Kundgebung in Nürnberg gegen Gewalt an Frauen

In Nürnberg wurde gegen Femizide protestiert. Anlass war die Vergewaltigung einer 18-jährigen Kurdin durch einen türkischen Militär. Auch an die Toten von Hanau wurde erinnert, denn Rassismus und Gewalt gegen Frauen haben die gleichen Wurzeln.

Weltweit stehen Frauen auf gegen patriarchale Strukturen und physische und psychische Gewalt. Sie lehnen sich auf gegen die Rollen, die ihnen von Männern vorgeschrieben werden. In einer aufwühlenden Rede des Nürnberger Frauenrats Arjin ging es zunächst um die steigenden Zahlen von Frauenmorden – in Deutschland, in der Türkei, weltweit. Meist würden diese Gewalttaten als „privat“ deklariert. In den Medien ist von „Beziehungstaten“ oder „Ehrenmorden“ die Rede. Aber Frauen werden getötet, weil sie Frauen sind, so die Sprecherin. Man nennt dies Femizid und das ist nicht privat. Frauenmorde sind politisch. Sie finden statt in einer von einem Männlichkeitskult geprägten Gesellschaft und sind Ausdruck eines auf Macht und Ausbeutung basierenden Staates.

Im zweiten Teil der Rede ging die Sprecherin auf den Anlass der Kundgebung ein: die Vergewaltigung einer 18-jährigen Kurdin durch einen türkischen Unteroffizier, der das Mädchen über mehrere Tage gefangen hielt, unter Drogen setzte und missbrauchte. Ipek R. wollte danach nicht mehr weiterleben und verstarb nach einem Suizidversuch. Der Täter, Angehöriger der türkischen Armee und Mitglied der faschistischen „Grauen Wölfe“, wurde erst nach Protesten inhaftiert. Der staatliche Schutz von Sexualverbrechern ist in der Türkei an der Tagesordnung. Damit werden gewalttätige Männer weiter ermutigt, ihre Gewaltphantasien auszuleben. Sie können darauf vertrauen, dass ihnen nichts passiert.

Die Rednerin erinnerte an den geplanten Ausstieg aus der Istanbul-Konvention des Europarats gegen Gewalt an Frauen. In einem Land, das Kinderehen legalisieren und Vergewaltigungsopfer zur Heirat der Vergewaltiger zwingen will, sei dies nur ein konsequenter Schritt. Das islamo-faschistische Regime in Ankara sieht im Schutz der Frauen eine Untergrabung traditioneller Werte.

Schließlich wurde noch auf die sexuelle Gewalt als Waffe im Krieg gegen Widerstandsbewegungen eingegangen. Die Sprecherin verwies auf Sakine Cansiz, Mitbegründerin der kurdischen Arbeiterpartei PKK, die im Auftrag des türkischen Geheimdienstes mit zwei weiteren Frauen Anfang 2013 in Paris ermordet wurde. In ihrer Autobiographie beschreibt Sakine Cansiz Vergewaltigung und Erniedrigung weiblicher Gefangener als übliche Folterpraxis. Meist richtet sich die staatliche Gewalt gegen politisch aktive, starke Frauen. Wie zum Beispiel die in Efrîn verstümmelte Leiche der YPJ-Kämpferin Barîn Kobanê oder die Frauenaktivistin und Politikerin Hevrin Khalaf. Durch sexuelle Folter und „Eroberung“ der Frau als Kriegsbeute soll in faschistischen Regimen wie der Türkei Überlegenheit demonstriert werden. Die Besatzer präsentieren die Fotos ihrer Opfer als „Kriegsbeute“ und setzen auf Demoralisierung.

Diese Strategie gelingt nicht, meint der Frauenrat Arjin und ruft auf zur Organisierung: „Inspiriert von dem Vordenker für Frauenrechte, Abdullah Öcalan, bezieht die Frauenbewegung ihre Kraft aus der Solidarität und Einheit im Kampf gegen eine männerdominierte Gesellschaft. Wir fordern die Bestrafung der Täter und ein Ende der Angriffe auf uns Frauen und unserer Organisationen. Den Vergewaltigern und Mördern rufen wir zu: Euer Ende ist gekommen. Ihr werdet für jeden Übergriff, für jede Gewalttat bezahlen. Unsere Parole heißt Jin Jiyan Azadî – Frauen – Leben – Freiheit.“

Da die heute geplante zentrale Demonstration in Hanau zum Gedenken an die rassistischen Morde vor sechs Monaten verboten und stattdessen zu lokalen Aktionen aufgerufen wurde, gedachte man mit einer Schweigeminute auch der Opfer des Rechtsterrorismus in Deutschland. Ein Redner ergriff spontan das Wort: „Ob Hanau oder Kurdistan – wir stehen zusammen im Kampf gegen die menschenfeindliche Ideologie, die Hass sät, ausgrenzt und tötet. Rassismus und Gewalt gegen Frauen haben die gleichen Wurzeln. Sie sind Instrumente des Machterhalts. Unsere Stärke ist die Solidarität. Wir wollen leben in einer Welt ohne Rassismus, Sexismus, Kapitalismus und allem, was der Solidarität zwischen den Menschen entgegensteht. Lasst uns zusammenstehen im Kampf gegen Faschisten, wo immer sie sich zeigen.“