Urteilsverkündung im Kobanê-Prozess verschoben

Im sogenannten Kobanê-Verfahren in Ankara wird am Mittwoch eine Haftprüfung stattfinden, die Urteilsverkündung ist verschoben worden. Die DEM-Partei fordert die Freilassung der 18 inhaftierten Angeklagten.

Politisches Mammutverfahren in der Türkei

Die für Mittwoch erwartete Urteilsverkündung im sogenannten Kobanê-Verfahren ist verschoben worden. Das teilten die rechtspolitischen Sprecher:innen der DEM-Partei, Sevda Çelik Özbingöl und Öztürk Türkdoğan, heute auf einer Pressekonferenz in Ankara mit. An der Pressekonferenz in der DEM-Zentrale nahmen auch der HDP-Ko-Vorsitzende Cahit Kırkazak und die Verteidigerinnen Şevin Kaya und Çiğdem Kozan teil.

Sevda Çelik Özbingöl erklärte, die türkische Regierung verfolge mit dem Kobanê-Prozess politische Ziele und habe die Justiz instrumentalisiert. Öztürk Türkdoğan sagte, das Gericht habe mitgeteilt, dass es Zeit für das Urteil brauche und das Urteil nicht in der morgigen Verhandlung verkündet werde. „Es wird jedoch eine Haftprüfung stattfinden. Das ist eine gesetzlich vorgeschriebene Überprüfung. Unser Aufruf an die Öffentlichkeit bleibt bestehen: Wir werden morgen um 10 Uhr vor dem Verhandlungssaal im Sincan-Campus zusammen mit befreundeten Organisationen eine Erklärung abgeben. Wir erwarten, dass unsere Freundinnen und Freunde morgen freigelassen werden und die Türkei auf den Weg der Rechtsstaatlichkeit zurückkehrt.“

Politischer Schauprozess

Angeklagt sind insgesamt 108 Persönlichkeiten aus Politik, Zivilgesellschaft und kurdischer Befreiungsbewegung, darunter der gesamte ehemalige Vorstand der DEM-Vorgängerpartei HDP. Ihnen wird Mord in Dutzenden Fällen sowie „Aufwiegelung zum Aufstand“ und „Spaltung der Einheit und Integrität des Landes“ im Zusammenhang mit Protesten zwischen dem 6. und 8. Oktober 2014 gegen den Angriff der islamistischen Terrororganisation IS auf Kobanê vorgeworfen. Die Anklage stützt sich auf eine von der HDP am 6. Oktober 2014 gepostete Twitter-Nachricht. Darin wurde zu demokratischen Protesten in Solidarität mit der Bevölkerung von Kobanê in Nordsyrien aufgerufen. Die Generalstaatsanwaltschaft fordert erschwerte lebenslange Haftstrafen ohne Aussicht auf Entlassung.

Seit über sieben Jahren in Untersuchungshaft

Viele der Angeklagten sind seit November 2016 im Gefängnis. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) stuft ihre Verhaftung als politisch motiviert ein und hat mehrmals ihre Freilassung angeordnet. Das Ministerkomitee des Europarates hat zuletzt im März die Freilassung der ehemaligen HDP-Abgeordneten gefordert. Die Türkei ignoriert diese Entscheidungen.

Bei den inhaftierten Angeklagten handelt es sich um die ehemaligen HDP-Vorsitzenden Selahattin Demirtaş und Figen Yüksekdağ sowie um Gültan Kışanak, Sebahat Tuncel, Alp Altınörs, Ayka Akat Ata, Ali Ürküt, Ayşe Yağcı, Bülent Barmaksız, Dilek Yağcı, Günay Kubilay, İsmail Şengül, Meryem Adıbelli, Nazmi Gür, Pervin Oduncu, Zeynep Karaman, Aynur Aşan und Zeynep Ölbeci.