Prozess gegen kurdische Aktivist:innen auf 2026 vertagt

Der Prozess gegen sechs kurdische Aktivist:innen in London ist auf übernächstes Jahr vertagt worden. Die Angeklagten stehen unter Führungsaufsicht, offenbar soll ihr politischer Handlungsspielraum beschränkt werden.

Kurd:innen in London als PKK-Mitglieder angeklagt

Am 27. November sind sieben Kurdinnen und Kurden bei Razzien im Kurdish Community Center (KCC) und Privatwohnungen in London festgenommen worden. Sechs der Betroffenen sind im Rahmen der britischen Antiterrorgesetzgebung wegen Mitgliedschaft in der PKK angeklagt. Die erste Vorverhandlung gegen die nach zwei Wochen unter Auflagen aus der Polizeihaft entlassenen Beschuldigten Türkan Budak, Ko-Vorsitzende des Kurdischen Volksrats Großbritanniens, der kurdische Politiker und Autor Ali Poyraz, die Aktivist:innen Ercan Akbal, Berfin K. und Agit K. sowie Mazlum S. fand am Freitag vor dem zentrale Strafgerichtshof Old Bailey in London statt.

Prozessauftakt erst Anfang 2026

Die Verhandlung wurde von vielen Zuschauer:innen solidarisch beobachtet. Nach der Personalienfeststellung wurde die vorläufige Anklageschrift verlesen, anschließend wurden die Verfahrenstermine festgelegt. Demnach wird der eigentliche Prozessauftakt erst am 5. Januar 2026 erfolgen und das Urteil voraussichtlich im Juni übernächsten Jahres verkündet.

Auflagen bleiben bestehen

Die Auflagen für die bedingte Freilassung der Angeklagten bleiben bestehen. Dazu gehören das Tragen einer elektronischen Fußfessel, tägliches Vorsprechen bei der Polizei, ein nächtliches Ausgangsverbot zwischen 19 Uhr abends und sechs Uhr morgens und Kontaktverbote untereinander. Die Beschuldigten dürfen das KCC nicht betreten und sich nicht im Stadtviertel Haringey aufhalten. Laut Gerichtsbeschluss können die Auflagen auf Antrag gemildert werden, wenn Nachweise über ein geordnetes Berufsleben vorgelegt werden.

Verteidiger: Kurdische Stimmen sollen unterdrückt werden

Rechtsanwalt Ali Has erklärte nach der Verhandlung gegenüber ANF, dass das Verfahren offenkundig politisch motiviert sei und den Zweck verfolge, den Handlungsspielraum kurdischer Aktivist:innen sowohl im Vereinigten Königreich als auch auf internationaler Ebene einzuschränken. „Ihre politischen Forderungen sollen an Schwung verlieren. Die Behörden wollen oppositionelle Stimmen für die Rechte und Autonomie der Kurdinnen und Kurden unterdrücken“, sagte der Verteidiger. „Bei den vermeintlichen Beweismitteln geht es im Wesentlichen um Aktivitäten, die vom Recht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit gedeckt sind. Die Anklage schadet der Souveränität der Justiz und gefährdet demokratische Grundrechte. Dieser Prozess ist Teil einer besorgniserregenden Tendenz und kann gefährliche Folgen haben.“

Der „Antiterroreinsatz“ Ende November in London stand in zeitlichem Zusammenhang mit der Verhaftung von vier kurdischen Aktivisten in Deutschland und Massenfestnahmen in der Türkei.