Ayşe Gökkan zu dreißig Jahren Gefängnis verurteilt

Die kurdische Politikerin, Journalistin und Feministin Ayşe Gökkan ist in Amed zu dreißig Jahren Gefängnis verurteilt worden. Die Frauenbewegung TJA erklärt, dass auch dieses Urteil den Frauenbefreiungskampf nicht aufhalten kann.

Die kurdische Politikerin Ayşe Gökkan ist in Amed (tr. Diyarbakir) zu einer Freiheitsstrafe von dreißig Jahren verurteilt worden. Die Sprecherin der Bewegung freier Frauen (Tevgera Jinên Azad, TJA) soll nach Auffassung des Gerichts eine Führungsposition in einer terroristischen Organisation innehaben – gemeint ist die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK).

Ayşe Gökkan ist seit Ende Januar im Gefängnis, nachdem in einem der über 200 Prozesse gegen sie (mindestens 167 davon Einzelverfahren) Haftbefehl erlassen wurde. Es ist nicht ihre erste Inhaftierung, zuletzt saß sie 2017 fünf Monate lang in Untersuchungshaft. Dutzende Male wurde sie zudem in Polizeigewahrsam genommen.

Die Verhandlung vor der 9. Strafkammer Diyarbakir wurde von zahlreichen Frauen beobachtet, darunter auch die HDP-Abgeordneten Remziye Tosun und Nuran Imir. Beim Betreten des Gerichtssaals begrüßte die Angeklagte die Prozessbeobachterinnen mit einem Victory-Zeichen.

Saliha Aydeniz, Ko-Vorsitzende der HDP-Schwesterpartei DBP, mit Unterstützerinnen vor dem Gericht

Nach der Urteilsverkündung gaben die Prozessbeobachterinnen vor dem Gerichtsgebäude eine Erklärung ab, in der sie das Urteil als Versuch bewerteten, die Frauenbewegung zum Schweigen zu bringen. Dieser Versuch werde misslingen, der Frauenbefreiungskampf werde ohne Unterbrechung fortgesetzt, erklärte die DBP-Vorsitzende Saliha Aydeniz und bedankte sich bei den Feministinnen, die zur Unterstützung aus verschiedenen Städten in der Türkei zum Prozess angereist waren.

Ayşe Gökkan: Journalistin, Bürgermeisterin, Feministin

Ayşe Gökkan ist 1965 in Pirsûs (Suruç) geboren und hat Journalismus studiert. Sie ist bereits über 80 Mal festgenommen worden, die Ermittlungsverfahren gegen sie stützten sich in der Regel auf sogenannte Terrorvorwürfe. 2009 wurde Gökkan mit 83 Prozent der Stimmen zur Bürgermeisterin der Kreisstadt Nisêbîn (Nusaybin) gewählt. Die meisten Ermittlungsverfahren gegen sie fallen in ihre Amtszeit. Zur Sprecherin der TJA wurde Gökkan im Februar 2020 gewählt. Im Dezember desselben Jahres wurde sie in Mêrdîn (Mardin) zu achtzehn Monaten Haft verurteilt worden. In dem Verfahren wurde sie beschuldigt, sich in militärischem Sperrgebiet aufgehalten und Sachschäden verursacht zu haben. Der Vorwurf geht auf eine Aktion des zivilen Gehorsams im Oktober 2013 zurück. Zu dem Zeitpunkt war Gökkan Bürgermeisterin von Nisêbîn und protestierte mit einem Hungerstreik an der Grenze nach Syrien gegen den Bau einer Mauer.