Die Koordination der KJK (Gemeinschaft der Frauen Kurdistans) hat sich in einer schriftlichen Erklärung zum Tod von hungerstreikenden Mitgliedern der Musikgruppe Grup Yorum und der Situation von politischen Gefangenen geäußert.
In der Erklärung heißt es:
„In einer Zeit, in der sich die ganze Welt um die Gesundheit der Menschheit bemüht und die Corona-Pandemie einzudämmen versucht, verschärft das AKP/MHP-Regime seine Unterdrückungspolitik. Diese faschistische Regierung betrachtet die Pandemie als eine Gnade Gottes und verbietet das Singen von Liedern und das freie und kreative Ausleben von Kunst. Die Mitglieder von Grup Yorum haben ihr Leben eingesetzt, um unter demokratischen Bedingungen in ihrem Land Musik machen zu können. Nirgendwo auf der Welt wird es als so gefährlich betrachtet, Lieder zu singen, Gedichte aufzusagen und Texte zu schreiben. Nirgendwo stehen Musiker und Autoren unter so großem Druck. Nur in dem faschistischen Regime der Republik Türkei muss man sein Leben aufs Spiel setzen, um ungehindert singen und tanzen zu können. Dafür haben Helin, Mustafa und Ibrahim ihr Leben gegeben. Sie waren drei freiheitsliebende Menschen, die sich auf demokratische Weise gegen die Zensur und Verbote des AKP/MHP-Regimes gewehrt haben. Sie haben sich gegen die Politik zur Wehr gesetzt, mit der sie zum Schweigen gebracht werden sollten, und sich der Karawane der Gefallenen angeschlossen. Ibrahim Gökçek hat als Musiker und Mitglied von Grup Yorum nicht auf seine organisierte Identität verzichtet und dafür jeden Preis ins Auge gefasst. Er hat in Würde unter faschistischen Bedingungen Musik gemacht. Wir gedenken Ibrahim Gökçek, Helin Bölek und Mustafa Koçak in tiefem Respekt und geben unser Wort, dass wir die Erinnerung an sie mit einem freiem Kurdistan und einer demokratischen Türkei krönen werden.
Die Gefangenen, die mit denselben Forderungen in einen Hungerstreik getreten sind, befinden sich inzwischen in einem kritischen Zustand. Sie haben angekündigt, ihre Aktion auf eine höhere Ebene zu verlagern. Um ihren Tod zu verhindern und ihre gerechten Forderungen durchzusetzen, müssen die Öffentlichkeit und die Bevölkerung auf demokratische Weise reagieren und dafür sorgen, dass der Hungerstreik beendet werden kann.
Kampagne für die Freilassung politischer Gefangener
Das Coronavirus stellt vor allem in den Gefängnissen eine konkrete Gefahr dar. Viele politische Gefangene haben sich bereits infiziert. Wir haben es in der Türkei mit einer rachsüchtigen Justiz zu tun, die Gewalttäter gegen Frauen, Mafiabosse und die gesellschaftliche Ethik verletzende Personen freilässt, während ein Mensch wie Sabri Kaya, der inzwischen zwanzig Mal auf die Intensivstation eingeliefert werden musste, weiter im Gefängnis bleibt. Gesetze werden im Ein-Mann-Regime der Türkei als Lippenbekenntnisse des Faschistenchefs Erdogan nur in ausgrenzender und diskriminierender Form umgesetzt. Aus diesem Grund sind Zehntausende politische Gefangene zu einem Leben unter tödlichen Bedingungen verurteilt.
Nach der bewusst zugelassenen Ausbreitung des Coronavirus in den Haftanstalten werden politische Gefangene unter dem Vorwand der Quarantäne isoliert. Eine gesundheitliche Versorgung findet nicht statt, sogar die Versorgung mit Lebensmitteln und die Unterbringung bleiben prekär.
Vor diesem Hintergrund sollten die Angehörigen der Zehntausenden politischen Gefangenen eine weltweite Kampagne für ihre Freilassung organisieren, in die politische und Menschenrechtsorganisationen von Kurdistan über Palästina, von Europa bis Asien einbezogen werden. Dafür müssen Juristinnen und Juristen, Menschenrechtsorganisationen, politische Parteien, zivilgesellschaftliche Organisationen und Intellektuelle die Initiative ergreifen. Die Angehörigen der Gefangenen dürfen dabei nicht allein gelassen werden.
Aufklärung über den Zustand von Zeynab Jalalian fordern
Aus dem Iran kommen Berichte, dass politische Gefangene als Strafmaßnahme gezielt in Haftanstalten verlegt werden, in denen wegen Prostitution, Drogenhandel und anderen Straftaten inhaftierte Personen untergebracht sind. Möglicherweise ist auch Zeynab Jalalian in diesem Zusammenhang verschleppt worden. In einem kurzen Telefongespräch mit ihren Angehörigen hat sie davon berichtet, dass sie über mehrere Gefängnisse in Richtung Teheran gebracht wird. Im Moment ist nicht bekannt, wo sie sich aufhält und wie es ihr gesundheitlich geht. Aus diesem Grund sind ihre Familie und die kurdische Öffentlichkeit in großer Sorge. Es muss sofort mitgeteilt werden, wohin sie gebracht worden ist und wie ihr Gesundheitszustand ist.
Es muss umgehend Druck aufgebaut werden und organisierter Protest stattfinden, damit die politischen Gefangenen im Iran, in der Türkei und auf der ganzen Welt freigelassen werden.“