In Hamburg ist am Sonnabend gegen die Isolation von Abdullah Öcalan demonstriert worden. Aufgerufen dazu hatten verschiedene Gruppen und Organisationen, darunter die kurdische Jugendbewegung TCŞ, im Rahmen der Kampagne „Freiheit für Öcalan und eine politische Lösung für die kurdische Frage“. Die internationale Initiative vereint soziale Bewegungen, politische Parteien, Kommunen, Gewerkschaften und Einzelpersonen um ein gemeinsames Ziel: eine gerechte und demokratische politische Lösung für die seit mehr als einem Jahrhundert ungelöste kurdische Frage in der Türkei dadurch zu ermöglichen, dass Abdullah Öcalan die Teilnahme an einem erneuten Dialog ermöglicht wird.
Die Demonstration zog vom Hamburger Hauptbahnhof beginnend durch die Innenstadt. Zum Auftakt wurden Reden gehalten und die Inhalte der Veranstaltung beleuchtet. Ein Sprecher der TCŞ wies auf den nahenden Jahrestag der Verschleppung Öcalans vor nunmehr einem Vierteljahrhundert in die Türkei und auf die Verbindung zwischen der seither andauernden Inhaftierung des 74-Jährigen und dem Klima der Gewalt in Kurdistan und der Türkei hin. Die Quelle der gesellschaftlichen Probleme in der Region und der in den letzten Jahren intensivierten, auf Krieg ausgelegten „Vernichtungspolitik“ gegenüber dem kurdischen Volk sei die Situation auf Imrali.
Auf Imrali, einer Insel im Marmarameer, befindet sich jenes berüchtigte Gefängnis, in dem Öcalan seit seiner völkerrechtswidrigen Entführung aus Kenia in die Türkei im Februar 1999 festgehalten wird – die meiste Zeit davon unter totalen Isolationshaftbedingungen. Seit rund drei Jahren wird er wieder von jeglichem Kontakt mit der Außenwelt ausgeschlossen. „Er ist Folter und anderer grausamer und erniedrigender Behandlung ausgesetzt“, kritisierte der TCŞ-Sprecher.
Im Namen des Gesellschaftszentrums der Kurdinnen und Kurden in Hamburg sprach Emin Qoser. „Die Situation Öcalans gilt als Gradmesser für den Umgang des türkischen Staates mit dem kurdischen Volk”, sagte der Aktivist. „Und ein Volk kann nicht frei sein, wenn sein politischer Repräsentant nicht frei ist.“ Qoser bedankte sich bei den politischen Gefangenen in der Türkei, die seit Ende November in einem – bisher noch befristeten – Hungerstreik im Rahmen der Kampagne „Freiheit für Öcalan und eine politische Lösung für die kurdische Frage“ sind. Er rief die Öffentlichkeit dazu auf, den legitimen Protest um „Freiheit, Frieden und Würde“ außerhalb der Gefängnismauern noch stärker zu unterstützen.
An der Demonstration beteiligten sich etwa 200 Menschen. Während des Aufzugs waren immer wieder Parolen zu hören, die sich gegen die antikurdische Kriegspolitik des türkischen Staates richteten. Auch „Bijî Serok Apo“ (Es lebe der Vorsitzende Apo) wurde skandiert. Auf der Mönckebergstraße stoppte die Polizei den Protestmarsch und begründete dies mit einer „zu hohen Anzahl“ an Bannern mit dem Konterfei Abdullah Öcalans. „Dabei ist die Forderung der Demonstration ja gerade die Freiheit für Öcalan. Da werden ja wohl Bilder von ihm zu erwarten sein“, kritisierte eine Teilnehmerin. „Außerdem ist die Flagge mit seinem Abbild nicht verboten. Somit ist die Auflage der Polizei nicht wirklich nachvollziehbar.“
Da die Polizei die Demonstrierenden nicht weiterziehen ließ, veranstalteten diese prompt einen friedlichen Sitzstreik. Nach einiger Zeit wurden mehrere Öcalan-Banner von den Teilnehmenden der Demonstration eingesammelt. Dennoch forderte die Einsatzleitung die Beteiligten auf, „sich in kleinen Gruppen vom Platz zu entfernen“. Die Veranstaltenden hatten die Demonstration zwischenzeitlich für beendet erklärt, das wiederum drang wohl nicht zu allen Anwesenden durch. Nach Auskunft der TCŞ wurden zwei Aktivisten „ziemlich rabiat“ für eine Identitätsfeststellung abgeführt.