Nahe der griechischen Insel Chalki in der südlichen Ägäis ist am Dienstag ein Flüchtlingsboot gekentert. 92 Menschen seien von der griechischen Küstenwache und anderen Schiffen aus dem Meer gerettet worden, teilten die Behörden mit. Wie viele Menschen insgesamt an Bord des gekenterten Boots waren, sei allerdings unklar. Die am Abend eingeleitete SAR-Operation (Search and Rescue), in deren Rahmen Hubschrauber und Taucher im Einsatz waren, dauerte die ganze Nacht über an. 

Die Insel Chalki, die auch Halki genannt, gehört zur Inselgruppe der Dodekanes. Sie liegt rund zehn Kilometer westlich von Rhodos. Während die griechischen Inseln für viele Touristen aus Europa ein Urlaubsziel sind, stellen sie für in der Türkei festsitzende Schutzsuchende einen Fluchtpunkt dar. Aufgrund des EU-Türkei-Abkommens werden Schutzsuchende in der Türkei festgehalten und an der Weiterreise nach Europa gehindert. Die Versorgung in der Türkei ist zum Großteil katastrophal, viele Schutzsuchende sind obdachlos, werden verfolgt und diskriminiert und von Abschiebungen nach Syrien oder Afghanistan bedroht. Daher entscheiden sich viele zur Weiterflucht nach Europa. Aufgrund der Abschottungspolitik der EU sind sie dabei auf immer gefährlichere Wege angewiesen. Die Landgrenze ist von Frontex und den griechischen Behörden hochgerüstet und praktisch unüberwindbar. Immer wieder wurden Schutzsuchende dort erschossen.

340 Menschen in erster Jahreshälfte im Mittelmeer ertrunken

Schon seit Jahren fliehen Menschen aus den Krisenregionen der Welt über das Mittelmeer nach Europa – mit verheerenden Auswirkungen: Im Jahr 2016 ertranken über 5.000 Menschen im Mittelmeer. 2017 starben oder verschwanden laut dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) mehr als 3.100 Geflüchtete. Und in 2018 waren mehr als 2.200 Tote und Vermisste zu beklagen. 2019 fanden 1.319 Menschen den Tod bei der Flucht über das Mittelmeer oder sind vermisst. In der ersten Hälfte des Jahres 2020 sind 340 Menschen gestorben oder als Vermisst erklärt worden.