Alarmierender ökologischer Notstand am Wansee

Der größte Sodasee der Welt, der Wansee, steht zunehmend unter Druck: Neben dem sinkenden Wasserstand alarmiert nun auch die zunehmende Umweltverschmutzung Naturschutzorganisationen.

Wasserstand sinkt, Artenvielfalt in Gefahr

Der größte Sodasee der Welt, der Wansee (ku. Gola Wanê) in der gleichnamigen Provinz, steht zunehmend unter Druck: Neben dem sinkenden Wasserstand alarmiert nun auch die zunehmende Umweltverschmutzung Naturschutzorganisationen. Der Ko-Sprecher des Vereins für Ökologie in Wan (Wan Eko-Der), Erdoğan Edük, warnt gegenüber der Nachrichtenagentur Mezopotamya (MA) vor einem dramatischen Rückgang der biologischen Vielfalt infolge menschlicher Eingriffe und fehlender Umweltpolitik.

Wasserverlust durch menschliche Eingriffe

Der Rückgang des Wasserpegels im Wansee sei weniger natürlicher Ursachen zuzuschreiben, sondern in erster Linie dem menschengemachten Klimawandel und menschlichem Fehlverhalten, betont Edük. Besonders problematisch seien unregulierte Wasserentnahmen zur landwirtschaftlichen Nutzung, etwa durch Tiefbrunnenbohrungen in der Region um Tetwan (tr. Tatvan) und Elcewaz (Adilcevaz). „Diese Bohrungen gefährden das Grundwassersystem und verringern die Zufuhr zu den natürlichen Zuflüssen des Sees“, erklärt Edük. Die Folge: Der See verliert stetig an Fläche und Tiefe.

Abgebranntes Schilf

Zunehmende Verschmutzung gefährdet Lebensräume

Neben dem Wasserrückgang bereitet die zunehmende Umweltverschmutzung große Sorgen. Landwirtschaftliche Abwässer und ungeklärte städtische Abflüsse gelangen ungehindert in den See. „Diese Einleitungen wirken sich negativ auf die Wasserqualität aus und bedrohen die ohnehin fragile Tierwelt“, so Edük. Besonders kritisch sei die Situation in stark frequentierten Tourismusgebieten, wo fehlende Infrastrukturen zur Abwasserentsorgung das Problem verschärfen. Eine nachhaltige Agrarwende hin zu ökologischer Landwirtschaft sei dringend notwendig, doch wirtschaftliche Interessen stünden dem häufig im Weg.

Artensterben durch Verlust von Lebensräumen

Der Wansee und seine Uferzonen sind Heimat für rund 140 Vogelarten – sowohl einheimische als auch Zugvögel. Doch die Veränderungen im Ökosystem gefährden diese Arten zunehmend. Ein besonderes Problem stellen die großflächigen Brände in den Schilfgebieten dar, die mutmaßlich gezielt gelegt werden, um Flächen für Landwirtschaft und Viehzucht zu erschließen. „Diese Brände zerstören die Brutstätten der Vögel und vernichten zahlreiche Mikroorganismen, die für das ökologische Gleichgewicht essenziell sind“, betont Edük. Allein bei einer Untersuchung des Vereins sei eine Fläche von 200 Hektar Schilf vollständig verbrannt gewesen – ohne dass juristische Konsequenzen erfolgten.

Der Wannsee trocknet aus

Forderung nach Sofortmaßnahmen

Um dem fortschreitenden ökologischen Kollaps entgegenzuwirken, fordert Edük umfassende Maßnahmen: „Es braucht dringend eine neue Wasserpolitik, strengere Kontrollen der Landwirtschaft, ein Verbot von Tiefbrunnen und ein effektives Abwassermanagement“, so der Umweltschützer. Der Verein dokumentiert derzeit die Schäden in besonders betroffenen Gebieten und veröffentlicht regelmäßige Berichte, um die Öffentlichkeit zu sensibilisieren. „Wir werden unseren Einsatz zum Schutz des Wansees fortsetzen. Die Situation ist kritisch, aber noch nicht unumkehrbar.“