Etwa 1.000 Menschen haben sich am Samstag in Kassel an einer Demonstration gegen Militarisierung, Aufrüstung und Waffenexporte beteiligt. Aufgerufen zu dem Protest unter dem Motto „Kassel entwaffnen ist (k)eine Kunst“ hatte „Rheinmetall Entwaffnen“. Das Bündnis richtet sich gegen Waffenlieferungen von Rheinmetall und weiteren Rüstungskonzernen und veranstaltet seit Dienstag ein antimilitaristisches Protestcamp in der Kasseler Goetheanlage, das noch bis Sonntag geht. Die Demonstration war der Höhepunkt der diesjährigen Aktionstage.
Der Aufzug startete am frühen Nachmittag am Bahnhofsvorplatz in Kassel, der schon weit vor Beginn gut gefüllt war. Hunderte Menschen aus verschiedensten Organisationen und Bewegungen aus mehreren Ländern verwiesen bei der Auftaktkundgebung auf die Verbrechen in vielerlei Ländern, die mit Waffen aus Kasseler Produktion begangen werden. Dabei wurden unter anderem die Schicksale vieler Menschen im globalen Süden dargestellt und auch die Drohnenmorde und Giftgasangriffe des türkischen Staates in verschiedenen Teilen Kurdistans thematisiert, die im Jahr 2022 eines der perfidesten Beispiele geben, wie Menschenrechte mit Hilfe deutscher Waffen mit Füßen getreten werden.
Die Demonstration führte dann vom Hauptbahnhof über das Gelände der documenta15 zum Friedrichsplatz. Die Ausstellung war auch Anlass für „Rheinmetall Entwaffnen“, seine Zelte in Kassel aufzuschlagen und die örtliche Rüstungsindustrie abzurüsten, „denn Krieg beginnt hier“, so das Bündnis. Angeführt wurde der Aufzug von einem FLINTA*-Block. „Unsere feministische Antwort auf Krieg und Patriarchat ist Aufwiegelung und Verrat“, war auf dem Fronttransparent zu lesen. Andere Teilnehmende trugen Plakate mit Aufschriften wie „Militarisierung ist keine Solidarität – Gegen alle Grenzen, Imperien und Kriege“, „Nein zum 100-Milliarden-Euro-Aufrüstungsprogramm“ oder „Diplomatie statt Kriegsbündnis“.
Bereits zu Beginn der Demonstration war rund um den Aufzug ein großes Polizeiaufgebot zu sehen, das im Verlauf der Aktion mehrere Male einzelne Blöcke angriff. Wie es in einem Beitrag aus dem Lautsprecherwagen hieß, sei dieses Verhalten der Polizei im Zusammenhang mit der gestrigen Blockade zu sehen, „bei der die Polizei trotz massivem Einsatz von Pfefferspray nicht in der Lage war, die Blockaden an mehreren Orten zu brechen und damit den geplanten Schichtbeginn um 6 Uhr mit Gewalt durchzusetzen“. In der Innenstadt angekommen, setzte die Polizei diese Einsatztaktik trotz des friedlichen Verlaufs der Demonstration fort.
Aktivistinnen der feministischen Organisierung „Gemeinsam Kämpfen - Für Selbstbestimmung und demokratische Autonomie“ zeigen Bilder von Frauen, die bei gezielten Drohnenmorden des türkischen Staates in Rojava ums Leben gekommen sind.
Vor dem Sitz des Panzerherstellers Krauss-Maffei-Wegmann fand eine Zwischenkundgebung statt, hier stachen die zahlreich mitgeführten Fahnen der in Rojava beziehungsweise den Autonomiegebieten von Nord- und Ostsyrien aktiven Volks- und Frauenverteidigungseinheiten (YPG/YPJ) besonders hervor. Auf dem Friedrichsplatz gab es dann eine Abschlusskundgebung mit Redebeiträgen von internationalen Gästen, darunter auch aus dem Baskenland. „Der Geist der Kollektivität und der starke, kämpferische Ausdruck gegen Kolonialismus ist bewegend und mobilisierend. Wir grüßen die künstlerischen Kollektive, die uns hier ihre Perspektive nahebringen“, lauteten die Worte der Demonstration anlässlich der documenta15.
Zum Ende erinnerte die feministische Organisierung „Gemeinsam Kämpfen - Für Selbstbestimmung und demokratische Autonomie“ in einem Redebeitrag an das Leben von Sarah Handelmann, Internationalistin und Kämpferin der kurdischen Frauenguerilla YJA Star. „Sie konnte das Leid von Millionen Unterdrückter und die brutal geführten Kriege weltweit nicht schweigend hinnehmen. Im Kampf gegen diese Zustände ließ sie am 7. April 2019 ihr Leben“, hieß es. Handelmann, deren Nom de Guerre Sara Dorşîn lautete, kam durch einen Luftangriff des türkischen Staates in der südkurdischen Region Gare ums Leben.