Anna Campbell: Sie tat, was sie tun musste
Vor einem Jahr hat die Internationalistin Anna Campbell bei der Verteidigung von Efrîn gegen die türkische Invasion ihr Leben verloren. Freundinnen und Freunde erinnern an sie.
Vor einem Jahr hat die Internationalistin Anna Campbell bei der Verteidigung von Efrîn gegen die türkische Invasion ihr Leben verloren. Freundinnen und Freunde erinnern an sie.
Anna Campbell (Nom de Guerre: Helîn Qerecox) ist im Mai 2017 nach Rojava gegangen, um sich den Frauenverteidigungseinheiten (YPJ) anzuschließen. Vor einem Jahr, am 15. März 2018, fiel sie bei einem Angriff der türkischen Armee bei der Verteidigung von Efrîn. Sie ist mit anderen internationalistischen Gefallenen zu einem Symbol der weltweiten Beteiligung am Kampf für die Revolution in Rojava geworden.
Eine Delegation der feministischen Kampagne „Gemeinsam Kämpfen“ hat in Rojava Berîvan und Gelhat getroffen. Sie kannten Anna von früher, bevor sie nach Rojava gegangen ist. Die beiden berichten von ihrem Leben und dem Einfluss, den Anna auf sie hat.
Woher kanntet ihr Anna Campbell, wie war eure gemeinsame Geschichte und was habt ihr über Anna hier in Rojava gehört?
Berîvan: Ich habe Anna im Jahr 2011 in Calais in Frankreich kennengelernt. Wir beteiligten uns beide an der „Calais Migrant Solidarity“, einer anarchistischen Gruppe, die versuchte, solidarisch mit den Menschen ohne Papiere zu sein. Zu dieser Zeit war das für uns beide der Fokus unserer politischen Arbeit und in dieser Art von Kontext baut man sehr schnell Beziehungen zueinander auf, da es eine besonders intensive Art zu leben ist. Politisch und sozial sind wir uns also recht schnell nahegekommen.
Später in diesem Jahr waren wir beide Teil einer Gruppe, die eine Widerstandsaktion an einem Wohnwagenplatz in Großbritannien, der „Dale Farm“, durchgeführt hat. Es gab dort eine große Räumung und einen Aufruf von Solidaritätsgruppen zum Widerstand. Wir waren bis dahin nicht auf dem Wagenplatz aktiv gewesen, folgten aber dem Aufruf und waren dann insgesamt zwei Monate dort und bauten Verteidigungsstrukturen auf. Der Tag der Räumung war eine ziemliche Konfrontation. Ich denke, aufgrund unseres Alters, der Art der politischen Arbeit, die wir machten, und der Form der Aktionen war es eine ziemlich prägende Zeit. Anna und ich lebten nicht in derselben Stadt, aber unsere Beziehungen aus dieser Zeit waren weiter sehr intensiv. Wir blieben in Kontakt miteinander, darin war sie immer sehr gut. Wir schrieben uns Briefe und besuchten uns in Schottland und Bristol. Im Jahr nach der Räumung der „Dale Farm“ waren wir alle sehr viel miteinander unterwegs, besetzten Häuser in London oder Bristol. Diese Gruppe blieb gut vernetzt und ich kann gar nicht zählen, auf wie vielen Demos und Aktionen wir zusammen waren und wie viele Gebäude wir zusammen besetzten.
Der kurdischen Bewegung war ich mir seit Jahren bewusst, war ihr gegenüber jedoch immer eher ignorant. Nachdem Anna nach Rojava gegangen war, habe ich mich viel damit beschäftigt. Ich habe dann verstanden, warum sie das tat, und ihre Präsenz hier in Rojava inspirierte mich dazu, noch viel mehr über die Bewegung zu lernen. Ab dann war ich auch in Solidaritätsarbeiten in Europa involviert und besuchte Bildungsangebote der kurdischen Bewegung.
