Idlib-Operation: Für Ankara wird es eng

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan ist mal wieder auf dem Weg nach Sotschi, um über die Zukunft der türkeitreuen Milizen in Idlib zu verhandeln. Ankara hat die Waffenlieferungen an die Milizen in den vergangenen Tagen intensiviert.

Gemeinsam mit seinen Verbündeten bereitet das Assad-Regime eine große Operation in Idlib vor, der letzten von Milizen gehaltenen Region in Syrien. Im Vorfeld finden in den letzten Tagen einzelne Angriffe auf Idlib und Hama statt. Die Luftangriffe sind intensiviert worden.

Ankara und die westlichen Staaten versuchen weiter, die Operation zu verhindern. Der Westen spricht von einer bevorstehenden „humanitären Katastrophe“ und befürchtet, dass die Milizen bis nach Europa gelangen können. Ankara als größter Financier der Milizen hat seine diplomatischen Initiativen verstärkt, um seine Machtposition in Idlib zu wahren.

Gespräche in Sotschi

Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan wird heute erneut in Sotschi mit seinem Amtskollegen Putin zusammentreffen. An der Sitzung beteiligt sind außerdem mehrere Minister und weitere Personen beider Länder. Wie das türkische Präsidentschaftsamt mitteilte, soll es bei der Zusammenkunft um aktuelle Fragen hinsichtlich der Politik, Wirtschaft und Energie in den türkisch-russischen Beziehungen gehen. „Außerdem wird ein Meinungsaustausch zu einigen regionalen und internationalen Angelegenheiten, insbesondere zu Syrien, stattfinden“, so die offizielle Erklärung.

Das letzte Treffen zwischen Erdoğan und Putin hat am 7. September im Beisein des iranischen Präsidenten Rohani in Teheran stattgefunden. Hauptsächlich ging es dabei um Idlib. Ankara versucht weiterhin, Zeit zu gewinnen und die Idlib-Operation hinauszuzögern. Was im Gegenzug versprochen wird, ist immer noch unklar. Die Gespräche finden nicht in transparenter Form statt. Die Besorgnis Ankaras wird dennoch mit jedem Tag offensichtlicher.

„Schwer zu ertragen“ für Erdoğan

Laut türkischen Medien hat Erdoğan auf dem Rückweg von seinem Aserbaidschan-Besuch im Flugzeug gegenüber Journalisten erklärt: „Wenn diese Phase in Idlib so weitergeht, kann es zu Konsequenzen kommen, die schwer zu ertragen sind. Um das zu verhindern, müssen wir sowohl mit Russland als auch mit der internationalen Koalition eine Lösung finden.“

Erdoğan bezeichnete die syrische Regierung als „Terrorstaat“ und erklärte weiter: „Lasst uns alle zusammen Maßnahmen gegen die Terrorgruppen treffen, die sich unter den Oppositionellen in Idlib befinden. Wir sollten uns jedoch nicht an dem Schritt beteiligen, wenn diese als Vorwand genommen werden, um Idlib zu bombardieren.“

Intensivierte Waffenlieferungen durch Ankara nach Dreiergipfel

Erdoğan warnt einerseits vor der „Katastrophe“, die eine Operation auf Idlib auslösen werde. Andererseits bewaffnet er die Milizen in der Region. Laut einer Reuters-Meldung hat der türkische Staat seine Waffenlieferungen in den vergangenen Tagen intensiviert. Die Meldung basiert auf Aussagen der von Ankara unterstützten Milizen. Demnach sind die Waffenlieferungen besonders nach dem Dreiergipfel in Teheran verstärkt worden.

Ein Chef der sogenannten „Freien Syrien-Armee“ (FSA) hat laut Reuters erklärt, die Türkei habe militärische Unterstützung für einen langfristigen Krieg versprochen. Die türkische Armee habe der FSA insbesondere große Mengen Munition und Grad-Raketen überlassen.

Türkischer Staat ruft Milizen aus Aleppo nach Idlib

Seit über einer Woche schickt das türkische Militär zusätzliche Kräfte und schwere Waffen an die zwölf „Beobachtungspunkte“ in Idlib. Laut Reuters hat der türkische Staat außerdem die Milizen im Sektor Aleppo dazu aufgefordert, sich der Front in Idlib anzuschließen. Auch diese Information beruht auf den Aussagen von zwei Milizführern. Die Türkei soll striktere Maßnahmen gegen die Terroristen in Idlib versprochen haben, sollte die große Operation von Russland verhindert werden. Erdoğan hofft darauf, dass die Operation von Damaskus und Russland auf die von al-Nusra gegründete Tahrir al-Sham begrenzt bleibt. Ob Putin zustimmt oder nicht, hat sich noch nicht herausgestellt.