Die Region um den Wansee (kurd. Gola Wanê) in der gleichnamigen Provinz Wan in Nordkurdistan zieht Tourist*innen aus der ganzen Welt an. Das hat auch die türkische Regierung erkannt. Während einerseits durch Projekte wie Staudämme und Wasserkraftwerke das letzte aus der Natur herausgeholt wird und viele endemische Tierarten vom Aussterben bedroht sind, versucht die Regimeallianz von AKP und MHP auch, Profit aus dem Tourismus am Wansee zu schlagen.
Die staatlichen Einrichtungen und Zwangsverwalter der ehemals von der Demokratischen Partei der Völker (HDP) regierten Stadtverwaltungen in Wan haben das Seeufer praktisch komplett unter sich aufgeteilt und privatisiert. Vielerorts ist der Zugang zu der Naturschönheit sogar verboten. Einheimische müssen teilweise 40 bis 50 Kilometer fahren, um in dem See baden zu gehen.
„Schwimmendes Hotel in Ertemêtan“
Im Landkreis Ertemêtan (auch Erdmed, türk. Edremit) soll nun auf Betreiben des vom Innenministerium als Treuhänder eingesetzte Verwaltungsbeamten Ismail Say ein „schwimmendes Hotel“ am Ufer des Gola Wanê entstehen. Die Einnahmen daraus sollen – so heißt es offiziell – für soziale Projekte ausgegeben werden. Die Menschen der Region vermuten allerdings, dass die Gelder in die Taschen von AKP-Anhängern fließen werden. Das Regime unterstützt den Bau des Hotels mit zwei Millionen türkischen Lira.
Blick auf das Wansee-Ufer in Ertemêtan
Die Projekte nutzen der Bevölkerung nicht
Gegenüber ANF äußerte Rohat C. aus Ertemêtan scharfe Kritik an dem Projekt. Viele Läden in Ufernähe seien unter dem Vorwand, der Bevölkerung den Zugang zum See zu ermöglichen, bereits auf Anweisung der Zwangsverwaltung abgerissen worden. „Angeblich wollte man das Ufer für die Menschen hier erschließen. Aber die Grundstücke, auf denen die Geschäfte standen, sind an AKP-Anhänger verschleudert worden.“ Das Wansee-Ufer wurde de facto verkauft und zerstört, sagt Rohat C. Nichts von alledem, was das okkupierte Rathaus tue, käme der Bevölkerung zugute. „Das Hotel soll ebenfalls von einem AKP-Paten geführt werden. Folglich wird der Gewinn an die Anhänger der Regierung fließen.“