Zu der Zeit, als ich davon hörte, dass Anna nach Rojava gegangen war, hatten wir gerade nicht sehr viel Kontakt zueinander und sie hatte mir nicht gesagt, dass sie geht. Sie hatte es vielen Leuten vorher nicht gesagt, die es wohl gerne gewusst hätten. Als ich mich später selbst entschied zu gehen, bin ich daher auch sehr bewusst damit umgegangen. Ich habe gesehen, dass es viele Leute getroffen hat, es nicht zu wissen, umso mehr, nachdem Anna gefallen war. Das hat die Art, wie ich mit meiner Reise im Vorhinein umgegangen bin und mit wem ich vorher Gespräche führte, wirklich stark beeinflusst. Im Spannungsfeld zwischen Sicherheitskultur und den emotionalen Bedürfnissen meiner Umgebung habe ich die Sicherheitskultur quasi zum Fenster rausgeworfen und mich entschieden, dass die emotionalen Bedürfnisse wichtiger sind. Anna hatte mir vorher eine Nachricht mit dem Wortlaut „Ich fahre weg, ich möchte nicht über SMS darüber sprechen“ geschrieben. Ich dachte mir „Okay, da kann ich mir ein paar verschiedene Optionen vorstellen“, aber an Rojava habe ich nicht gedacht. Als ich dann hörte, wohin sie gegangen war, fingen wir an, E-Mails zu schreiben und zu telefonieren, und tatsächlich waren wir mehr im Kontakt, als sie hier in Rojava war, als im Jahr davor. Wenn etwas so Großes passiert, führt das auch zu mehr Austausch. Sie versuchte immer, mich zu überzeugen hierherzukommen. Sie erzählte mir, wie gut die politische Arbeit war, wie viel sie lernte und was sie mir alles erzählen müsse, wenn ich käme. Es gab viele Momente, in denen sie sagte: „Ich erzähle es dir, wenn du herkommst, das wird großartig.“ Ich bin sehr glücklich darüber, dass es diesen Kontakt gab, während sie hier war, denn für einige Leute war es schwerer, diesen Kontakt mit ihr zu halten. Natürlich bricht es mir ein bisschen das Herz, dass ich Anna nie wieder gesehen habe. Ich hätte sie gern noch mal gesehen.
Gelhat: Also das erste Mal, dass ich Anna traf, war 2013. Wir hatten uns durch eine gemeinsame Freundin kennengelernt. Richtig gut aber erst, als sie nach Bristol gezogen ist. Ich denke, die Nacht, in der wir eine richtige Bindung miteinander eingingen, war, als ich ein Geschenk für eine Freundin machen wollte und sie mir half, Stencils von revolutionären Frauenpersönlichkeiten zu machen. Dazu gehörten Emma Goldman, Lucy Parsons und auch Kanno Sugako, eine japanische Anarcha-Feministin. Es war schön, mehr über die revolutionären Persönlichkeiten zu lernen, die ich bereits kannte, aber auch neue kennenzulernen, von denen ich noch nie gehört hatte. Wir hatten sehr gute Gespräche darüber und von da an wurden wir sehr enge Freund*innen. Wir wohnten eine Zeit lang zusammen im selben Haus, was sehr schön war. Sie war fast wie eine große Schwester für mich. Wir entschieden, uns auch gemeinsam an denselben politischen Arbeiten zu beteiligen.
Dass ich mich in der kurdischen Bewegung engagieren wollte, war zur Zeit des Widerstands gegen den sogenannten Islamischen Staat. Also im Jahr 2014 und 2015, als die Belagerung von Kobanê und der Angriff auf Şengal stattfanden. Da fing ich an, zu Demonstrationen und Vorträgen der kurdischen Bewegung zu gehen und mehr darüber zu erfahren, wofür die Bewegung kämpft. Über die Jahre sprachen Anna und ich eine Menge darüber, nach Rojava gehen zu wollen und unseren Teil zur Bewegung beizutragen. Etwa zu dieser Zeit trafen wir uns auch mit anderen Menschen aus Bristol und entschieden, dass in Bristol mehr zur Unterstützung der Revolution in Rojava passieren sollte. Wir gründeten dort eine Solidaritätsgruppe und begannen, uns mit der kurdischen Bewegung in England zu vernetzen.
