In Ankara ist der Prozess gegen zwölf Medienschaffende fortgesetzt worden. Angeklagt sind insgesamt zwölf Journalistinnen und Journalisten in der Tradition der freien kurdischen Presse. Elf von ihnen waren im Oktober festgenommen worden, neun waren bis zum Prozessbeginn im Mai in Untersuchungshaft: Die Chefredakteurin der Nachrichtenagentur Mezopotamya (MA), Diren Yurtsever, die MA-Korrespondent:innen Deniz Nazlım, Selman Güzelyüz, Berivan Altan, Hakan Yalçın, Emrullah Acar und Ceylan Şahinli sowie die JinNews-Mitarbeiterinnen Habibe Eren und Öznur Değer. Der im selben Verfahren am 16. März 2023 festgenommene Journalist Hamdullah Bayram ist weiterhin in Untersuchungshaft.
Den Angeklagten wird wird zur Last gelegt, sich mitgliedschaftlich für die PKK betätigt zu haben. Die Generalstaatsanwaltschaft Ankara fordert eine Verurteilung nach Artikel 314/1 des türkischen Strafgesetzbuches, der eine Höchststrafe von 15 Jahren Gefängnis vorsieht. Die Verhandlung wurde von den Anwaltsvereinigungen ÖHD und ÇHD, dem Menschenrechtsverein IHD und der Media and Law Studies Association (MLSA) beobachtet.
Die angeklagte MA-Korrespondentin Zemo Ağgöz sagte vor Gericht, dass der Prozess nicht unabhängig von der politischen Atmosphäre in der Türkei sei: „Aufgrund von inhaltsleeren Behauptungen wird gegen unseren Journalismus und unsere Agentur ermittelt. Wegen dieser haltlosen Behauptungen konnte ich mein 45 Tage altes Baby nicht stillen und musste heute mit meinem Baby hierherkommen.“
Danach wurde die anonyme Zeugenperson „K8Ç4B3L1T5" angehört. In der Aussage wurden die Behauptungen aus dem staatsanwaltschaftlichen Verhör wiederholt. „Der Inhalt meiner Aussage betrifft Dinge, die allen bekannt sind, die bei MA arbeiten“, gab „K8Ç4B3L1T5" zu Protokoll. Auf viele Fragen antwortete die Zeugenperson, über keine konkreten Informationen zu verfügen und nur davon gehört zu haben. Die Frage, ob die anonyme Zeugenperson im Auftrag des Staates tätig gewesen sei, wurde bejaht.
Das Gerichte lehnte die Anträge der Angeklagten auf Aufhebung der juristischen Überwachung und Herausgabe der beschlagnahmten Speichermedien zurück und vertagte die Verhandlung auf den 26. Oktober.