Das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht (OVG) hat im Verfahren über die Räumung der Baumhäuser des Protestcamps im Hambacher Forst Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln zugelassen. Das teilte das OVG am Freitag in Münster mit. Damit kommt es in dem Fall zu einer mündlichen Verhandlung. Ein Termin dafür ist noch offen (Az: 7 A 2635/21).
Aus Sicht des OVG muss die Begründung des Verwaltungsgerichts Köln, warum die Räumung im Jahr 2018 rechtswidrig war, in einem Berufungsverfahren näher überprüft werden. Argumentiert wird mit besonderen Schwierigkeiten in der Rechtssache. Damit sei aber nichts über die Erfolgsaussichten gesagt, heißt es. Die Stadt Kerpen hat jetzt einen Monat Zeit, um ihren Berufungsantrag zu begründen.
Im September 2018 hatten die Polizei und Beschäftigte des Kohletagebaubetreibers RWE den von Aktiven der Klimaschutzbewegung besetzten Hambacher Forst geräumt. Die Landesregierung Nordrhein-Westfalens hatte die Stadt Kerpen und den Kreis Düren damals dazu angewiesen. Begründet wurde dies mit fehlendem Brandschutz bei den Baumhäusern. Zur Räumung kam es mit Unterstützung eines massiven Polizeiaufgebots aus ganz Deutschland.
Für das Kölner Verwaltungsgericht war die Begründung der Regierung von Ex-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) aber nur vorgeschoben, um Braunkohlegegner:innen aus dem Wald zu entfernen. Deshalb wurde die Räumung im vergangenen September für rechtswidrig erklärt. Diese Entscheidung ist das Ergebnis der Klage eines ehemaligen Baumhausbewohners gegen die Stadt Kerpen. Dagegen war die Stadt Kerpen - wieder auf Weisung des Landes - vorgegangen und hat Berufung beantragt.
Jahrzehntelange Verteidigung durch klimaaktivistische Widerstandsbewegung
Der Hambacher Forst, der am Rand des Braunkohletagebaus liegt, galt und gilt als Symbol der Auseinandersetzung zwischen der Klimagerechtigkeitsbewegung und der Kohlebranche. Bis Anfang 2020 wurde der „Hambi“, wie der Wald liebevoll von seinen Bewohner:innen genannt wird, im Auftrag des Großkonzerns RWE aufgrund der unter ihm liegenden Braunkohle fast komplett abgeholzt und zerstört. Seit den 1970er Jahren rodete der Energieversorger den Wald zur Erweiterung seines Braunkohletagebaus. Dass zehn Prozent des ursprünglichen Forstes erhalten geblieben sind, ist einer klimaaktivistischen Widerstandsbewegung zu verdanken. Jahrzehntelang kämpften Teile der Bevölkerung im Rheinland gegen die Zerstörung des Waldes und ihrer Dörfer, Äcker und Wiesen. 2012 folgte die Besetzung des Hambacher Forstes durch eine Gruppe von Umweltaktivist:innen und Antikapitalist:innen, die an den lokalen Widerstand anknüpfte und ihn stärkte. Im Januar 2020 wurde der Erhalt des Hambacher Forstes bei einem Spitzentreffen der Bundesregierung und der vier Kohleländern vereinbart. Die Verteidigung des Waldes dauert weiterhin an.