Globale Aktionstage für Hasankeyf: Noch ist es nicht zu spät

In wenigen Wochen soll die Aufstauung des Tigris am Ilisu-Staudamm beginnen. Unter dem Motto „Noch ist es nicht zu spät, Hasankeyf und den Tigris zu retten!” ruft die Initiative zur Rettung von Hasankeyf zu globalen Aktionstagen am 7. und 8. Juni auf.

Die Ilisu-Talsperre am Oberlauf des Tigris in der nordkurdischen Provinz Êlih (Batman) soll am 10. Juni geflutet werden. Das kündigte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan im Kommunalwahlkampf an. Die Aufstauung des Tigris hätte somit zu bedeuten, dass die 12.000 Jahre alte Kulturstätte Heskîf (türkisch: Hasankeyf) ab Oktober verschwindet.

Die Stätte auf dem Gebiet des antiken Mesopotamiens, deren Wurzeln bis in die Bronzezeit reicht, ist ein einmaliger Ort der Menschheitsgeschichte: 20 östliche und westliche Kulturen haben hier ihre Spuren hinterlassen. 5.500 Höhlen, hunderte bisher entdeckte Monumente und eine faszinierende Verwobenheit mit Felsen und dem Tigris geben dem Ort globale Bedeutung. Nach Meinung von Experten erfüllen Heskîf und das umliegende Tal des Tigris - eines der letzten erhaltenen großen Flussökosysteme in der Türkei - neun von zehn Kriterien für eine Eintragung als UNESCO-Weltkulturerbe. Bis heute hat Heskîf überlebt, weil vorläufige juristische Erfolge der Staudammgegner*innen die Fertigstellung des Staudamms verschieben konnten. Doch seit dem Frühjahr sind alle Turbinen des österreichischen Anlagenbauers Andritz angeschlossen und der von Tausenden Soldaten und paramilitärischen Dorfschützern abgesicherte Damm ist damit grundsätzlich betriebsbereit.

Ressource Wasser als Druckmittel gegen Nachbarländer 

Nach dem Willen der türkischen Regierung soll Heskîf für das auf 50 Jahre Betriebsdauer angelegte Ilisu-Wasserkraftwerk, eines der weltweit umstrittensten Talsperrenprojekte, untergehen. Rund 80.000 Menschen würden ihre Lebensgrundlagen verlieren und zumeist in Armut landen. Während die lokale Bevölkerung keinen Nutzen hat, setzen Regierung und Firmen ihre kurzfristigen Interessen und Profite durch. Unter den Zielen des Dammbaus finden sich neben der Stromproduktion auch die weitere Vertreibung der kurdischen Bevölkerung und die Kontrolle des Wassers gegenüber dem Irak.

Noch ist es nicht zu spät

Doch der Kampf ist lange nicht aufgegeben. Unter dem Motto „Noch ist es nicht zu spät, Hasankeyf und den Tigris zu retten!” rufen die Vorkämpfer*innen zur Rettung der antiken Stätte zu globalen Aktionstagen am 7. und 8. Juni auf. Insgesamt 75 Nichtregierungsorganisationen aus dem Mittleren Osten, Europa, Lateinamerika und Asien, darunter die Initiative zur Rettung von Hasankeyf, die „Ökologiebewegung Mesopotamiens”, die „Save the Tigris Campaign” und das irakische Sozialforum traten vergangene Woche mit einem Appell an die Öffentlichkeit und forderten von der türkischen Regierung, den Stausee nicht zu füllen. Stattdessen fordern die Unterzeichner*innen eine neue transparente Diskussion mit der Bevölkerung der betroffenen Region über die Zukunft des Tigristales.  Der nun veröffentlichte Aufruf zu den globalen Aktionstagen richtet sich an soziale Bewegungen, NGO’s, Aktivist*innen und andere, am 7. und 8. Juni für die Verteidigung des 12.000 Jahre alten Heskîf und des Tigris einzutreten.

Drohende Wüstenbildung im Irak

„An diesen Tagen sind Aktionen in Dutzenden Städten in der Türkei und Mesopotamien geplant. Alle solidarischen Menschen sind eingeladen, öffentlichkeitswirksame Aktion gegen das Ilisu-Staudammprojekt zu organisieren. Die Forderungen können an die türkische Regierung, aber auch an die österreichische Firma Andritz, die das Konsortium des Ilisu-Projekts leitet, gerichtet werden. Auch die irakische Regierung kann aufgefordert werden, dringend gegen die drohende Wüstenbildung ihrer Region vorzugehen. An den Aktionstagen für Hasankeyf wollen wir diesmal die Vielfalt der Aktionstypen, insbesondere solche von Kunstschaffenden, erweitern. In wenigen Tagen werden wir die Öffentlichkeit mit Vorschlägen informieren. Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren oder uns über geplante Aktionen zu informieren. Hasankeyf ist unsere Kultur und der Tigris unsere Natur!“