In der nordkurdischen Stadt Riha (tr. Urfa) kam es zu einem brutalen Versuch, einen jungen Mann als Agenten für die türkischen Regierungsbehörden anzuwerben. Als sich der 24-jährige Mazlum Çelik, Vater von drei Kindern, weigerte, wurde er kurz darauf entführt und elf Stunden lang mit Stromschlägen und anderen Mitteln gefoltert. Dabei wurde ihm auch mit dem Tod gedroht. Çeliks Martyrium begann am 14. Juli, als Personen, die sich als „Antiterrorpolizei“ ausgaben, ihm einen Sack über den Kopf zogen und ihn entführten.
In einem Attest aus dem „Mehmet Akif Inan"-Krankenhaus über Çeliks Verletzungen heißt es: „Drei Kratzer an der rechten Seite des Halses. Prellung in der Mitte des Rückens. Prellung an der linken Schulter. Kratzer, Rötung am rechten und linken Handgelenk. Blutergüsse und Schwellungen an der vorderen Mitte beider Unterschenkel rechts und links, Blutergüsse an der Vorderseite des linken Oberschenkels. Drei Einstichstellen im Bereich des rechten Gesäßes am Bein. Mehr als die Hälfte der Hämatome befindet sich an der Innenseite beider Gesäßpartien.“
Anwerbeversuch vor der Entführung
Çelik berichtete der Nachrichtenagentur Mezopotamya (MA) von der Tortur. Er war eine Woche zuvor wegen einer Denunziation zur Antiterrorpolizei in Riha vorgeladen worden. Çelik erzählte: „Am selben Tag ging ich zur Aussage und verließ das Gebäude danach. Sie hatten dort meine Nummer aufgeschrieben und sagten, dass sie sich melden würden. Zwei Tage vergingen, dann wurde ich angerufen. Man sagte mir, dass ich von nun an mit ihnen zusammenarbeiten müsste. Ich habe das nicht akzeptiert und dagegen protestiert.“
Elektroschocks in einer Höhle
Çelik berichtete weiter, dass er am 14. Juli gegen Mittag in der Maşuk-Ataşehir-Straße im Bezirk Karaköprü von drei Personen entführt wurde. Die Personen stiegen aus einem Auto aus, näherten sich ihm und zogen ihm einen Sack über den Kopf. „Sie zwangen mich in das Fahrzeug und brachten mich zu einer Höhle, von der ich nicht wusste, wo sie sich befand. Zuerst sprachen mich zwei Personen auf Kurdisch an und fragten, ob ich irgendeine Verbindung zur ‚Organisation‘ hätte. Jedes Mal, wenn ich dies verneinte, schlugen sie mich noch mehr. Sie folterten mich mit Strom. In der Höhle hoben sie ein Grab aus und sagten, dass sie mich dort begraben würden, wenn ich nicht mit ihnen zusammenarbeiten würde. Sie behaupteten, dass niemand meine Leiche finden würde, da Richter und Staatsanwälte ihnen unterstellt wären und sie der Staat seien. Es waren viele von ihnen da. Sie begannen, mich mit Schläuchen zu schlagen. Nachdem sie mir Handschellen angelegt hatten, setzten sie die Elektroschocks fort. Eine Person von ihnen nannten sie ‚den Vorsitzenden‘. Diese Person, sagte: ‚Schießt ihm in den Kopf und lasst ihn nicht reden.‘ Er sagte sogar: ‚Wir werden zwei Polizisten dazu bringen, sich als Guerillakämpfer zu verkleiden und sich mit dir fotografieren zu lassen.‘ Sie sagten, es sei einfach, der Öffentlichkeit zu erzählen, dass die Organisation mich getötet hätte, und dass man jede Art von Geschichte erfinden könnte. Sie hatten mich gegen Mittag verschleppt und folterten mich bis 23 Uhr. In der Nacht ließen sie mich frei und drohten mir, dass sie mich wieder festnehmen und mir eine Kugel in den Kopf jagen würden, wenn ich Anzeige erstatten würde. Sie sagten, ich solle mich eine Woche lang ausruhen und dann würden wir uns wiedersehen“, so Çelik.
Polizei nimmt Anzeige nicht auf
Er berichtete, dass er in der Nähe des Ortes, an dem er entführt wurde, wieder freigelassen wurde: „Ich war eine halbe Stunde bewusstlos, nachdem sie mich freigelassen hatten. Als ich wieder zu mir kam, konnte ich kaum nach Hause gehen. Ich habe mich bis zum Morgen ausgeruht und bin gestern, nachdem ich meine Verletzungen im Krankenhaus hatte attestieren lassen, zunächst mit meinem Vater zur Şehitlik-Polizeistation in Haliliye gegangen, um Anzeige zu erstatten. Aber sie haben meine Anzeige nicht aufgenommen. Die Leute auf dem Polizeirevier sagten: ‚Das ist die Antiterrorpolizei, niemand kann da etwas tun. Verwickelt uns nicht darin.‘ Also sind wir zur Polizeidirektion in Karaköprü gegangen und erhielten die gleiche Antwort: Sie haben unsere Beschwerde nicht angenommen und sagten, dass wir uns an die Staatsanwaltschaft wenden sollen. Sie haben die Antiterrorpolizei in beiden Polizeistationen verteidigt.“
„Folter darf nicht ungestraft bleiben“
Çelik gibt jedoch nicht auf. Er kündigt an, dass er bei juristischen Organisationen in der Stadt rechtliche Unterstützung aufgrund der erlittenen Folter beantragen und bei der Staatsanwaltschaft Strafanzeige gegen die betreffenden Personen erstatten wird. „Von nun an werde ich alles tun, was nötig ist. Ich werde mein Bestes tun, um diejenigen zu finden, die mich gefoltert haben, und dafür sorgen, dass sie die Strafe bekommen, die sie verdienen. Ich habe vor niemandem Angst. Folter darf nicht ungestraft bleiben“, unterstrich er.
„Der Staat ist verantwortlich“
Çeliks Vater, der Bauer Cengiz Çelik, bestätigte die Angaben: „Vor zwei Tagen rief mich meine Schwiegertochter nachts an und erzählte mir, dass mein Sohn misshandelt wurde. Gestern sind wir gemeinsam ins Krankenhaus gegangen und haben ein Attest über die Verletzungen erhalten. Wir sind zur Polizeistation in Şehitlik gegangen, aber sie haben uns nicht geholfen. Sie sagten, dass sie sich nicht mit der Antiterrorpolizei befassen können, das sei für sie nicht möglich. Wir sind zum Polizeirevier in Karaköprü gegangen und erhielten die gleiche Antwort. Wenn meinem Sohn etwas passiert, sind der Staat und der Gouverneur von Urfa dafür verantwortlich. Wir werden alle notwendigen Schritte unternehmen. Wir werden vor Gericht gehen. Wir werden Strafanzeige erstatten. Wir werden alles tun, was wir können, und wir werden nicht aufgeben."
Çelik hat sich an die Büros des Menschenrechtsvereins IHD und der Juristenvereinigung ÖHD in Riha gewandt und um rechtlichen Beistand gebeten. Heute wird Çelik auch im Justizpalast Urfa Strafanzeige erstatten.