Beim Treffen des Rates der Sozialistischen Internationale (SI), das derzeit in einem Hotel im Istanbuler Stadtteil Beşiktaş stattfindet, steht die Verteidigung demokratischer Werte gegen autoritäre Tendenzen weltweit im Zentrum. Neben zahlreichen internationalen Delegationen nehmen auch die Vorsitzenden der DEM-Partei und der CHP, Tülay Hatimoğulları und Özgür Özel, sowie der spanische Premierminister Pedro Sánchez teil.
Hatimoğulları: „Globale Krisen erfordern eine globale Friedensbewegung“
In ihrer Rede erinnerte Tülay Hatimoğulları zunächst an den kürzlich verstorbenen Filmemacher und DEM-Abgeordneten Sırrı Süreyya Önder, den sie als Symbolfigur der Friedensbewegung in der Türkei würdigte. Sie verurteilte die zunehmende Gewalt in Syrien, Palästina und der gesamten Region und warnte vor einer Legitimierung radikal-islamistischer Kräfte unter dem Etikett des „moderaten Islam“. Besonders deutlich kritisierte sie das Leid der Frauen und religiösen Minderheiten in Syrien sowie die Angriffe Israels auf Gaza: „Was in Palästina geschieht, ist ein Menschheitsverbrechen. Wir dürfen dazu nicht schweigen.“
Hatimoğulları übermittelte zudem die Friedensbotschaft des kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan vom 27. Februar, in der dieser eine demokratische Lösung der kurdischen Frage und eine umfassende Demokratisierung der Türkei fordert – im nationalen wie internationalen Kontext. „Diese Botschaft ist nicht nur eine an die Türkei, sondern ein Aufruf zur strukturellen Transformation aus internationalistischer, sozialistischer Perspektive“, erklärte Hatimoğulları. Sie warb für den Aufbau eines „globalen Friedensblocks“, in dem Solidarität, Gleichheit und Völkerverständigung im Zentrum stehen – von Kurdistan über Palästina bis in die Ukraine und den Kongo.
Pedro Sánchez: „Demokratie ist in Gefahr – aber wir werden gewinnen“
Der spanische Regierungschef Pedro Sánchez betonte in seiner Rede die wachsende Bedrohung durch rechtspopulistische und autoritäre Bewegungen weltweit: „Wir erleben eine Wiederkehr des Militarismus, eine Erosion der Demokratie und die gezielte Rücknahme sozialer Errungenschaften – von Frauenrechten bis hin zu gleichgeschlechtlicher Ehe. Das dürfen wir nicht hinnehmen.“
Sánchez plädierte für eine Erneuerung des demokratischen Sozialismus, verwies auf bevorstehende internationale Herausforderungen und rief zum Aufbau neuer globaler Bündnisse auf: „Unsere Werte – Gleichheit, Gerechtigkeit, soziale Sicherheit – sind unsere Stärke. Wir müssen sie erneuern und mit voller Entschlossenheit verteidigen. Unsere Antwort auf den Autoritarismus heißt: Kooperation statt Isolation, Brücken bauen statt Mauern errichten.“

Zur Lage in Gaza forderte Sánchez ein Ende der israelischen Angriffe und die sofortige Aufhebung der Blockade: „Palästinenser aus ihren Häusern zu vertreiben ist ein Bruch des Völkerrechts. Wir können nicht länger schweigen.“
Özgür Özel: „Autoritäre Welle erfasst auch die Türkei“
Der Vorsitzende der größten Oppositionspartei der Türkei, Özgür Özel, kritisierte die zunehmenden Angriffe auf demokratische Institutionen im eigenen Land. So sei etwa dem Bürgermeister von Istanbul durch politische Intervention der Universitätsabschluss aberkannt worden – eine Maßnahme, die er als Teil eines größeren autoritären Kurses deutete.
Mit Blick auf den Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan sagte Özel: „Wenn ich ihm ein Schutzamulett anstecken könnte, dann wäre es für den Schutz der Istanbul-Konvention gewesen – aber dafür ist es zu spät. Er hat sie geopfert, um die Unterstützung frauenfeindlicher Kreise zu gewinnen.“ Özel rief zu einem demokratischen Wandel auf, der nicht durch neue Autorität, sondern durch eine Bewegung „mit dem Volk und für das Volk“ erreicht werden solle.
Gemeinsamer Nenner: Globale Solidarität gegen autoritären Rückschritt
Trotz unterschiedlicher Schwerpunkte vereinten die Redner:innen die Forderung nach einer erneuerten globalen linken Zusammenarbeit. Die Antwort auf Krieg, Ungleichheit und autoritäre Tendenzen sei nicht Rückzug, sondern eine solidarisch geführte globale Offensive für Frieden, Gerechtigkeit und Demokratie.