Erste Aktionen von „Rheinmetall Entwaffnen“ in Kassel

Auf dem „Rheinmetall Entwaffnen“-Camp in Kassel haben anlässlich des internationalen Antikriegstages am gestrigen Donnerstag zahlreiche Workshops und Diskussionen sowie erste Aktionen in der Innenstadt stattgefunden.

Am dritten Tag des „Rheinmetall Entwaffnen“-Camps in Kassel startete das Programm für viele der Teilnehmenden bereits in den frühen Morgenstunden mit gemeinsamem Sport, Frühstück und Bildungsseminaren über verschiedenste Themen, die sich neben zahlreichen weiteren Programmpunkten über den gesamten Tag im Camp erstreckten. Die Workshops drehten sich unter anderem um die Themen Männlichkeit und Gender, den Bundeswehreinsatz in Mali, Krieg in der Ukraine, Antimilitarismus und um die Situation in Chiapas und Westpapua.

Westpapua ist der westliche Teil der Insel Neuguinea und eine ehemalige niederländische Kolonie, die 1963 durch das indonesische Militär besetzt wurde. Der internationale Rahmen, in dem diese Besetzung stattfinden konnte, basierte auf den wirtschaftlichen und politischen Interessen der USA und wurde durch deren Verbündete, den Niederlanden, dem Vereinigten Königreich und Australien unterstützt. Die Vereinten Nationen opferten die Selbstbestimmung der indigenen Völker Westpapuas den Ambitionen Indonesiens – Ausbeutung, Unterdrückung, Gewalt und Menschenrechtsverletzungen fanden genauso ihren Weg in den Alltag wie der Widerstand der Indigenen. Der Kampf der Naturvölker Westpapuas wurde durch brutale Militäroperationen und Bombardierungen dezimiert – vor allem in den ersten Jahren der Besetzung. Wie viele Todesopfer die Aneignung der Insel forderte, ist nicht genau bekannt. Die Schätzung reichen von 100.000 bis 500.000 Tote.

Heute ist die Repression etwas geringer als in den 1960er, 1970er und Anfang der 1980er Jahre. Mord, Folter und Verhaftungen sind jedoch nach wie vor an der Tagesordnung – ebenso der westpapuanische Widerstand gegen die Unterdrückung, der nie vollständig zerschlagen werden konnte. Um diese Kämpfe ging es dann auch in einem Beitrag von Raki Ap, Sprecher der Bewegung für die Freiheit Westpapuas. Der Aktivist legte den Fokus auf die Militarisierung der Insel. Westpapua gehört zu den am stärksten militarisierten Gebieten in Südostasien. Ap betonte, dass weite Teile der Welt nichts beziehungsweise kaum etwas wüssten von der massiven Aufrüstung. Und mittendrin die Rüstungsschmiede Rheinmetall, aus der auch der Kampfpanzer Leopard II stammt. Laut Ap statte der Konzern Indonesien für die Aufrechterhaltung dieser stark militarisierten Zone und die andauernde demografische Veränderung Westpapuas großzügig mit Waffen aus und ermögliche damit die Zerstörung indigener Kultur – und damit auch die Vernichtung eines der größten Regenwälder der Welt.

Ökologische Katastrophe

„Das würde eine ökologische Katastrophe darstellen“, sagte Ap. Schon seit dem Einmarsch indonesischer Truppen in Westpapua bemüht sich die Regierung in Jakarta, die Kontrolle über dieses ressourcenreiche Territorium mit einem einzigartigen Regenwald immer weiter auszubauen. Die militärische Besetzung war ein Mittel dazu. In seinem Fazit erklärte Raki Ap, dass der „politische Kampf für eine ökologische, naturverbundene Selbstbestimmung der größte Beitrag im Kampf für Klimagerechtigkeit“ sei.

Banken finanzieren Kriege in aller Welt

Neben den zahlreichen Bildungsveranstaltungen fanden diverse Aktionen statt, um auf die Rüstungsproduktion in Kassel, die damit verbundenen internationalen Kriege und das Los abertausender Deserteur:innen einzugehen, welche ihre Kriegsverweigerung allzu oft mit dem Leben bezahlen mussten. Um auch auf diese Dimension des Antimilitarismus aufmerksam zu machen, wurde am Vormittag ein zentrales Kriegsdenkmal in Kassel mit Plakaten umgestaltet und eine Gedenktafel am Kasseler Rathaus angebracht. Bereits im Jahr 1981 hatten dort Kriegsgegner:innen eine Gedenktafel angebracht, welche die Stadt damals umgehend entfernen ließ. Im Laufe des Nachmittags wurde zudem eine temporäre, unangemeldete Blockadeaktion, ein sogenanntes „Die In“, vor einer Filiale der deutschen Bank organisiert. Wie eine Aktivistin in einem dort verlesenen Redebeitrag betonte, „sind es neben den Rüstungskonzernen nämlich insbesondere die Banken und allen voran die Deutsche Bank, welche Kriege in aller Welt finanzieren und auch nicht davor zurückschrecken, Diktatoren um des Profites Willen zu unterstützen“.

Seminar zur Gedenkkultur innerhalb der kurdischen Freiheitsbewegung

Der Abend wurde mit einem Seminar zur Gedenkkultur innerhalb der kurdischen Freiheitsbewegung und Diskussionen über die geplanten Aktionen der nächsten beiden Tage mit guter und optimistischer Stimmung abgeschlossen. Um die Rüstungsindustrie in die praktische Kritik zu ziehen, soll es nach Informationen des Bündnisses am Freitagvormittag eine Aktion in der Nähe von Rheinmetall und am Sonntag um 13 Uhr eine zentrale Demonstration ab dem Kasseler Hauptbahnhof geben.