Vor einem Jahr sind die Internationalistinnen Anna Campbell (Hêlîn Qereçox) und Alina Sanchez (Lêgerîn Çiya), in Rojava gefallen. Die britische Aktivistin Anna Campbell starb am 15. März 2018 bei einem türkischen Luftangriff während der Verteidigung des nordsyrischen Kantons Efrîn. Alina Sanchez, eine Ärztin aus Argentinien, verunglückte zwei Tage später bei einem tödlichen Verkehrsunfall in Hesekê. Um an diese Frauen zu erinnern, hat heute in Dêrik eine Gedenkveranstaltung stattgefunden. Dutzende Internationalist*innen von der Internationalistischen Kommune und Kämpfer*innen von den YPJ und YPG International, Repräsentantinnen und Vertreterinnen des Jineolojî-Komitees und des Frauendachverbands Kongreya Star sowie etliche Bewohner*innen von Dêrik waren gekommen, um an dem Gedenken auf dem Gefallenenfriedhof „Şehîd Xebat“ teilzunehmen.
Mit ihnen in unseren Herzen für Morgen
Die Veranstaltung wurde mit einer Schweigeminute für die gefallenen Revolutionär*innen weltweit eröffnet. Anschließend wurde eine gemeinsame Erklärung verlesen. Darin hieß es:
„Şehîd Hêlîn, Şehîd Lêgerîn, Şehîd Ivana, ihre Lichter kamen von weit her aus verschiedenen Zeiten als Lichter der Freiheit, als Geschichte des Widerstandes, als Kämpfe gegen die Plünderer und Ausbeuter. Ihr Licht schien von und nach Norden, Süden, Osten, Westen. Es ist das gleiche Licht, das uns den Weg von gestern bis heute und weit in Richtung Morgen zeigt. Sie sind unsterblich, immer allgegenwärtig, zeigen den Weg auf für alle, die sie am Leben erhalten und ihren Weg als den ihren verstehen.
Denn „wir“ sind wir alle! Wir sind Hêlîn in Efrîn, wir sind Lêgerîn in Hesekê, wir sind Ivana in Til Temir. Wir sind Sara in Paris, wir sind Ronahî in Botan, wir sind Raperîn in Minbic, wir sind Viyan in Haftanîn, wir sind Toprak in Til Barak, wir sind Nalîn auf dem Qereçox, wir sind Marielle in Rio de Janeiro, wir sind Olga in Medellin, wir sind Uma in Nepal, wir sind Berta in Honduras, wir sind Farkhunda in Qabul, wir sind Ramona in Chiapas, wir sind Célestine in Burkina Faso, wir sind Phoolan in Indien, wir sind Rosa in Alabama, wir sind Sabeen in Karachi, wir sind Tuti in Saudi-Arabien, wir sind Anne in Bergen-Belsen, wir sind Audre in Harlem, wir sind Radeng in Indonesien, wir sind May in Berlin und viele mehr.
Gestern und heute und mit ihnen in unseren Herzen für Morgen!“
Im Anschluss richtete Heval Haki, ein Vertreter des Angehörigenrates der Gefallenen, einige Worte an die Anwesenden. Er hatte Alina Sanchez persönlich kennengelernt und zog eine Verbindung zu Che Guevara, der wie die YPJ-Kämpferin aus Argentinien stammte. Auch erklärte er die Verbundenheit mit den Hungerstreikenden, die wie Campbell und Sanchez ihr Leben einsetzen, um für die Menschlichkeit zu kämpfen.
Ausstrahlung der Militanten zog Anna an
Dirk Campbell, Vater von Anna Campbell, hatte eine Nachricht geschickt. Er erklärte, dass sich seine Tochter wie alle in den YPG und YPJ einen neuen Namen gegeben habe und dies verdeutliche, wie sehr sie sich mit dem Freiheitskampf verbunden fühlte. Anna habe ihrem Vater von der Ausstrahlung der Frauenkader der YPJ berichtet, die ihrer Meinung nach inneren Frieden gefunden hätten. Das, was seine Tochter erreicht habe, sei viel mehr als Schüsse auf den Feind abzugeben, so Dirk Campbell. Seine Tochter habe viele Menschen dazu bewegt, sich mit dem Kampf um Rojava zu verbinden. Sie habe sich für den demokratischen Konföderalismus eingesetzt, weil sie davon überzeugt gewesen sei, dass er eine bessere Zukunft für uns alle bedeute.
Patricia Gregorini, Mutter von Alina Sanchez, hatte ebenfalls einen Gruß geschickt: „Ich bin die Mutter von Alîna / Lêgerîn. Ich denke an sie mit großer Liebe und Achtung, wie auch an das Volk, das Alina so liebte. Ich danke dafür, dass es einen Platz für meine Tochter in seinem Herzen hat, wie sie auch in meinem Herzen ist. Ich weiß auch, dass dies ihr Erfolg war. Die drohende Gefahr, unter der ihr lebt, ist ein großer Schmerz für mich. Ich möchte mit meinen Wünschen und Gedanken bei euch sein, damit ihr die Kraft habt, damit die Freude und Liebe, die ihr habt, nicht abnimmt. Es soll Frieden und Freiheit kommen. Lasst meine Liebe bei Euch sein, an dem Ort, an dem mein Herz gepflanzt wurde.“
Hasta siempre hermanita
Ein weiterer Gruß kam von Vilma Rocío Almendra Quiguanás aus Kolombien, von dem Netzwerk Pueblos en Camino:
„Die Freiheit wird, ohne das Patriarchat zu überwinden, nicht erreicht und ohne das Patriarchat zu überwinden, werden wir auch den Staat nicht überwinden. Das ist ein Slogan des kurdischen Volkes, das uns die Mission gegeben hat, uns zu organisieren, zu sammeln, mit anderen zu interagieren und alles zu tun, was wir brauchen, um zusammenzukommen. Hasta siempre hermanita – bis zum Sieg Schwester. Wir kommen in unseren Träumen und Kämpfen zusammen!
Die Moderatorin der Veranstaltung erklärte, dass unter anderem durch Alina Sanchez eine starke Verbindung nach Argentinien aufgebaut wurde. So sei eine Mutter vom Plaza de Mayo nach Amed gereist, um Leyla Güven in ihrem Kampf für die Freiheit von Abdullah Öcalan zu unterstützen.
„Şehîd Lêgerîn hat eine Brücke gebaut, wir müssen die Isolation brechen, die uns alle trennt“, sagte sie.
Einige internationalistische Freund*innen der Gefallenen, die durch sie ermutigt wurden, nach Ŕojava zu gehen, lasen ein Gedicht für sie vor. „Eine sehr emotionale Veranstaltung für mich“, erklärte Debbie Bookchin, die ebenfalls zu der Gedenkveranstaltung gekommen war.
Im Anschluss an die Zeremonie gingen alle gemeinsam an das Grab von Alina Sanchez. Viele fuhren danach zur Akademie von YPJ International, die von Sanchez mit aufgebaut wurde, um dort gemeinsam einen Baum zu pflanzen.