In Europa und Australien finden Proteste gegen die Luftangriffe der Türkei auf Nordsyrien und Nordirak statt. Die türkische Luftwaffe hat in der vergangenen Nacht Dutzende Orte in den beiden Nachbarländern bombardiert. Nach bisherigen Angaben sind in Syrien 13 Zivilist:innen und sechs Kämpfer:innen der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) sowie der nach der Besatzung des Kantons Efrîn durch die Türkei 2018 gegründeten Widerstandsgruppe „Befreiungskräfte Efrîns“ (HRE) ums Leben gekommen. Unter den Todesopfer ist auch ein Journalist, der ANHA-Korrespondent Isam Abdullah, der über die Angriffe in Dêrik berichtete. Ein weiterer Journalist, Mihemed Ceradê vom kurdischen Sender Stêrk TV, wurde bei der Berichterstattung in Kobanê verletzt. Die Türkei hat gezielt zivile Infrastruktur bombardiert, so etwa ein Stromwerk, eine Corona-Klinik und ein Weizendepot. Unter den Angriffszielen waren auch Stützpunkte der syrischen Armee, es sollen über zwanzig Soldaten getötet worden sein.
Angriffe auf Südkurdistan
In den von den Guerillaarmeen HPG und YJA Star kontrollierten Medya-Verteidigungsgebieten im Nordirak sind 32 Luftangriffe geflogen worden, betroffen war insbesondere das Qendîl-Gebirge. Nach HPG-Angaben hat die Guerilla dabei keine Verluste erlitten. Aus dem weiter südlich im irakisch-iranischen Grenzgebiet liegenden Asos-Gebirge, das ebenfalls bombardiert wurde, liegen noch keine Informationen über die Folgen vor.
Wut auf Türkei, USA und Russland
Die Wut der Demonstrant:innen in Deutschland, Frankreich, Schweiz, Schweden, Griechenland, Zypern, Österreich und Australien richtet sich nicht nur gegen den türkischen Staat als Aggressor, sondern auch gegen die Großmächte USA und Russland, die den Luftraum in Nordsyrien kontrollieren und die grenzüberschreitende Luftoperation genehmigt haben. In Deutschland kam es zudem an mehreren Orten zu Auseinandersetzungen mit der Polizei, die Fahnen der YPG und YPJ verbieten wollte.
Kritik an der Berichterstattung in den europäischen Medien
Wut und Entsetzen herrschte auch über die Berichterstattung in den europäischen Medien, die zu weiten Teilen einer Abschrift der Erklärungen des Erdogan-Regimes gleicht. Auf den Demonstrationen wurde darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Terroranschlag in Istanbul am 13. November in Istanbul um eine offenkundige und grausame Inszenierung des türkischen Geheimdienstes handelt, um den seit Monaten angekündigten Besatzungsangriff auf Rojava als „Vergeltungsschlag“ zu rechtfertigen. „Wenn Erdogan die Bombardierung von Kobanê als Vergeltung bezeichnet, dann können wir das gar nicht anders begreifen als Rache für die Niederlage des IS“, sagte eine kurdische Teilnehmerin einer Demonstration in Düsseldorf gegenüber ANF.
Proteste in Deutschland und Österreich
In Düsseldorf fand eine Demonstration des kurdischen Verbands FED-MED statt. In Redebeiträgen wurde gegen die türkische Angriffswelle und die ausbleibende Positionierung der Bundesregierung gegen die völkerrechtswidrige Militäroperation protestiert.
Spontaner Protest in Nürnberg
In der Nürnberger Innenstadt fand eine spontane Protestaktion gegen die türkischen Luftangriffe auf Nord- und Ostsyrien sowie die Kurdistan-Region im Irak statt. In Ansprachen auf Kurdisch, Deutsch und Türkisch wurden die Kriegsverbrechen des faschistischen türkischen Regimes verurteilt.
Demonstration in Wien
Ein Protestzug zum türkischen Konsulat in Wien wurde von der Polizei gestoppt. Die Demonstrant:innen fordert die österreichische Regierung auf, ihre Beziehungen zum türkischen Regime einzufrieren.
