mit dem legendären Guerillakommandanten Ramazan Toptaş (Sarı Ibrahim), der 2006 von einem in die PKK eingeschleusten MIT-Agenten ermordet wurde. Das habe er sich für seinen Verrat zunutze gemacht. Da er aus einer patriotischen Familie stammte, habe er leicht Kontakte knüpfen und Anschluss finden können. Nachdem er gefasst wurde, habe er seine Verbrechen aufgrund der vorliegenden Beweislast gestanden.
Gesichtserkennungssystem am Grenzübergangs Sêmalka
Toptaş habe unter anderem ausgesagt, dass sich der türkische Geheimdienst mit Unterstützung der PDK im Kontrollgebäude des Grenzübergangs Sêmalka zwischen Rojava und der Kurdistan-Region Irak eingenistet habe und über ein Gesichtserkennungssystem verfüge. Er habe mit Wissen des MIT Heroin, Waffen und anderes verkauft, die Einnahmen seien geteilt worden. In Südkurdistan habe er das von ihm mit aufgebaute Agentennetz koordiniert und kontrolliert. Yunus Toptaş habe erklärt, dass er seinen Verrat bereue und um Vergebung bitte.
Die KCK appelliert an das kurdische Volk und insbesondere an Angehörige von Gefallenen, sensibel mit dieser Politik des türkischen Staates umzugehen und eine entschlossene Haltung gegenüber Verrätern, Kollaborateuren, Agenten und Informanten einzunehmen.