In Köln findet am 17. Februar eine europaweite Demonstration für die Freiheit von Abdullah Öcalan statt. Anlass der Kundgebung an der Deutzer Werft ist der Jahrestag der Verschleppung des kurdischen Vordenkers in die Türkei. Der Begründer der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) wurde am 15. Februar 1999 durch die Zusammenarbeit internationaler Geheimdienste aus Kenia entführt. Dieser völkerrechtswidrige Piratenakt hatte mit der erzwungenen Ausreise Öcalans aus Syrien am 9. Oktober 1998 seinen Anfang genommen. Die kurdische Community nimmt den bevorstehenden Jahrestag seiner Entführung zum Anlass, die Freilassung des 74-Jährigen und eine politische Lösung der kurdischen Frage einzufordern.
Der kurdische Dachverband KON-MED fordert „Schluss mit 25 Jahren Isolation, Folter und Rechtlosigkeit“ und ruft zur Teilnahme an der Demonstration auf. In dem Aufruf heißt es:
Stoppt die seit 25 Jahren andauernde Folter gegen Abdullah Öcalan!
Am 15. Februar 1999 entführten westliche Geheimdienste den kurdischen Vordenker Abdullah Öcalan, fesselten ihn und übergaben ihn an das türkische Regime, das ihn hinrichten wollte. Doch die Proteste von Millionen von Kurd:innen und solidarischen Menschen zwangen Ankara, seine Strafe in lebenslange Haft umzuwandeln. Anschließend wurde er von der Türkei auf der Gefängnisinsel Imrali im Marmarameer inhaftiert.
Inselgefängnis Imrali: Haftanstalt mit Sonderstatus
Das Imrali-Gefängnis war eigens für ihn entworfen und gebaut worden, Wochen vor seiner Entführung. Es unterscheide sich „sehr vom übrigen Gefängnissystem in der Türkei", so Öcalan. Es ist ein Sondergefängnis mit Sonderstatus, das unter einem verschärften Regime arbeitet, das als „Imrali-Isolationssystem" bekannt ist. Die Umgebung ist stark eingeschränkt und zur Militärzone erklärt, die von tausend Soldaten zu Lande, zu Wasser und in der Luft überwacht wird. Weder das türkische Recht noch das Völkerrecht gelten dort. Indem die türkischen Behörden Öcalan dort isolierten, beschlossen sie, ihn „nicht nur einmal, sondern jeden Tag" zu töten, wie ein hoher türkischer General einmal sagte.
Incommunicado-Haft ist Folter
Seit 25 Jahren wird Öcalan im Imrali-Gefängnis in Isolationshaft gehalten. Doch seit dem 25. März 2021 wird ihm der Zugang zu allen Kommunikationsmitteln und der Kontakt zur Außenwelt, einschließlich zu seinen Anwältinnen und Anwälten und seiner Familie, verwehrt. Dieser Zustand, der als Incommunicado-Haft und „absolute Nichtkommunikation" bekannt ist, ist eine Form der Folter, die gegen das türkische Verfassungsrecht, das Recht der Vereinten Nationen und die Europäische Menschenrechtskonvention verstößt.
Grundstein für den Konflikt im Nahen Osten
Die derzeitige Inhaftierung von Abdullah Öcalan setzt die Unterdrückung der Kurd:innen und die völkermörderischen Angriffe gegen sie fort. Mit dem Lausanner Vertrag von 1923 trugen die europäischen Kolonialmächte dazu bei, das kurdische Heimatland in vier Teile aufzuteilen, und legten damit den Grundstein für den Konflikt im Nahen Osten, der noch ein Jahrhundert andauern sollte. Seitdem ist Kurdistan zu einem Gebiet geworden, in dem alle Kriegsverbrechen ohne völkerrechtliche Konsequenzen begangen wurden. Dies liegt daran, dass die kolonisierten Kurd:innen offiziell als Araber:innen im Irak und in Syrien, als Türk:innen in der Türkei und als Perser:innen im Iran betrachtet wurden.
Eine neue Vision der Freiheit
1978 gründete Öcalan die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) in dem Bestreben, die kurdische Gesellschaft von der systemischen Gewalt der kolonialen Unterdrückung zu befreien. Er skizzierte eine neue Vision der Freiheit, die mit dem staatsfixierten Muster brach und einen Weg zu multiethnischer Basisdemokratie, Frauenfreiheit und sozialer Ökologie aufzeigte. Als das von Öcalan vorgeschlagene Modell der Selbstermächtigung bei vielen Kurd:innen Unterstützung fand, verärgerte es die westlichen Mächte, die es vorziehen, wenn die Kurd:innen ihre eigene Unterdrückung akzeptieren.
Der einzige Weg zum Frieden
Doch die Geschichte zeigt, dass Öcalans Vision der einzige Weg zum Frieden ist, und er hat bereits neunmal einseitige Waffenstillstände ausgerufen. Von 2013 bis 2015 war Öcalan auch der Hauptverhandlungsführer bei einem historischen Versuch, die kurdische Frage in der Türkei am Verhandlungstisch zu lösen. Doch Erdoğan, der zunehmend diktatorisch agierte, glaubte, die vollständige Kontrolle über die Türkei erlangen zu können, indem er eine antikurdische Stimmung schürte, und so wurde der Dialog durch Invasionen, Drohnenangriffe, Massenverhaftungen und die vollständige Abschaffung der Rechtsstaatlichkeit in der Türkei ersetzt.
Der Westen schweigt
Doch der Westen schweigt, obwohl die Türkei Mitglied des Europarates und der UNO und Kandidatin für die EU-Mitgliedschaft ist. Aber der türkische Staat muss zur Rechenschaft gezogen werden und die 25 Jahre der Gesetzlosigkeit gegen Abdullah Öcalan und die kurdische Gesellschaft müssen ein Ende haben! Wir, die Zivilgesellschaft, können die Kraft sein, die internationale Mechanismen zum Handeln zwingt. 25 Jahre Folter und Willkür müssen beendet werden. Wir fordern „Freiheit für Öcalan - Freiheit für die Kurd:innen!“ und rufen dazu auf, zum 25. Jahrestag der Entführung Abdullah Öcalans nach Köln zu kommen und sich unserer Forderung anzuschließen.
Titelfoto: Demonstration in Düsseldorf, April 2023 (Fotograf: Deniz Babir)