Demonstration in Göttingen
Demonstration in Freiburg
Demonstration in Hannover
Demonstration in Stuttgart
Protest in Magdeburg
Demonstration in Dresden
Kundgebung in Heilbronn
Auf einer Kundgebung des kurdischen Gesellschaftszentrums Heilbronn auf dem Kiliansplatz wurden die türkischen Angriffe auf Rojava und Südkurdistan verurteilt. In Reden wurde darauf hingewiesen, dass der Terroranschlag in Istanbul vor einer Woche, „selbst kreiert“ ist. Ähnliche Anschläge habe es in der Türkei bereits mehrfach gegeben, erklärte eine Sprecherin: „Diese Herangehensweise stellt nochmals klar, dass das System am Bröckeln ist und die Faschisten mit allen Mitteln versuchen an der Macht zu bleiben. Auch wollen sie von dem öffentlichen Druck ablenken, der in den letzten Wochen aufgrund des Einsatzes von Chemiewaffen gegen die Guerilla aufgekommen ist. Wir kennen unseren Feind, wir wissen, wie er agiert und zuschlägt.“
Zu Beginn der Kundgebung wurde von der Polizei versucht, das Zeigen von Fahnen der YPG und YPJ zu unterbinden. Die Aktivist:innen konnten sich jedoch durchsetzen, da diese Symbole in Deutschland nicht verboten sind.
Demonstration in Frankfurt
An einer Demonstration des Kurdischen Regionalrats Frankfurt vomm Hauptbahnhof zum Goethe-Platz nahmen 400 bis 500 Menschen kurdischer, türkischer, deutscher und verschiedener anderer Nationalitäten teil.Die Demonstrant:innen verurteilten in Sprechchören und auf Plakaten die völkerrechtswidrigen Angriffe des türkischen Diktators Erdogan und die Untätigkeit der Bundesregierung, welche mit der Türkei enge Verbindungen pflegt. In Redebeiträgen wurde der Todesopfer gedacht, die überwiegend Zivilist:innen waren, darunter auch ein Journalist. Außerdem wurde hingewiesen auf die Mittäterschaft der USA und Russlands, die als Garantiemächte in Syrien den Luftraum kontrollieren und den Angriffen im Vorfeld zugestimmt haben müssen, sowie Deutschlands, welches Waffen und Geld an die Türkei liefert und zu den türkischen Völkerrechtsbrüchen und Kriegsverbrechen schweigt.
Eine Sprecherin des Kurdischen Regionalrats Frankfurt erklärte hierzu: „Nach monatelangen Kriegsverbrechen, chemischer Kriegsführung und Massakern in den Bergen Kurdistans, hat der türkische Faschismus mit einer neuen Offensive weite Teile Kurdistans bombardiert. Trotz Killerdrohnen, Giftgasangriffen und pausenlosem Terror gegen die eigene Bevölkerung konnte das Erdogan-Regime den Widerstand des kurdischen Volkes nicht brechen. Der Widerstand der Menschen in Nordsyrien/Westkurdistan und Nordirak/Südkurdistan hat den türkischen Faschismus in die Enge getrieben. Es ist Zeit, dass wir als Demokrat:innen – kurdische, türkische, deutsche, egal welcher Herkunft – zusammenstehen und dieser Schreckensherrschaft ein Ende bereiten!“
In einer weiteren Rede erklärte eine Aktivistin der Kurdischen Frauenbewegung in Europa (TJK-E): „Nach dem Anschlag auf unschuldige Zivilist:innen in Istanbul letzte Woche hat der türkische Staat sofort die Kurd:innen, genauer die YPG in Syrien und die PKK im Nordirak beschuldigt, obwohl alle Parteien jegliche Verbindung zu dem Anschlag verneinten und ihn einstimmig verurteilten. Jetzt ist offensichtlich, dass Erdogan den Anschlag und seine Opfer nur instrumentalisiert, um weitere Massaker in kurdischen Gebieten außerhalb der türkischen Staatsgrenzen zu legitimieren und diese langfristig als Teil seiner neo-osmanischen Großmachtfantasien zu besetzen. Dieser
niederträchtigen Form des Imperialismus und Faschismus werden wir nicht tatenlos zusehen und fordern als kurdische Frauenbewegung in Europa alle solidarischen Menschen zum Handeln auf!“
Antifaschistische Spontandemonstration in Bremen
Am Sonntagabend organisierten Internationalist:innen eine Spontandemonstration in Bremen als Reaktion auf die anhaltenden Angriffe des türkischen Staates in Kurdistan. Um die 50 Personen zogen kraftvoll und laut durch die Bremer Innenstadt und riefen Slogans wie „Hoch die internationale Solidarität” oder „Jin, Jiyan, Azadî” und machten mit Feuerwerkskörpern und Rauchfackeln auf sich aufmerksam.
Neben der Demonstration wurden Spruchbänder an Wände plakatiert, um gegen den Einsatz von Chemiewaffen der türkischen Armee in Kurdistan zu protestieren.
Protest in der Nordheide
Solidarische Internationalistinnen und Internationalisten sind in der Nordheide zusammengekommen, um gegen die aktuellen Angriffe des türkischen Regimes zu protestieren und den Widerstand in Rojava und den Freiheitskampf in allen Teilen Kurdistans zu begrüßen.
Demonstration in Berlin
Demonstration in München