Zu dieser Zeit hatte Anna mit einem weiteren Freund, Charlie, die Entscheidung gefällt, nach Rojava zu gehen. Sie wollte sich den YPJ (Frauenverteidigungseinheiten) anschließen, Charlie ging zu den YPG (Volksverteidigungseinheiten). Natürlich wollte ich auch gehen, aber da Anna und ich in denselben Gruppen waren, wären diese zerfallen, wenn wir sie beide zur selben Zeit verlassen hätten. Also war unsere Abmachung, dass Anna gehen und ich mit meiner Abreise auf ihre Rückkehr warten würde. Es war also immer meine Intention, nach Rojava zu gehen.
Es war wirklich wunderbar über die Jahre so viel Zeit mit Anna verbracht zu haben. Es fühlt sich ein wenig seltsam an, denn ich habe mit einigen Leuten gesprochen, die in den Gesprächen mit ihr sehr besorgt um sie waren und sich fragten, ob es die richtige Entscheidung sei, und natürlich war ich auch besorgt um ihre Sicherheit, aber hauptsächlich war ich sehr glücklich für sie, ich war sehr aufgeregt. Ich sagte: „Ich bin wirklich stolz auf dich, das Einzige, was ich bedauere, ist, dass ich nicht mit dir kommen kann.“ Und ich wünschte ihr alles Gute, weil ich wusste, dass es das war, was sie tun wollte. Sie davon abzuhalten, wäre eine Lüge gewesen. Denn es war etwas, was auch ich wollte, und ich wollte sie darin unterstützen.
Als sie dann hier in Rojava war, unterhielten wir uns von Zeit zu Zeit am Telefon und sie schickte auch Fotos, zum Beispiel Fotos von Welpen, die sie auf ihren Reisen gefunden hatte. Und sie erzählte uns auch von Dingen, die sie lernte. Diese Gespräche bedeuteten mir viel und ich bin sicher, sie bedeuteten ihr auch einiges. Ebenso wie Berîvan versuchte sie auch mich zu überzeugen: „Du solltest herkommen, du solltest herkommen“, und auch ich meinte „Es gibt hier Dinge zu tun, wenn du zurückkommst, kann ich gehen“.
Könnt ihr uns etwas darüber erzählen, was Anna hier gemacht hat? Wie hat sie sich gefühlt, als sie hier ankam, wie hat sie hier gelebt, wie war ihre Arbeit hier?
Berîvan: Sie kam hierher mit dem Plan, den YPJ beizutreten, also in den militärischen Bereich zu gehen. Manchmal erwies sich das als schwierig und sie musste darauf drängen, aber sie hatte immer diesen Fokus. Sie half dabei, die internationale YPJ-Akademie aufzubauen, und spielte darin eine große Rolle. Ich konnte den Ort besuchen und ich denke, man kann sie dort wirklich spüren und wie viel sie hineingesteckt hat. Es hängt ein riesiges Foto von ihr an der Wand, das wahrscheinlich dazu beiträgt, aber ich denke, man kann sie dort auch auf einer emotionalen Ebene spüren. Sie hat einmal mit mir über die Akademie gesprochen und meinte, dass dieser Ort die Art von Bildung ist, die sie sich erträumt hatte, bevor sie hierherkam. Es gab vorher keine Struktur für internationalistische Frauen, die kämpfen wollten, und sie musste diesen Ort erst selbst aufbauen.
Es dauerte eine Weile, bis sie in die YPJ-Ausbildung kam, und sie schloss diese ab, bevor die internationale YPJ-Akademie fertiggestellt war. Ich denke, die Erfahrung dieser Ausbildung war sehr prägend und hatte viel Einfluss auf sie. Sie hatte einen starken Fokus, sie sagte, dass sie kämpfen wolle und könne. Sie war nicht mit einer besonderen Ausbildung, zum Beispiel als Ärztin, hierhergekommen und dachte, dass Kämpfen eben das war, was sie beitragen konnte. Mein Eindruck von ihr war immer, dass sie sehr wenig Angst hatte. Ich sage das nicht einmal im Sinne von mutig, sie hatte einfach keine Angst. Ich weiß nicht, ob das eine gute oder schlechte Eigenschaft ist, aber es war definitiv eine von Annas Eigenschaften, wenn es zu einer Konfrontation kam. Deswegen kann ich mir gut vorstellen, dass sie immer an dieser Haltung festhielt.
