Die HDP-Abgeordnete Semra Güzel hat in Amed (türk. Diyarbakir) einen Femizid-Bericht für die ersten sieben Monate des Jahres vorgestellt. Demnach sind im Berichtszeitraum in der gesamten Türkei 155 Frauen von Männern ermordet worden. 85 weitere Frauen sind auf verdächtige Weise ums Leben gekommen.
Häusliche Gewalt und Angriffe auf die Frauenbewegung
Auf der Pressekonferenz in der HDP-Zentrale wies Semra Güzel darauf hin, dass parallel zum Anstieg der Fälle von Männergewalt gegen Frauen auch die staatlichen Angriffe auf die Frauenbewegung zugenommen haben. Während der Corona-Pandemie seien keine Maßnahmen zur Gewaltverhütung in der häuslichen Isolation getroffen worden. Gewaltstraftäter, die im Zuge der Reform des Vollzugsgesetzes ab Mitte April auf freien Fuß gesetzt worden seien, hätten nach ihrer Rückkehr in ihre Familie ihre Gewalttaten fortgesetzt. Allein in Amed sind zwei Frauen von entlassenen Straftätern ermordet worden.
Frauen werden aus dem öffentlichen Raum gedrängt
Die HDP-Politikerin unterstrich, dass Frauen unter der kommunalen Zwangsverwaltung kein Lebensraum mehr gelassen wird. Im Berichtszeitraum sind vier HDP-Bürgermeisterinnen vom Innenministerium abgesetzt worden. In allen zwangsverwalteten Städten und Kommune ist die Frauenarbeit eingestellt worden. Fraueneinrichtungen wurden geschlossen oder unter die Leitung von Männern gestellt. Laut Semra Güzel werden Frauen dadurch zum Rückzug in die Häuslichkeit gezwungen, wo sie Gewalt ausgesetzt sind.
Repression und Folter an Frauen
Parallel dazu sind zahlreiche Politikerinnen und Aktivistinnen der Frauenbewegung in Amed festgenommen und verhaftet worden. 21 Betroffene haben sich wegen Misshandlung in Polizeigewahrsam an die Menschenrechtsstiftung Türkei (TIHV) gewandt. Fünf der Frauen haben angegeben, dass sie gefoltert worden sind.
Sieben Femizide in Amed
In Amed sind in den ersten sieben Monaten des Jahres sieben Frauen von Männern ermordet worden. Neun Frauen haben auf verdächtige Weise ihr Leben verloren. Im August sind bisher zwei Fälle bekannt geworden, in denen Frauen aufgrund erlittener Gewalt stationär behandelt werden mussten. Bei einem versuchten Femizid wollte der Täter und Ehemann des Opfers die Tat als Suizid darstellen.
Istanbul-Konvention anwenden!
Semra Güzel fordert angesichts dieses Gewaltszenarios, die Repression gegen Frauenvereine und Aktivistinnen sofort einzustellen. Das System der genderparitätischen Doppelspitze soll anerkannt werden, um eine gleichberechtigte Vertretung zu ermöglichen. Außerdem müssen die Haftbedingungen im Frauengefängnis Diyarbakir verbessert werden.
Weiterhin fordert die HDP-Abgeordnete Semra Güzel die Ausweitung der Kapazitäten von Frauenschutzhäusern und die bedingungslose Anwendung der Istanbul-Konvention zur Verhütung von frauenfeindlicher Gewalt.