Koçer: „Wir müssen unsere Revolution schützen“

Hesen Koçer unterstrich angesichts der Regimeangriffe in Deir ez-Zor die Dialogbereitschaft der Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien und betonte gleichzeitig die Bereitschaft zu „harten Reaktionen“.

Legitime Selbstverteidigung

Das Assad-Regime und seine Söldnergruppen haben nach einer Annäherung an die Türkei eine Front gegen die Selbstverwaltung in Deir ez-Zor eröffnet. Bei Massakern kamen Dutzende Zivilist:innen ums Leben, die Angriffe konnten jedoch von den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) zurückgeschlagen werden. Im ANF-Gespräch äußerte sich der stellvertretende Ko-Vorsitzende des Exekutivrates der Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien, Hesen Koçer, zu den Perspektiven der Selbstverwaltung auf die Aggression und erklärte: „Wir haben keinen Krieg mit Damaskus begonnen. Aber wenn es zu einem weiteren Angriff kommt, dann werden wir diesen noch härter erwidern.“

Angriffe zielen auf arabisch-kurdische Einheit ab“

Koçer wies darauf hin, dass die Angriffe des syrischen Regimes in Kollaboration mit der Türkei und regionalen Kräften stattgefunden hätten und auf die arabisch-kurdische Einheit abzielten. Er erklärte: „Wir müssen unsere Revolution, die Völker, unser demokratisches System und unsere Errungenschaften schützen.“ Er gab an, die Angriffe der Söldnergruppen des Regimes würden direkt von Damaskus koordiniert und fuhr fort: „Bei diesen Angriffen wurden Zivilistinnen und Zivilisten massakriert. Viele Häuser der Zivilbevölkerung wurden zerstört und ziviles Gelände beschädigt.“

Der türkische Staat will, dass die Angriffe weitergehen“

Koçer stellte fest, dass der türkische Staat ein Fortdauern der Angriffe wolle. Das Ziel sei die Vernichtung der Selbstverwaltung. Dazu habe die Türkei eine diplomatische Offensive nach Damaskus gestartet. Koçer weiter: „Diese Angriffe dienen also den Interessen des türkischen Staates. Die Angriffe auf Deir ez-Zor beweisen, dass das Regime in Damaskus nicht im Dienste der Völker Syriens steht. Es dient dem türkischen Staat und anderen ausländischen Mächten. Diese Entwicklung trägt nur dazu bei, die Syrienkrise zu vertiefen und das Chaos in Syrien noch weiter zu vergrößern. Das ist das Hauptziel.“

Es geht um die Vernichtung der Errungenschaften des kurdischen Volkes“

Gleichzeitig zur Annäherung der Türkei an das syrische Regime hat Ankara auch ein Abkommen zum gemeinsamen Vorgehen gegen die kurdische Freiheitsbewegung mit der irakischen Regierung geschlossen. Koçer sieht darin eine Strategie mit dem Ziel der Vernichtung aller Errungenschaften des kurdischen Volkes und der Völker der Region. Es gehe aber nicht nur um die Kurd:innen. Der Politiker führte aus: „Der türkische Staat zielt auf alle Völker der Region. Er versucht, den osmanischen Traum zu verwirklichen. Er will die ehemaligen Gebiete des Osmanischen Reichs wieder unter seine Kontrolle bringen. Dazu wurden Hunderte Militärstützpunkte im Irak errichtet und viele Städte und Regionen in Syrien besetzt. Auf diese Weise versucht der türkische Staat, seine Herrschaft über die Region zu etablieren. Daher sollten sich beide Staaten, der Irak und Syrien, von solchen Bündnissen fernhalten. Leider wird aktuell versucht, die Errungenschaften in Südkurdistan und Rojava durch solche Allianzen zu zerstören.“

Unser Hauptziel ist die Verteidigung unserer Errungenschaften“

Koçer unterstrich die Bedeutung einer gemeinsamen Haltung und Positionierung der Kurd:innen: „Denn die Gegenseite bildet eine Allianz zur Zerstörung, zum Völkermord und zur Liquidierung eines Volkes. Bei den Angriffen auf Rojava geht es nicht um eine Partei oder etwas anderes, sondern darum, die demokratischen Kräfte, das demokratische Modell der Völker, die Errungenschaften und die Einheit der Völker zu vernichten. Das ist die Politik des türkischen Staates. Auch die jüngsten Angriffe auf Deir ez-Zor sind nicht losgelöst von dieser Politik zu betrachten. Angesichts dieser Angriffe ist insbesondere die Haltung des arabischen Volkes sehr bedeutsam. Die Tatsache, dass auch die Kurden den Menschen in Deir ez-Zor beigestanden haben, ist ein sehr gutes Beispiel für die Einheit zwischen den Völkern. Als Selbstverwaltung ist es unser Hauptziel, unsere Errungenschaften zu schützen. In den vergangenen zwölf Jahren konnte uns niemand unsere mit großen Opfern erkämpften Errungenschaften wegnehmen. Wir werden in Einigkeit unseren Kampf fortsetzen. In dieser Situation muss sich die kurdisch-arabische Einheit noch stärker entwickeln. Das Bündnis des türkischen Staates mit einigen arabischen Staaten ist ein Angriff auf die kurdisch-arabische Einheit und das Zusammenleben. Das muss verstanden werden.“

Wir wollen eine politische Lösung im Dialog“

Koçer schloss mit der Feststellung: „Was wir in Deir ez-Zor gemacht haben, ist legitime Selbstverteidigung. Wir haben uns selbst verteidigt. Es war die Regierung in Damaskus, die die Zivilisten angegriffen und ermordet hat. Wir greifen niemanden an, es sei denn, wir werden angegriffen. Wir müssen unser Volk, unser demokratisches System und unsere Errungenschaften schützen. Wenn der militärische Weg als Lösung bevorzugt wird, wird das für Syrien schlimmere Folgen haben. Der Hauptgrund für die seit zwölf Jahren andauernde Krise ist, dass der militärische Weg immer noch im Mittelpunkt steht. Es gibt keine Diskussion, keinen Dialog. Wir, die Selbstverwaltung, wollen einen politischen Dialog. Wir wollen die Souveränität Syriens schützen und die Syrienfrage gemeinsam mit allen Komponenten der Gesellschaften Syriens lösen. Wir wollen nicht kämpfen, aber wenn es zu einem Angriff kommt, werden wir härter reagieren. Wir haben keinen Krieg mit der Regierung in Damaskus. Wenn wir aber wieder angegriffen werden, werden wir nicht zögern zu reagieren. Wir müssen unsere Revolution schützen.“