Drohende Auslieferung an die Türkei
Seit 130 Tagen befindet sich Ecevit Piroğlu in Serbien in seinem zweiten Hungerstreik. Er fordert, dass die Gerichtsentscheidung des Obersten Serbischen Gerichtshofes umgesetzt und er nicht in die Türkei ausgeliefert wird. Um Piroğlu zu unterstützen, fährt am Freitag eine Delegation des Bündnisses der Europäischen Demokratischen Kräfte (ADGB) nach Serbien. Piroğlu war seit seiner Jugend in der Türkei aktiv. Seit seiner Beteiligung an den Gezi-Protesten 2013 gegen die Erdoğan-Diktatur und seiner Beteiligung an den Kämpfen in Rojava gegen den Islamischen Staat (IS) wird ihm seitens des türkischen Staates „Terrorismus“ vorgeworfen. Aufgrund einer sogenannten „Red Notice“ wurde er von Interpol 2021 am Flughafen von Serbien verhaftet. Daraufhin hat die Türkei seine Auslieferung beantragt. Es ist bekannt, dass ihn dort lebenslange Haft und Folter erwarten.
Der Oberste Serbische Gerichtshof hat entschieden, dass Ecevit Piroğlu nicht an die Türkei ausgeliefert werden darf. Nach seiner Entlassung am 12. Januar 2024 wurde er jedoch erneut von der serbischen Polizei festgenommen und in der Haftanstalt Padinska Skela inhaftiert. Diese Einrichtung fungiert als Auslieferungslager.
Dagegen protestiert Ecevit Piroğlu seit dem 12. Februar mit einem Hungerstreik. Er hat inzwischen stark abgenommen: Bei einer Größe von 1,82 Meter wiegt er nur noch 44,6 Kilogramm. Er kann nicht mehr gehen und sich nicht mehr selbst versorgen. Seine Organe sind vom Versagen bedroht. Er kann klar denken, aber nur stockend sprechen. Inzwischen befindet er sich in einem Krankenhaus, aber in seinem Zimmer ist permanent ein Polizist. Piroğlu fordert, dass die Gerichtsentscheidung umgesetzt und er nicht in die Türkei ausgeliefert wird. Stattdessen soll der serbische Staat ihn entweder als politischen Geflüchteten anerkennen oder ihm die Reisefreiheit gewähren, sodass er in einem anderen Land seiner Wahl Asyl beantragen kann.
„Da die serbische Regierung weiterhin nicht auf die Forderungen des hungerstreikenden Piroğlu eingeht und sein Tod droht, möchten wir mit unserer Delegation den Druck erhöhen, aber auch eine Vermittlungsrolle einnehmen. Wir möchten unserem Genossen zeigen, dass er nicht allein ist und dass es breite Solidarität gibt. Außerdem wollen wir die Öffentlichkeit umfassend informieren. Die Zeit eilt!“, erklären die Teilnehmenden der Delegation.
Die Delegation wird Ecevit Piroğlu im Krankenhaus besuchen. Ein weiteres Anliegen von ihr ist, konkrete Lösungen auszuhandeln. Deshalb versucht die Delegation auch, die zuständigen Behörden zu treffen und hofft auf Bereitschaft seitens des serbischen Staates zu Gesprächen. „Uns ist bewusst, dass der türkische Staat hinter den Kulissen massiven Druck auf Serbien ausübt“, betont die Delegation.
Teilnehmen werden Vertreter und Vertreterinnen von verschiedenen Gruppen aus diesem Bündnis, zum Beispiel ADHK, ATIK oder AVEG-KON. Außerdem fährt ein Vertreter des Bayerischen Flüchtlingsrates mit und vor Ort wird einer seiner Anwälte zur Delegation stoßen.