Eine Freundin von uns meinte, und ich denke, da hat sie völlig Recht, dass sie Anna nie so glücklich erlebt hat, wie sie hier war. Als wir Kontakt mit ihr aufnahmen, war sie so glücklich wie nie und es hat für sie eine Menge Sinn ergeben hier zu sein. Die Klarheit und – man könnte fast sagen – Einfachheit, mit der sie Themen wie Politik und Revolution anging, passten sehr gut zu den Arbeiten hier. Sie sagte einmal zu mir, dass sie hierhergekommen sei, um der kurdischen Bewegung zu helfen und den Kampf zu unterstützen. Dann aber hätte sie realisiert, dass es wichtiger wäre zu lernen, und so bekam Bildung bei ihr einen hohen Stellenwert.
Ich glaube, sie wäre hier für eine lange Zeit geblieben. Wir hörten immer viele Geschichten von ihr, wann sie angeblich zurückkommen würde, aber mich hat keine davon überzeugt. Ihre Rückfahrt verschob sich immer wieder: „Dann komme ich zurück“, und dann „noch ein paar Monate“, „okay, ich komme zur Buchmesse zurück“, „zum Geburtstag meines Bruders“ …, aber es gab immer noch eine weitere Arbeit zu erledigen. Also ich denke nicht, dass sie irgendwann in nächster Zeit wiedergekommen wäre.
Gelhat: Du hast vorher auch darüber gesprochen, dass Anna sehr frei von Angst war. Ich denke, das war mir auch bewusst, sogar, bevor sie nach Rojava ging. Ich war mit ihr unterwegs, als wir die Konfrontation mit Faschisten in Dover suchten, und da wurde sie ziemlich schwer verletzt. Das hat mir gezeigt, wie furchtlos sie war. Sie begab sich in den Bereich, wo die Faschisten waren, um eine andere Genossin zu schützen, damit sie nicht verletzt wird. Klar wurde sie dabei selbst verletzt, aber ich denke, es zeigt wirklich, wie furchtlos sie war. Sie ging direkt da rein und tat, was sie tun musste.
Und was habt ihr über ihren Tod gehört? Wie hat sie ihr Leben verloren?
Berîvan: Es gab eine Version mit den Details der Umstände, die sich dann verändert haben, sodass wir jetzt mit unserem Wissen so nah wie eben möglich an der Realität dran sind. Natürlich handelt es sich hier um einen Krieg und die Verhältnisse sind verwirrend. Erst hieß es, sie sei Teil eines Konvois gewesen. Aber jetzt wissen wir, dass sie sich wohl mit drei weiteren Kämpferinnen in einer Verteidigungsstellung in Efrîn befand. Es gab einen Drohnenangriff. Später gab es einen weiteren Luftschlag, bei dem weitere drei Menschen ihr Leben verloren und ein Mensch verletzt wurde.
Wie waren denn im Allgemeinen die Reaktionen der Leute um euch herum, als sie hörten, dass Anna ihr Leben verloren hat?
Berîvan: Ich denke, es gab viele verschiedene Annäherungen an Annas Tod. Es gibt ihre engen Freundinnen und Freunde, von denen ich viele kenne. Es gibt auch die Freund*innen von früher, Freund*innen aus Bristol und ihre Familie. Dann gibt es die Menschen, die nicht wussten, dass sie dort war, bis sie hörten, dass sie gefallen war. Es gibt Leute, die sie von früher kannte, die es erst über die Nachrichten erfuhren. Mit diesen Menschen hatte sie seit Jahren keinen Kontakt, aber es gab trotzdem noch eine Verbindung, und dass sie es über die Nachrichten erfuhren, halte ich für sehr schwierig. Es gab eine wunderbare Vielfalt an Reaktionen aus diesen Gruppen und ein kollektives Gefühl, eine politische Persönlichkeit und ein politisches Wesen verloren zu haben. Ich denke, es war wirklich beeindruckend, was alles geschrieben und geteilt wurde.
