Vor elf Jahren wurden die kurdischen Revolutionärinnen Sakine Cansız, Fidan Doğan und Leyla Şaylemez vom türkischen Geheimdienst MIT in Paris ermordet. Bis heute ist niemand für den Dreifachmord bestraft worden. Am Samstag findet in der europäischen Hauptstadt eine europaweite Demonstration statt, zu der neben der Kurdischen Frauenbewegung in Europa (TJK-E) auch der Europaverband KCDK-E aufruft.
Die PKK-Mitbegründerin Sakine Cansız (Sara), die Pariser KNK-Vertreterin Fidan Doğan (Rojbîn) und die Jugendaktivistin Leyla Şaylemez (Ronahî) wurden im Kurdistan-Informationsbüro mit jeweils drei Kopfschüssen ermordet. Dass es sich um einen Auftragsmord des MIT handelte, ist durch Dokumente, Tonaufnahmen und Zeugenaussagen belegt worden. Der französische Inlandsgeheimdienst (DGSI) behandelt den Fall als Staatsgeheimnis und blockiert die Herausgabe von Informationen. Der nach dem Anschlag verhaftete Auftragsmörder Ömer Güney starb kurz vor Prozessbeginn im Dezember 2016 unter verdächtigen Umständen im Gefängnis.
Kurdische Organisationen haben die französischen Behörden wiederholt gewarnt, dass weitere Anschläge möglich sind, wenn die Auftraggeber des Anschlags und ihre Komplizen nicht bestraft werden. Zehn Jahre später, am 23. Dezember 2022, wurden Evîn Goyî (Emine Kara), Mîr Perwer (Mehmet Şirin Aydın) und Abdurrahman Kızıl vor dem kurdischen Kulturzentrum „Ahmet Kaya“ erschossen, in unmittelbarer Nähe vom Kurdistan-Informationsbüro.
Frankreich schützt den türkischen Staat
Der KCDK-E sieht Frankreich in der Verantwortung, beide Anschläge juristisch und politisch aufzuklären und die Täter und ihre Hintermänner zu bestrafen. „Obwohl seit der Ermordung der drei kurdischen Revolutionärinnen Sakine Cansız, Fidan Doğan und Leyla Şaylemez am 9. Januar 2013 in Paris durch den türkischen MIT elf Jahre vergangen sind, geht unsere Suche nach Gerechtigkeit weiter“, erklärt der kurdische Europaverband, „Es wird weiterhin versucht, diesen geplanten Mord zu vertuschen. Nach diesem Massaker im Zentrum von Paris wiesen alle von der französischen Staatsanwaltschaft durchgeführten Ermittlungen eindeutig auf den MIT und Ankara hin. Die Ermittlungen wurden vom französischen Staat bis heute bewusst in die Länge gezogen und nicht zu Ende geführt.“
Mit seiner Entscheidung, die türkische Staatsführung zu schützen und nicht anzuklagen, habe der französische Staat den zweiten Anschlag auf eine kurdische Einrichtung in Paris ermöglicht, so der KCDK. Die kurdische Community in Europa setze sich beharrlich für Aufklärung ein, „um sicherzustellen, dass die Mörder nicht ungestraft bleiben und dass alle Kräfte, die hinter diesem Werk stehen, aufgedeckt werden. Wir werden nicht zulassen, dass diese vom diktatorischen Erdogan-Regime verübten Massaker ungerichtet und ungesühnt bleiben“.
Der KCDK-E fordert eine Entschuldigung der französischen Regierung bei den Angehörigen der Todesopfer beider Anschläge und betont, dass sich die Morde eindeutig gegen den kurdischen Freiheitskampf und insbesondere gegen die Frauenbewegung richteten.