„Lasst die Frauen frei!“
Nach dem erneuten Repressionsschlag gegen die Frauenbewegung in Amed fordern Frauen in der Türkei die sofortige Freilassung der 23 festgenommenen Aktivistinnen, Politikerinnen und Gewerkschafterinnen.
Nach dem erneuten Repressionsschlag gegen die Frauenbewegung in Amed fordern Frauen in der Türkei die sofortige Freilassung der 23 festgenommenen Aktivistinnen, Politikerinnen und Gewerkschafterinnen.
In der Türkei und Nordkurdistan haben Frauenorganisationen die sofortige Freilassung der in Amed (tr. Diyarbakir) festgenommenen Aktivistinnen der kurdischen Frauenbewegung gefordert. Aus nicht bekanntem Anlass sind in der kurdischen Metropole am Mittwochmorgen 23 Frauen in ihren Wohnungen festgenommen worden, nach zwei weiteren Personen wird gefahndet. Die Massenfestnahmen gehen offenbar auf ein 2021 von der Generalstaatsanwalt Diyarbakir eingeleitetes Verfahren zurück, die Akte wurde als Geheimhaltungssache eingestuft. Wie bei politischen Verfahren in der Türkei üblich, wurde zunächst auch der Zugang zu einem Rechtsbeistand per Verfügung unterbunden. Inzwischen ist das Verbot auf Antrag der Rechtsanwältinnen aufgehoben worden.
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Bei den Festgenommenen handelt es sich um Mitglieder des Frauenvereins Rosa, der Frauenbewegung TJA, der HDP und mehrerer Gewerkschaften. Unter ihnen sind die Rosa-Vorsitzende Adalet Kaya, die Bezirksbürgermeisterin Remziye Sizici und die abgesetzte Bezirksbürgermeisterin Filiz Buluttekin sowie Nevin Oyman und Fatma Gültekin vom Frauenverein Rosa, die TJA-Aktivistinnen Zekiye Güler, Jale Okkan, Emine Akşahin, Emine Çetiner und Keziban Kuday, die Gewerkschafterinnen Fatma Yildizhan (SES), Nihal Yanık (TÜMBEL-SEN), Hatice Efe (Eğitim-Sen) und Bahar Uluğ (BTS) sowie Sakine Karadeniz, Birsen Güneş. Hazal Yıldırım, Safiye Akdağ, Esma Efetürk, Yıldız Kardaş, Emine Kaya, Gülşen Özer und Evin Yelboğa. Die 23 Frauen werden in der Antiterrorabteilung der Polizei Diyarbakir festgehalten.
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Der Frauenverein Rosa kämpft gegen Gewalt an Frauen und steht seit zwei Jahren im Fokus der Repression. Gegründet wurde der Verein als zivilgesellschaftliche Organisation Ende 2018 in Amed. Die erste Verhaftungswelle begann im Mai 2020, bis Juni des Jahres wurden zehn Frauen wegen „Mitgliedschaft in einer bewaffneten Terrororganisation“ verhaftet. Damals hieß es, der Verein soll gegründet worden sein, um Mitglieder für eine Terrororganisation – gemeint ist die PKK – zu werben, indem er öffentlichkeitswirksame Themen wie Femizide und Gewalt an Frauen benutzt. Der Verein unterstützt von Gewalt betroffene Frauen und setzt sich für Gendergerechtigkeit, Umweltschutz und eine demokratische Friedenskultur in der Gesellschaft ein. Rosa stellt nach der staatlich verordneten Schließung aller städtischen Fraueneinrichtungen im Zuge des Putschversuchs von 2016 mittlerweile die einzige Institution in Amed dar, an die Frauen sich bei Beratungs- und Unterstützungsbedarf wenden können.
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Unter den im Mai 2020 verhafteten Frauen war auch die Vereinsvorsitzende Adalet Kaya. Sie wurde nach drei Monaten wieder freigelassen. Rojda Barış wurde zu sechs Jahren Haft verurteilt, die Journalistin Nurcan Yalçın zu knapp vier Jahren, Narin Gezgör zu siebeneinhalb Jahren, Gülistan Nazlıer zu über sechs Jahren, Sevim Coşkun zu achteinhalb Jahren.
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Bei der zweiten Repressionswelle im April 2021 wurde der Verein von der Polizei aufgebrochen und durchsucht. Auf der Fahndungsliste standen 33 Frauen. Adalet Kaya, die heute erneut festgenommen wurde, erklärte damals: „Als Verein Rosa führen wir einen Kampf gegen den Femizid. Unser Widerstand richtet sich gegen jegliche Formen von Gewalt an Frauen, gegen sexualisierte Gewalt, Vergewaltigung, die sogenannte Kinderheirat, Zwangsehen. Wir kämpfen für den Erhalt der Istanbul-Konvention und dagegen, dass Frauen ihrem Recht auf Unterhaltszahlungen beraubt werden. Auch haben wir uns gegen die Reform des Strafvollzugsgesetzes zur Wehr gesetzt. All dies taucht in den Ermittlungsakten gegen uns als vermeintliche Straftat auf. Unsere nun festgenommenen Freundinnen befinden sich einzig aus dem Grund in Gewahrsam, weil sie sich an all diesen Aktivitäten beteiligt haben. Unser Verein soll auf diese Weise kriminalisiert werden.“
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