Es war ein großes Thema in den Medien. Zwar nur für eine kurze Zeit, aber dafür sehr groß. Was das angeht, fühle ich mich hin- und hergerissen. Es war gut, dass das Thema eine höhere Relevanz bekam. Allerdings denke ich, dass die Gründe dafür, dass das Thema in den Medien so viel Platz einnahm, nicht immer die besten waren. Dahinter standen vielmehr patriarchale, imperialistische Haltungen. „Schau dir ihr Gesicht an, das macht deine Zeitung zum Verkaufshit.“ Das ist wirklich ekelhaft.
Wichtig war aber, dass die Menschen zusammengekommen sind. Es war uns wichtig, uns zu treffen. Menschen kamen dafür aus Schweden, aus Frankreich, aus allen Teilen Großbritanniens und wir haben uns wirklich darauf fokussiert, gut miteinander umzugehen. Ich glaube, dass diese Phase der Trauer eine intensive Form hatte, die auch wieder verfliegen wird, und Menschen werden wieder ihre eigenen Wege gehen. Trotzdem hat sehr viel Kraftvolles in dieser Zeit stattgefunden. Das habe ich wirklich gespürt.
Gelhat: Glücklicherweise habe ich von einer sehr engen Freundin erfahren, was mit Anna passiert ist. Die Nachricht über ihren Tod hatte sich sehr schnell durch die sozialen Medien verbreitet und viele Menschen mussten es leider auf diesem Weg erfahren. Es ist wirklich niederschmetternd, über die Medien zu erfahren, dass jemand, den du kennst, für den du etwas empfunden hast, getötet wurde.
Als ich davon erfuhr, dass Anna gefallen war, war für mich klar, dass es für mich jetzt nur Kurdistan geben konnte. Ich war von da an sehr fokussiert auf diese Reise. Wenn jemand sein Leben für einen Zweck wie diesen gibt, muss daran etwas sehr richtig sein. Niemand geht ein so großes Risiko ein, wenn es das nicht wirklich wert ist. Und ich wollte wissen, was es so wertvoll macht, dass Anna dafür bereit war, ihr Leben zu geben. Ich wollte ein Teil davon sein, so viel darüber lernen wie möglich und den Geist dessen, wofür sie kämpfte, am Leben erhalten.
Wollt ihr noch etwas hinzufügen?
Berîvan: Ja, ich wollte zu dem, was du, Gelhat, gerade sagtest, noch etwas hinzufügen. Menschen haben auf viele verschiedene Arten reagiert, aber etwas, das für mich sehr wichtig war, ist etwas, was ich vor Kurzem in mein Tagebuch geschrieben habe. Manche Menschen würden über mich sagen, dass ich nie abschalten kann und immer an die wichtigen Dinge denken muss. Doch ich denke, für mich ist es ab jetzt nicht mehr möglich diese Momente zu erleben, in denen man resigniert und denkt „Was soll ich schon machen, ich gebe auf“, diese Art von politischer Frustration. Das ist einfach nicht mehr möglich, seitdem jemand, der mir nahestand, gefallen ist. Damit will ich nicht sagen, dass es alle anderen auch auf diese Art und Weise beeinflusst hat, und ich meine damit auch nicht nur Kurdistan oder hier zu sein. Aber im Kampf für Veränderung insgesamt spüre ich diesen Antrieb, der jetzt kraftvoller und konstanter ist als vorher. Und ich weiß, dass so weit in meinem Leben gekommen zu sein, ohne einen engen Freund oder eine Freundin an den Kampf verloren zu haben, ein Zeichen dafür ist, wo ich herkomme. Für so viele Menschen hier ist es normal, Menschen im Kampf verloren zu haben. Ich wusste das natürlich, aber trotzdem war es für mich eine Veränderung.
Gelhat: Ich denke außerdem, dass es wirklich gut war, dass die kurdischen Genossinnen und Genossen hier und in England so viel ihrer Zeit darin investierten, denen zu helfen, die ihre Liebsten verloren hatten. Dafür kann ich ihnen gar nicht genug danken. Das war wirklich wunderschön. Das gibt mir eine Menge Hoffnung und ich fühle mich hier sehr zuhause.
Das ausführliche Interview findet sich unter gemeinsamkaempfen.blogsport.eu