Für Hasankeyf und den Tigris wird es nie zu spät sein

Ohne Vorwarnung hat vor fünf Wochen die Aufstauung des umstrittenen Ilisu-Staudamm-Reservoirs in der 12.000 Jahre alten Kulturstätte Hasankeyf begonnen. Die Vorkämpfer*innen zur Rettung der antiken Stätte rufen zu einem globalen Aktionstag auf.

Seit mehr als fünf Wochen bereits läuft die Aufstauung des umstrittenen Ilisu-Staudamm-Reservoirs in der 12.000 Jahre alten historischen Stadt Hasankeyf (kurdisch: Heskîf). Die Kulturstätte in der Provinz Batman (Êlih) auf dem Gebiet des antiken Mesopotamiens, deren Wurzeln bis in die Bronzezeit reicht, ist ein einmaliger Ort der Menschheitsgeschichte: 20 östliche und westliche Kulturen haben hier ihre Spuren hinterlassen. 5.500 Höhlen, hunderte bisher entdeckte Monumente und eine faszinierende Verwobenheit mit Felsen und dem Tigris geben dem Ort globale Bedeutung. Nach Meinung von Experten erfüllen Hasankeyf und das umliegende Tigris-Tal - eines der letzten erhaltenen großen Flussökosysteme in der Türkei - neun von zehn Kriterien für eine Eintragung als UNESCO-Weltkulturerbe, und bildet die Lebensgrundlage für bis zu 100.000 Menschen. Doch nach dem Willen der türkischen Regierung soll die historische Stadt für das auf 50 Jahre Betriebsdauer angelegte Ilisu-Wasserkraftwerk, eines der weltweit umstrittensten Talsperrenprojekte, untergehen.

Die Flutung war zunächst für den 10. Juni geplant. Das hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan im Kommunalwahlkampf angekündigt. Nach internationalen Protesten im Rahmen der dritten globalen Aktionstage für Hasankeyf am 7. und 8. Juni konnte die Aufstauung vorübergehend verschoben werden.

Doch am 23. Juli begann die staatliche Wasserbehörde DSI ohne Ankündigung mit der Aufstauung des Damms. In vielen Dörfern und Siedlungsgebieten wurden Anbauflächen und Gärten überschwemmt, dennoch schreitet die Aufstauung des Reservoirs aufgrund der heißen Temparaturen bisher langsam voran. Deshalb ruft die Initiative zur Rettung von Hasankeyf unter dem Motto „Noch ist es nicht zu spät, Hasankeyf und den Tigris zu retten!” erneut zu einem globalen Aktionstag auf. Alle Menschen und Organisationen, die sich für Leben, Natur und Kultur einsetzen, sind aufgerufen, am 14. September „singend, spielend, malend oder in einer anderen Form etwas für Hasankeyf zu tun“, heißt es in dem Appell der Vorkämpfer*innen zur Rettung der antiken Stätte.

Weiter heißt es: „Wir haben es geschafft, mit Protesten vieler Menschen, Organisationen und Kunstschaffenden den angekündigten Beginn der Aufstauung am 10. Juni zu verschieben. Doch am 23. Juli 2019 begann die Regierung, den Stausee zu füllen. Wir lehnen dies entschieden ab und haben Schritte dagegen geplant. Das Tigris-Tal ist noch nicht verloren, es gibt so viel zu retten. Insbesondere für Natur, Kultur und Menschen besteht die Hoffnung, dass wir gewinnen.

Lasst uns deshalb am 14. September mit Kunst und kreativen Aktionen unsere Stimme gegen dieses Projekt der Zerstörung, Ausbeutung und Hegemonie erheben. Ganz gleich, ob mit musikalischen Beiträgen, Bildern auf Tischen, Wänden, Papier oder wo anders, oder mit anderen öffentlichkeitswirksamen oder politischen Aktionen. Es gibt sicherlich etwas, was für das universelle Erbe Hasankeyfs und das Tigris-Tal getan werden kann. Lasst nicht zu, dass ein wichtiges Herz unserer Region zerstört wird, damit private Unternehmen mehr Profit machen und Staaten ihre Hegemonialpolitik und Unterdrückung vertiefen.“

Hasankeyf soll am 8. Oktober gesperrt werden

Die Initiative macht in ihrem Aufruf auch auf eine Ankündigung des türkischen Provinzgouverneurs von Batman aufmerksam, wonach am 8. Oktober alle Straßen nach Hasankeyf abgesperrt werden. „Die Aufstauung des Ilisu-Stausees muss eingestellt werden. Dies wäre die Grundlage für den Stopp des Staudammprojekts und dem Beginn eines neuen partizipativen und demokratischen Prozesses für die Zukunft dieser Region. Ein Ende des Ilisu-Projekts in dieser und jeder anderen Phase wäre ein großer Gewinn für alle in unserer Gesellschaft!

Hashtag-Kampagne

Unter den Hashtags #HasankeyfİçinGeçDeğil und #SaveHasankeyf kann bereits jetzt damit begonnen werden, Bilder und Aufnahmen von Aktionen für die antike Stätte in den sozialen Medien zu teilen. Am 14. September wird die Kampagne um 19 Uhr mitteleuropäischer Zeit mit neuen Hashtags in den sozialen Medien präsent sein.
Wir träumen nicht, wenn wir behaupten, den zerstörerischen Ilisu-Staudamm zu stoppen. Wir sind alle real, genauso wie Hasankeyf und der Tigris mit all seinen Lebewesen, die unsere Solidarität brauchen! Wir geben niemals unsere Hoffnung auf!
Solidarität JETZT. Kreativität von ALLEN!
Für Hasankeyf und den Tigris wird es nie zu spät sein! Hasankeyf ist unsere Kultur, Tigris unsere Natur!“

Weitere Informationen unter http://www.hasankeyfgirisimi.net/