Istanbul-Anschlag: 17 Haftbefehle erlassen

Ein türkisches Gericht hat nach dem Anschlag in Istanbul 17 Haftbefehle erlassen. Darunter ist auch die Hauptverdächtige Ahlam Albaschir. 29 weitere Personen wurden des Landes verwiesen.

Ein türkisches Gericht hat nach dem Anschlag in Istanbul 17 Haftbefehle erlassen. Darunter ist auch die Hauptverdächtige Ahlam Albaschir. Ihnen werde „Zerstörung der staatlichen Einheit“, „vorsätzliche Tötung“ und „Mordversuch“ vorgeworfen. Anfang der Woche waren insgesamt 51 Menschen festgenommen worden.

Zuvor hatten demnach mehrere Staatsanwälte 49 Verdächtige befragt, die im Zusammenhang mit dem Anschlag stehen sollen. Drei Verdächtige seien anschließend unter Auflagen bis zum Prozess freigelassen worden, 29 des Landes verwiesen worden. Unter ihnen ist auch eine aus Efrîn vertriebene kurdische Familie mit Kleinkindern, der nun eine ungewisse Zukunft in der türkisch-dschihadistischen Besatzungszone Nordsyriens droht. In ihrer Wohnung war Albaschir von ihren Komplizen offenbar als vermeintlicher Gast untergebracht und später festgenommen worden.

Bei dem Bombenanschlag auf der Einkaufsmeile Istiklal im zentralen Stadtteil Beyoğlu waren am Sonntag sechs Menschen getötet und 81 weitere verletzt worden. Der Anschlag war der schwerste seit fünf Jahren. Die türkischen Medien machten umgehend die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und die in Rojava aktiven Volksverteidigungseinheiten (YPG) für den Anschlag verantwortlich. Beide Organisationen wiesen die Vorwürfe als haltlos zurück. Bisher bekannte sich niemand zu der Tat.

Die 23-jährige Albaschir, die syrische Staatsbürgerin sein soll und sich laut Staatsangaben bei einem polizeilichen Verhör als „PKK-Anhängerin“ ausgegeben hätte, wies der Nachrichtenagentur Mezopotamya (MA) zufolge in der Befragung mit der Staatsanwaltschaft die über Medien und Behörden verbreiteten Angaben über sie zurück. Die ihr angelasteten Aussagen, wonach Albaschir gegenüber der Polizei geständig gewesen sei und zugegeben hätte, im Auftrag der PKK gehandelt, ihre Anweisungen in Kobanê bekommen und über Efrîn in die Türkei eingereist zu sein, stammten nicht von ihr und seien indes auch falsch. In Wahrheit sei sie vor rund einem Jahr über die Provinz Idlib auf türkisches Staatsgebiet gereist und von dem Sprengstoff in der am Tatort zurückgelassenen Tasche habe sie nichts gewusst. Vielmehr sei sie davon ausgegangen, Drogen transportiert zu haben.

Ihre Anweisungen dazu habe sie von ihrem Partner „Haci“ erhalten, den sie vor Jahren in Minbic kennengelernt hätte. Der Mann, der laut türkischen Angaben ein Mitglied der YPG sein soll, hielt sich Albaschir zufolge in Syrien zuletzt in Cerablus (Dscharablus) auf. Seit dem 24. August 2016 ist die Stadt, nachdem die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) sie der Türkei kampflos übergeben hatte, von der türkischen Armee und ihren dschihadistischen Milizen besetzt. Die YPG haben Cerablus zu keinem Zeitpunkt kontrolliert.

Laut MA soll die Staatsanwaltschaft im Anschluss an die Befragung die Verteidiger:innen der Verdächtigen aufgefordert haben, „aufgrund der Schwere des Ereignisses“ alle Vernehmungsprotokolle und weitere Unterlagen zu dem Fall ausnahmslos auszuhändigen. Die meisten Anwält:innen sollen sich geweigert haben, doch einige sollen die Protokolle herausgegeben haben.