Gergerlioğlu: „Wir sind stark, weil wir im Recht sind“

Nach einem Urteil des Verfassungsgerichtshofs wurde der HDP-Abgeordnete Ömer Faruk Gergerlioğlu aus der Haft entlassen. „Ich habe gemeinsam mit der Gesellschaft Widerstand geleistet. Dieser Sieg ist ein Sieg des Volkes“, so Gergerlioğlu.

Nachdem türkische Verfassungsgerichtshof am vergangenen Donnerstag einer Klage von Ömer Faruk Gergerlioğlu gegen den Entzug seines Abgeordnetenmandats stattgegeben hatte, wurde der Politiker am Dienstagabend entlassen. Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis Sincan fand eine Pressekonferenz in der Hauptzentrale der Demokratischen Partei der Völker (HDP) in Ankara statt. Die Polizei umstellte währenddessen das Gebäude.

Für uns bedeutet Leben Widerstand und Widerstand Leben“

Der Abgeordnete begann seine Erklärung mit den Worten „Wo waren wir stehen geblieben?“ und fuhr fort: „Wir haben gesagt, für uns bedeutet Leben Widerstand und Widerstand Leben. Wir haben gesagt, es lebe die Geschwisterlichkeit der Völker. Diese Worte haben eine große Bedeutung. Ich habe das Parlament mit diesen Worten verlassen und werde auf diese Weise zurückkehren. Als wir das Parlament verließen, haben wir gesagt, wir sind im Recht, wir sind stark und werden siegen. Wir sind stark, weil wir Recht haben. Sie sahen uns damals als sehr schwach an. Sie sagten, wir seien am Ende, und schickten uns ins Gefängnis. Aber ich habe auf zwei Dinge vertraut: Wir waren juristisch extrem im Recht und das Gewissen der Öffentlichkeit war auf unserer Seite. Im Widerstand haben wir gewonnen. Als ich geschlagen und aus meiner Wohnung gezerrt wurde, war mein letzter Satz: ‚Diese Geschichte endet nicht hier‘. Wir gehen keinen Schritt zurück, wir werden bis zum Ende Widerstand leisten, denn wir sind im Recht. Diesen Sieg verdanke ich in erster Linie dem Volk. Ja, ich habe Widerstand geleistet, aber mit mir hat auch die Öffentlichkeit gekämpft.“

Mein Schicksal steht für Millionen“

Gergerlioğlu betonte, seine Situation stehe für die von Millionen, und führte aus: „Das erleben unsere Partei und Hunderte Betroffene. Ich bin ein Mensch, der vor fünf Jahren als Mediziner aus dem Öffentlichen Dienst entlassen wurde, weil er Frieden wollte. Unglaublich rechtswidrige Entscheidungen wurden getroffen. Es gab auch kein faires Urteil des Obersten Gerichtshofs, und die Entscheidung wurde bestätigt. Wem sollen wir in der Türkei vertrauen? Was für eine bemerkenswerte Situation. In den vergangenen fünf Jahren haben mit mir Unzählige das gleiche erlebt. Nachdem ich im Verfahren vor dem Amtsgericht und dem Berufungsgericht verloren hatte, wurde diese Entscheidung im Parlament verlesen. Der einzige Ort, an den wir uns wenden konnten, war noch das Verfassungsgericht. Ich danke dem Verfassungsgerichtshof, er hat schnell am 1. Juli eine Entscheidung getroffen.

Wir gewinnen, wir sind hier“

Ich bin als Volksvertreter ins Parlament gewählt worden. Aber mein Mandat wurde annulliert. Aber wir gewinnen, wir sind hier. Dieses Volk soll lächeln. Ich dachte im Gefängnis vor allem an diese Menschen. Dieses Volk hat das, was geschieht, nicht verdient. Glauben Sie mir, wie ein warmer Regen kamen Liebe und Unterstützung aus der ganzen Welt. Ich wusste, dass ich Recht hatte, und das hat sich jetzt sehr deutlich gezeigt.

Sie waren nicht erfolgreich“

Im Gefängnis haben wir große Trauer erlebt. Unsere Freundin Deniz Poyraz wurde ermordet. Wir waren entschlossen, voller Trauer und haben dem zum Trotz gesagt: ‚Nein, wir werden siegen.‘ Die drei Monate in Haft verbrachte ich voller Optimismus. Ich habe mich körperlich geschützt und seelisch erneuert. Das war alles sehr gut für mich. Sie bekamen nicht, was sie wollten. Wir haben uns nie zurückgezogen, unsere Motivation war sehr gut. Wir haben oft mit unseren Freund:innen Briefe gewechselt. Wir haben von drinnen aus die Geschehnisse im Parlament verfolgt. Ich habe nie so empfunden, als hätte ich kein Mandat mehr. Ich war nie abgeschnitten von den Entwicklungen. Sie können uns nicht zurückdrängen, wir sind wirklich stark und im Recht. Und deshalb sind wir so gut herausgekommen.

Die Schließungsklage gegen unsere Partei wird keinen Erfolg haben“

Sie haben uns drei Monate lang mit Repressalien belegt. Als ich zu Hause meine Schuhe versuchte anzuziehen, umringten sie mich und schubsten mich. Im Polizeiwagen beschimpften und beleidigten sie mich. Wir haben gesagt, die Menschenrechte gelten für jeden. Wir haben gesagt, wir werden nicht weichen. Als ich den Polizisten sagte, ich würde juristisch gegen sie vorgehen, erwiderten sie: ‚Willst du uns etwa drohen?‘ Ich antwortete ihnen: ‚Ja, ich drohe euch mit dem Gesetz.‘ Im Bewusstsein, dass wir Vertreter des Volkes sind, haben wir gehandelt, und wie ich bereits sagte, ist dieser Sieg der Sieg des Volkes. Dass wir freigekommen sind, heißt, dass auch unsere anderen Freundinnen und Freunde herauskommen werden. Es ist eine Botschaft, dass die Schließungsklage gegen unsere Partei keinen Erfolg haben wird.“

Gergerlioğlu schloss seine Ansprache mit den Worten „Berxwedan jiyan e“ (Widerstand heißt Leben).