In der am Mittwochabend ausgestrahlten ZDFzoom-Dokumentation „Im Dienste Erdogans“ haben die Reporterinnen Simone Müller und Susana Santina ausführlich die Aktivitäten des türkischen Nachrichtendienstes MIT in Deutschland dargestellt. Laut der Doku gibt es in der Bundesrepublik 8000 Personen, die dem MIT zuarbeiten. Bei den türkischen Geheimdiensttätigkeiten spielen die 900 Moscheen des Dachverbands DITIB eine wichtige Rolle.
So wird in der Doku berichtet, dass die türkischen Imame der DITIB-Moscheen Informationen über Oppositionelle des Erdogan-Regimes direkt an Konsulate und Moscheen weiterleiten. Ein 2017 eingeleitetes Ermittlungsverfahren ist eingestellt worden.
Auch über die Anschlagspläne gegen den aus der Türkei stammenden armenischen Journalist Hayko Bağdat, der inzwischen im Exil in Berlin lebt, und den in der Türkei laufenden Prozess gegen den ehemaligen HDP-Abgeordneten Turgut Öker aus Nordrhein-Westfalen wird berichtet. So wie Öker sind zahlreiche Kurdinnen und Kurden, die das Erdogan-Regime in sozialen Netzwerken kritisiert haben, von Spitzeln aus Deutschland denunziert und einige sogar verurteilt worden. Die Linkspolitikerin Sevim Dagdelen und andere Fachleute weisen darauf hin, dass die Spitzeltätigkeit für die türkische Regierung in Deutschland eine Straftat darstellt.
Der renommierte Geheimdienstexperte Erich Schmidt-Eenboom bestätigt in der Doku die geheimdienstlichen Tätigkeiten des MIT in Deutschland. Die Zahl der 8000 MIT-Zuträger bezeichnet Schmidt-Eenboom im Vergleich zu anderen Ländern als „gigantisch“. Auch der Mord an den kurdischen Revolutionärinnen Sakine Cansız, Fidan Doğan und Leyla Şaylemez am 9. Januar 2013 in Paris ist laut Schmidt-Eenboom vom MIT begangen worden. Die von ANF veröffentlichten Aussagen der MIT-Funktionäre Erhan Pekçetin und Aydın Güney, die am 4. August 2017 in einer spektakulären Operation von der PKK in Südkurdistan in Gefangenschaft genommen wurden, bezeichnet Schmidt-Eenboom hinsichtlich der Genauigkeit der Angaben über die Befehlskette und die involvierten Personen als „ausgesprochen glaubwürdig“. Diese seien auch von den französischen Behörden bestätigt worden. So haben der französische Inlandsgeheimdienst und die Polizei der Staatsanwaltschaft Informationen vorgelegt, aus denen hervorgeht, dass es sich um einen von Erdogan in Auftrag gegebenen politischen Mord gehandelt hat.
In Deutschland hält sich der türkische Geheimdienst nach Schmidt-Eeenbooms Meinung mit politischen Morden zurück, weil die Bundesregierung Ankara gegenüber deutlich gemacht habe, dass es sich dabei um eine rote Linie handele, die nicht überschritten werden dürfe.
Die beiden MIT-Funktionäre hatten ausgesagt, dass die Flugtickets für die Türkei-Reisen des Pariser Auftragsmörders Ömer Güney von einer MIT-nahen Reiseagentur gestellt wurden. In den Aussagen wird die Befehlshierarchie für den Mord folgendermaßen dargestellt: Uğur Kaan Ayık als Leiter der MIT-Abteilung für „ethnische separatistische Aktivitäten“ im Ausland, Oğuz Yüret als Operationsleiter derselben Abteilung, Ayhan Oran als Mitarbeiter und Sabahattin Asal, der für die Planung des Attentats zuständig war.